
Manche stehlen Drogen, Geld oder Schmuck. Ein Produktionshelfer aus dem Landkreis Lichtenfels hingegen stahl im vergangenen Juli Quarkbällchen. Fünf Stück im Gesamtwert von fünf Euro. Mit Heißhunger hat er sie vor aller Augen in einem Lichtenfelser Supermarkt verzehrt. Am Mittwoch gab es dazu eine Verhandlung auf dem Amtsgericht.
Ein unbeschriebenes Blatt war der 32-jährige Angeklagte nicht. Zehn Einträge wies sein Bundeszentralregister auf, aber die hatten mit Körperverletzungen zu tun, mit Betäubungsmitteln, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, mit gefährlichem Eingriff in den Bahnverkehr oder mit Hausfriedensbruch. Quarkbällchen spielten bis dato keine Rolle.
Das änderte sich am 30. Juli 2022 gegen 14.17 Uhr. Ein Tag, an den der Angeklagte keine großen Erinnerungen zu haben schien. „Ich war angetrunken. Ich weiß, wie sie mich ins Büro geladen haben (…), aber von Quarkbällchen weiß ich nichts. Ich weiß auch nicht, wie die aussehen“, suchte er gegenüber Richter Mario Geyer zu schildern. Dann ging er noch einen Schritt weiter: „Das stimmt nicht, dass ich was gegessen habe.“
Der Alkohol sorgte offensichtlich für Gedächtnislücken
Dass und wie er aß, konnte eine Zeugin aber ziemlich genau beschreiben. Die Verkäuferin war im Backshop des Ladens tätig und sah, wie sich der Mann dort etwas rausnahm, in Tüten steckte und sofort mit dem Verzehr begann. Selbst von Kunden sei er auf sein Verhalten angesprochen worden und letztlich auch an der Kasse selbst, als man ihm sagte, dass er spätestens jetzt unbedingt bezahlen müsse. Dort erklärte der Mann aber, dass er ja überhaupt kein Geld dabei habe.
Gegenüber Geyer brachte der Angeklagte vormals ins Spiel, dass die Zeugin ihn verwechselt haben könnte. Nach und nach sollte er sich aber dem Gedanken öffnen, dass tatsächlich er die Quarkbällchen in betrunkenem Zustand verschlungen hatte. Das lag auch daran, dass Geyer den Alkoholismus des Mannes ansprach. „Wie viel hatten Sie damals um 14.17 Uhr schon getrunken gehabt?“ Die Antwort: „Das weiß ich nicht mehr.“ Allerdings gab der Angeklagte zu, lediglich wegen des Kaufs von Alkohol im Supermarkt gewesen zu sein.
Tagespensum an Bier lag bei zehn Flaschen
Der Bewährungshelfer des Angeklagten sollte während des Prozesses auch zur Sprache kommen. Viel konnte er über seinen Mandanten, den er von seinem Vorgänger „geerbt“ hatte, nicht sagen. Das lag aber auch daran, dass am Prozesstag selbst im Grunde die erste Begegnung der beiden Männer stattfand und der Bewährungshelfer ihn bislang nur aus Akten kannte.
Auch jetzt war der Alkoholismus des Angeklagten Gegenstand der Betrachtung. Eine Betrachtung, zu der sich der 32-Jährige bald selbst einließ. Zu der Zeit des Quarkbällchenvorfalls, an den er sich „wirklich nicht erinnern“ konnte, lag sein Tagespensum an Bier bei zehn Flaschen. Nun sei es so, dass Alkohol „alle zwei Wochen eine Rolle spielt“, so der Angeklagte, damit wohl heitere Wochenenden andeutend. Drogen seien es gewesen, die ihm berufliche Chancen zerstörten, dennoch verdient der Mann als Produktionshelfer ganz passabel. Schulden, so seine Selbstauskunft, habe er nicht. Zumindest wenn man mal von den 8000 Euro absieht, die er als Geldstrafe wegen anderer Vorfälle noch abzuzahlen hat. Clean sei er nun auch, zumindest seit zehn Tagen.
Angeklagter ist bereit, Geldstrafe zu zahlen
Letztlich hielt es der Mann für gut möglich, sich an den Quarkbällchen vergangen zu haben. Zum Plädoyer der die Staatsanwaltschaft vertretenden Lara Koch, die sehr wohl von einer Schuldfähigkeit ausging und eine Geldstrafe in Höhe von 2750 Euro forderte, bezog der Angeklagte freundlich-nachdenklich Stellung. „Das passt schon, das passt schon – wenn ich das war!“ Sein Bewährungshelfer riet ihm aber doch, um etwas weniger Geldstrafe zu bitten. Eine Empfehlung, welcher der Angeklagte sofort nachkam, weil er „schon jeden Monat 200 Euro zu zahlen“ habe.
Das Urteil fiel dann sehr schnell, denn Geyer hatte keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Quarkbällchen-Esser von einst um den Angeklagten von heute handelte. Jedoch ging er auf das erbetene Weniger ein und verhängte eine Geldstrafe von 55 Euro zu 40 Tagessätzen. Das entspricht 2200 Euro oder umgerechnet 2200 Quarkbällchen.
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