
Was wollen Sie zur Integration der Flüchtlinge im Landkreis beitragen?
Christian Meißner (CSU): Das Landratsamt kann hier koordinieren und ich werbe für ehrenamtliches Engagement in diesem Bereich. Viele Initiativen konnte ich schon unterstützen und ich werde dies weiterhin tun. Vermittlung von Flüchtlingen an unsere Firmen ist für alle Beteiligten ein guter Weg. Hier bin ich mit IHK und Handwerkskammer im Austausch, damit wir hier schneller werden. Auch durch die Erweiterung unseres ÖPNV-Angebots zum 31. Juli konnten wir u. a. die Anbindung des Gewerbegebiets Schney und des Industriegebiets in Michelau verbessern. Hierdurch können u. a. Flüchtlinge aus Richtung Burgkunstadt nun auch Arbeitsplätze einfacher und besser als vorher mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen.

Susanne Bock von Wülfingen (FW): Integration kann nur gelingen, wenn Menschen miteinander in Kontakt treten, sich austauschen und beginnen sich wertzuschätzen. Daher stehe ich für dezentrale Flüchtlingsunterkünfte oder verteilte Wohnstrukturen mit der Möglichkeit, sich über Vereine oder die Arbeit aktiv zu beteiligen.
Renate Gräbner (AfD): Schon der Begriff „Flüchtlinge“ ist irreführend. Viele kommen zu uns auf Grund der finanziellen Anreize. Hier muss gehandelt werden.
Dr. Arnt-Uwe Schille (SPD): Geflüchtete sind in vielen kleineren Unterkünften unterzubringen. Gemeinsam mit dem Roten Kreuz, anderen Verbänden und den Bürgerinnen und Bürgern ist ab dem ersten Tag ist mit der Integration im Landkreis zu beginnen. Dass wir das können, haben wir bereits in den Jahren 2015/2016 bewiesen.
Die Pläne für eine zentrale Flüchtlingsunterkunft in Schney haben für Protest gesorgt – ist die Notwendigkeit nicht genug vermittelt worden – was wären Alternativen?
Meißner: Meine Mitarbeiter und ich haben persönlich in zwei Bürgerversammlungen vor Ort in Schney über die aktuelle und rechtliche Lage sowie zu den Überlegungen und Planungen des staatlichen Landratsamtes informiert. Leider wurden diese Veranstaltungen vom tragischen Tod einer Lichtenfelserin überschattet, welcher auch Trittbrettfahrer auf den Plan gerufen hatte. Hierdurch wurde die sachliche Diskussion sehr erschwert, zumal diese Kräfte auch größtenteils von außerhalb angereist waren, um Stimmung zu machen. Alternativ können wir vorhandenen Wohnraum nutzen und belegen, sofern uns solcher in ausreichendem Maße verteilt über den gesamten Landkreis angeboten werden würde. Auch bundespolitische Entscheidungen hinsichtlich Aufnahme und Rückführungen von Schutzsuchenden können die Notwendigkeit zur Unterbringung positiv beeinflussen.
Von Wülfingen: Mir ist wichtig, bei entscheidenden Projekten die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, zu informieren und Einblicke in die Grundlagen der Entscheidung zu gewähren. Andernfalls werden sie vor vollendete Tatsachen gestellt, was auch einer Integration im Wege steht. Eine wünschenswerte Alternative könnte sein, die Schaffung von Wohnraum und Integration zu verknüpfen. Warum nicht diese beiden Herausforderungen verbinden, anstatt sie getrennt zu betrachten?
Gräbner: Die Integration ist bei der Masse an Fremden nicht mehr möglich. Die Bildung von Parallelgesellschaften ist die Folge. Das wird eines der größten Probleme für die Kommunen auch hinsichtlich eines fehlenden Sicherheitskonzeptes. Hier muss wesentlich mehr Druck durch die Landräte auf die Regierung ausgeübt werden. Es muss die Frage gestellt werden, ob nicht die verantwortlichen Parlamentarier ihren Amtseid bereits gebrochen haben. Wir können nicht zusehen, bis soziale Unruhen ausbrechen.
Schille: Vor Vorstellung der Flüchtlingsunterkunft in Schney sind durch das Landratsamt von den Kommunen gemeldete Alternativen geprüft worden. Egal an welchem Standort kann nur eine entsprechende Betreuung der Flüchtlinge und Information der Bevölkerung deren Bedenken abmildern. Die Aufregung und der Protest in Schney sind ernst zu nehmen und die Befürchtungen der Bevölkerung sind durch Information und Erklären der geplanten Maßnahmen zu begegnen. Das bedeutet, dass der Landkreis aktiv die Flüchtlinge betreut und auf die Bevölkerung mit Informationen zugeht.
Wie könnte der Tourismus gestärkt werden – auch über die Obermain Therme hinaus, damit der östliche und nördliche Landkreis stärker partizipieren?
