
Thomas Petrak kommt als überzeugter Sozialdemokrat aus der Arbeiterbewegung. Sie hat ihn geprägt. Bei Tarifverhandlungen sitzt er für das Rote Kreuz als Arbeitgebervertreter in der Tarifkommission. Keine leichte Aufgabe, wie er berichtet. Warum der BRK-Kreisgeschäftsführer trotzdem fest an die Notwendigkeit von Tarifverträgen glaubt.
„Seit einigen Jahren bin ich Mitglied der arbeitgeberseitigen Tarifkommission des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). In Bayern ist das Rote Kreuz eine sogenannte Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Tarifkommission des BRK verhandelt hier mit der Gewerkschaft Verdi für die rund 25 000 Beschäftigten landesweit die Mantel- und Vergütungstarifverträge. Wenn man auf der Arbeitgeberseite sitzt, gewinnt man nicht unbedingt einen Beliebtheitspreis, das ist mir schon klar.
Grund dafür ist das Spannungsverhältnis aus berechtigten Lohnforderungen einerseits und die Personalkostenentwicklung eines sozialen Dienstleisters andererseits. Als Kreisgeschäftsführer sehe ich diese Aspekte, die mir auch in der täglichen Arbeit vor Ort begegnen.
Anspruch auf faire Löhne
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben den Anspruch auf faire und auskömmliche Löhne. Allerdings darf man auch nicht verkennen, dass die Löhne als Kosten weitergegeben werden müssen. Dies führt dann insbesondere bei den Menschen und Kostenträgern wie die Krankenkassen, die diese letztlich über entsprechende Entgelte zu finanzieren haben, zu Diskussionen und zum Teil zu Unmut.
Nicht selten wird man dann zum Angriffspunkt für die Beteiligten, die ihre Lohnforderungen nicht erfüllt sehen oder die die damit verbundenen Kosten als zu hoch empfinden.

Ebenfalls auf Landesebene sitze ich in Verhandlungen mit den Krankenkassen für die BRK-Fahrdienste. Das Argument eines ordentlichen Tarifvertrages wird auf dieser Seite durchaus nicht verkannt. Dennoch wird die im Gesetz formulierte Grundlohnsummensteigerung als Kostenbegrenzung gerne ins Feld geführt und die Lohnsteigerungen des BRK zurückgewiesen. Diese sogenannte Grundlohnsummensteigerung speist sich nämlich bundesweit aus allen Lohnsteigerungen, ob nun tarifgebunden oder nicht-tarifgebunden.
Hat Staat das Thema „Lohnerhöhungen“ vergessen
Weil die nicht-tarifgebundenen Löhne die Grundlohnsummersteigerung drücken, ist es schwer bis fast unmöglich, die Tariflöhne des BRK akzeptiert zu bekommen, da die tariflichen Steigerungen – zum Beispiel auch die des öffentlichen Dienstes - in der Regel höher sind als die Grundlohnsummensteigerung.
Ein weiteres Problem sind beispielsweise die steigenden Eigenanteile der Versicherten an den Pflegeheimkosten. Als Träger von zwei stationären Pflegeeinrichtungen macht es wirklich keinen Spaß, wenn man der Bewohnerschaft und den Angehörigen mitteilen muss, dass die Entgelte nach oben hin angepasst werden müssen, da wir auch unsere Lohnsteigerungen bedienen müssen.
Der Gesetzgeber hat den Anteil der Pflegekasse aber gedeckelt, so dass die Erhöhung voll zu Lasten der Versicherten geht. Hat der Staat wohl vergessen, dass es sowas wie Lohnerhöhungen gibt?
Spannend wird es natürlich, wenn man der Frage nachgeht, was ein gerechter Lohn ist. Das ist derzeit besonders bei der Pflege zu merken. In der öffentlichen Diskussion wird für die Pflegekräfte eine chronische Unterbezahlung gesehen. In der Gehaltstabelle des BRK liegt nach einer dreijährigen Ausbildung als Pflegefachkraft das Einstiegsgehalt bei derzeit 2812,51 Euro.
Wie sich das Gehalt zusammensetzt
Dieses monatliche Gehalt steigt in mehreren Stufen (je nach Betriebszugehörigkeit und Erfahrung) bis auf 3543,81 Euro. Hinzu kommen noch tarifliche Jahressonderzahlungen in Höhe von rund einem Monatsgehalt sowie weitere Lohnbestandteile wie Schicht- und Zeitzuschläge. Die betriebliche Altersvorsorge beziffert sich rund in der Höhe eines 14. Gehaltes. Ich bin mir sicher, dass es Leserinnen und Leser geben wird, die meinen, dies sei zu niedrig.
Es wird aber auch Leserinnen und Leser geben, die angesichts der allgemeinen Diskussion um zu niedrige Löhne in der Pflege vielleicht überrascht sind und meinen, dieser Lohn sei doch gar so schlecht. Was ist also gerecht oder angemessen?
Als Mitglied einer Kommission, die Tarifverträge mit einer Gewerkschaft beziehungsweise der arbeitnehmerseitigen Tarifkommission verhandelt, treibt einen diese Frage ständig um. Bei all dieser Komplexität der Materie habe ich aber auch einen wesentlichen Aspekt schätzen gelernt. Der Tarifvertrag gehört zu den wichtigsten Verträgen innerhalb unserer Organisation. Er greift ganz entscheidend in die tägliche Arbeitswelt ein, gibt Sicherheit auf beiden Seiten und hilft oft, Konflikte zu vermeiden.
In den Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft ist die Anspannung, wie man zu einem ordentlichen Abschluss kommt, deutlich zu spüren. Trotz aller Differenzen bin ich nach Verhandlungsende immer wieder erstaunt, wie die grundgesetzlich garantierte Tarifautonomie emotional berühren kann. Das ehrt dann, mit der Gewerkschaft an einem Tisch zu sitzen.“
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