Meißner: Entgegen anderslautender Parolen ist die Obermain Therme ein Zugpferd für den gesamten Landkreis, somit auch für den östlichen und nördlichen Landkreis – wobei ich persönlich diese Aufteilung nicht mag. Zum Beispiel durch die schon angesprochenen Verbesserungen im ÖPNV kann man als Einheimischer oder Gast zu unseren Sehenswürdigkeiten fahren oder am Ausgangspunkt loswandern und dann bequem mit dem ÖPNV heimfahren. Auch das Thema Kelten hat das Interesse für den Landkreis Lichtenfels geweckt.
Von Wülfingen: Starke Netzwerke mit Austausch und gegenseitiger Unterstützung sowie ein ganzheitlicher Blick auf den Landkreis mit seiner Vielfalt und seinen Potenzialen sind ein erster Schritt. Perspektivisch kann durch gezielte Leuchtturmprojekte der Gast in den östlichen und nördlichen Landkreis gezogen werden.
Gräbner: Mit Sicherheit nicht durch vermehrte Windräder und Solarfelder. Ein Campingplatz in der Nähe von Weismain wäre zu befürworten, da in diesem Bereich eine starke Zunahme zu verzeichnen ist. Ich bin ein Fan vom Hundertjährigen Kalender. Abt Knauer lebte und wirkte als Zisterzienser in Klosterlangheim und Trieb. Zusammen mit der Korbflechtkunst und dem 3-D-Druck können neue Touristenkreise erschlossen werden. Auch die unterirdischen Gänge in Lichtenfels und Klosterlangheim könnten Anziehungspunkt werden. Großer Beliebtheit erfreuen sich Oldtimer-Veranstaltungen. Mit entsprechendem Marketing kann unsere Region für unzählige Menschen in diesem Bereich sehr interessant werden.
Schille: Die Verkehrsberuhigung im Kleinziegenfelder Tal ist ein erster Schritt. Des Weiteren ist der Ausbau der Radwege zu einem zusammenhängenden Wegenetz ein wichtiger Beitrag. Die Aktualisierung von Informationsmaterialien zu den Kommunen und der touristischen Ziele vor Ort und deren digitale Bereitstellung ist eine Daueraufgabe.
Wie wollen Sie es schaffen, dass die Gemeinden im Landkreis besser zusammenarbeiten?
Meißner: Das sich derzeit in Gründung befindliche Regionalwerk Obermain ist hierfür ein gutes Beispiel. Insgesamt ist unser Kommunalwesen so angelegt, dass jede Kommune für sich Schwerpunkte setzen und umsetzen kann; das ist auch gut so. Aufgrund der aktuellen finanziellen Ausblicke zu den Kommunalfinanzen ist es aber sehr sinnvoll, gleichgeartete Aufgaben im Verbund zu erledigen. Im Rahmen der Würdigung der kommunalen Haushalte können wir von Seiten der staatlichen Kommunalaufsicht auf solche Möglichkeiten hinweisen und gegebenenfalls auch hinwirken.
Von Wülfingen: Durch den regelmäßigen Austausch auf verschiedenen Ebenen, bei denen aktuelle Themen im Vordergrund stehen, ein ehrlicher Raum für Fragen entsteht und aus Fehlern gelernt werden kann, beispielsweise bei Bürgermeisterrunden oder im Austausch mit Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten, Amtsleitern und Stabsstellen.
Gräbner: Mir ist nicht bekannt, dass es große Probleme in der Zusammenarbeit gibt.
Schille: Die Regionalwerke können hier als Modell gesehen werden, um die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken. Dabei ist die gegenseitige Unterstützung der Kommunen für lokale Projekte herauszustellen und zu etablieren.
Was halten Sie von einer Beschränkung der Vergabe öffentlicher Aufträge auf tariftreue Firmen?
Meißner: Der Landkreis Lichtenfels als öffentlicher Auftraggeber ist an die vom Gesetzgeber vorgegebenen Regelungen gebunden. Hier beobachte ich jedoch eine Überregulierung. Durch Änderungen und Vereinfachungen im Vergaberecht würden sich wahrscheinlich auch wieder mehr heimische Firmen bei unseren Ausschreibungen beteiligen, was gut für den Wettbewerb und den Landkreis wäre. Grundsätzlich sollte auch jeder das bekommen, was ihm zusteht. Zu diesem Thema sind aber andere Stellen gefordert.
Von Wülfingen: Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ein wichtiger Vorgang, der bestimmten Gesetzen und Regeln folgen muss, wie zum Beispiel der VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen). Tariftreue kann ein relevantes Kriterium für die Vergabe sein, wenn dies gesetzlich zulässig ist und im Einklang mit den geltenden Bestimmungen steht. Integrität und Fairness der Prozesse muss dabei sichergestellt werden.
Gräbner: Das wäre zu befürworten. Leider lassen bestimmte Ausschreibungsvorschriften, die zu großen Teilen aus der EU kommen, dies nicht zu.
Schille: Wenn nicht schon durch die Gesetzgebung gefordert, ist ein solche Beschränkung sinnvoll.
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