
Reinhard Leutner ist noch keine 33 Jahre alt, als er eine Entscheidung trifft, die den Landkreis Lichtenfels bis heute prägt. Keine drei Jahre zuvor hatten ihn die Staffelsteiner 1972 zum jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister im gesamten Freistaat gewählt, da berichtete ihm der städtische Angestellte Heiner Kohles vom Thermalwasser, das tief unter der Geburtsstadt von Adam Riese vor sich hinbrodelt. Der gebürtige Marktgraitzer ergriff die Chance, sammelte Geld und Unterstützung und ließ im Sommer 1975 nach dem heißen Wasser bohren. Als das Thermalwasser aus dem Bohrturm sprudelte, hatte sich der Mut des Bürgermeisters gelohnt: Es war die Geburtsstunde der Obermain Therme und des heutigen Bad Staffelstein, wie wir es alle kennen.
In den folgenden 36 Jahren – zuerst als Rathauschef in Staffelstein bis 1993 und später als Landrat von 1993 bis 2011 – hat Reinhard Leutner noch viele weitere Projekte angestoßen. Doch der Mut, knapp zwei Millionen Mark zu investieren und nach dem heißen Wasser unter Staffelstein bohren zu lassen, das war sicherlich das Meisterstück des CSU-Politikers. Später hat Reinhard Leutner wohl mit einem Schmunzeln und Augenzwinkern verraten, was er gemacht hätte, wenn die Bohrung schiefgegangen wäre: „Ich wär‘ halt als Schäfer nach Banz gegangen!“
Glücklicherweise für Staffelstein und den Landkreis klappte die Suche nach dem heißen Wasser, und der „Graatzer Hecht“, wie er von Weggenossen nicht selten genannt worden ist, veredelte sein Meisterstück. Denn der junge Rathauschef sorgte dafür, dass schnell der Badebetrieb aufgenommen werden konnte. In den folgenden Jahren gewann Reinhard Leutner den Landkreis als Partner, mit dem er 1979 den Zweckverband Thermalsolbad gründete. Und aus dem Bade-Provisorium aus dem Jahr 1975 entstand die Obermain Therme, die im Januar 1986 die ersten Badegäste begrüßte.
Die Therme wuchs in den kommenden Jahren, aber beim ersten Spatenstich zum Bau des Kurparks im November 1996 nahm Reinhard Leutner nicht mehr als Stadtoberhaupt von Staffelstein teil, sondern als Landrat des Landkreises Lichtenfels. Zu diesem hatten ihn die Wählerinnen und Wähler ziemlich genau drei Jahre zuvor gewählt, und auch hier machte sich der Landkreischef schnell einen Namen. „Kein Minister wagt es, nein zu sagen, wenn Reinhard Leutner anklopft“, attestierte ihm der einstige bayerische Minister Georg von Waldenfels. Und der bayerische Forschungsminister Hans Zehetmair lobte den Landrat zu dessen 60. Geburtstag: „Wenn man sich das Idealbild eines guten, volksnahen, erfolgreichen, verantwortungsbewussten Kommunalpolitikers schnitzen wollte: In Reinhard Leutner hat man dafür ein gutes Vorbild.“
36 Millionen Euro in Schulen investiert
Und der Landrat lieferte: Unter seiner Ägide übernahm der Landkreis die Trägerschaft des Gymnasiums und der Realschule in Burgkunstadt. Hier und in das Meranier-Gymnasium Lichtenfels, die Viktor-von-Scheffel-Realschule Bad Staffelstein, die Staatliche Berufsschule und die Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung investierte der Landkreis als Sachaufwandsträger in der Amtszeit Reinhard Leutners über 36 Millionen Euro. Diese Ausgaben kommentierte der Landrat so: „Wir zeigen, dass wir es ernst meinen mit der Ausbildung unserer Kinder. Ohne Ausbildung ist ein junger Mensch verloren!“
Das gleiche gilt für die Gesundheitsversorgung. Und hier hat Reinhard Leutner sein Meisterstück auf Landkreisebene abgelegt. Zuerst war er eine der treibenden Kräfte bei der Gründung des Regiomed Klinikverbunds zum 1. Januar 2008, dem neben dem Lichtenfelser Krankenhaus auch der Krankenhausverband Coburg, die Landkreise Sonneberg und Hildburghausen sowie die Stadt Schleusingen angehören. Im Sommer 2009 beschloss dann der Kreistag unter der Führung von Reinhard Leutner, das Helmut-G.-Walther-Klinikum nicht mehr zu sanieren, sondern gleich ein neues Klinikum zu bauen. Im Folgejahr wurde das „Leuchturm-Projekt Green Hospital“ in das Jahreskrankenhausbauprogramm 2014 aufgenommen. Seit Juli 2018 werden hier im Regiomed Klinikum Lichtenfels Patienten behandelt.
Die Eröffnung hat Reinhard Leutner, der sich darüber hinaus noch viele weitere Verdienste um erneuerbare Energien (Lichtenfelser Sonnentage), den ÖPNV und auch den Straßen- und Radwegebau im Landkreis erworben hat, leider nicht mehr in Amt und Würden miterleben können. Im Mai 2011 stürzte Leutner nach der Teilnahme an einem Veterinärkongress vor seinem Haus in Bad Staffelstein. Infolge des Sturzes wurde er dienstunfähig und zog sich bis zu seinem Ableben am Sonntag aus der Öffentlichkeit weitgehend zurück. Reinhard Leutner ist am Sonntag im Alter von 80 Jahren gestorben. Er hinterlässt seine Ehefrau Renate und zwei Töchter. Das Obermain-Tagblatt wünscht den Angehörigen viel Kraft in diesen schweren Tagen.
Reinhard Leutners beruflicher und politischer Werdegang:
Reinhard Josef Leutner kam am 15. September 1942 in Marktgraitz zur Welt. Nach seiner Schulausbildung schlug er die Laufbahn als Verwaltungsbeamter ein und absolvierte von 1963 bis 1966 im Landratsamt Lichtenfels eine Ausbildung zum Regierungsinspektor. Im Oktober 1966 nahm der damals 24-Jährige eine Stelle bei der Regierung von Oberfranken an, um dann im Frühjahr 1968 an das Landratsamt des damals noch eigenständigen Landkreises Staffelstein zu wechseln. Hier wurde er zum Regierungsoberinspektor befördert.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit absolvierte er ein Abendstudium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Nürnberg und schloss dieses mit dem Verwaltungsdiplom ab. 1972 wählten ihn die Staffelsteinerinnen und Staffelsteiner zum jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister nicht nur im Landkreis Lichtenfels, zu dem die Adam-Riese-Stadt seit diesem Jahr gehörte, sondern im ganzen Freistaat Bayern. Die Wähler schickten Reinhard Leutner außerdem in den Kreistag des gewachsenen Landkreises Lichtenfels, wo ihn die Mitglieder der CSU-Fraktion zu ihrem Vorsitzenden bestimmten.
Im November 1993 setzte sich der Staffelsteiner Bürgermeister dann gegen drei Bewerber bei der Wahl zum Landrat des Landkreises durch und wurde zum Nachfolger von Ludwig Schaller. Noch zwei Mal, 1999 und 2005, bestätigten die Wählerinnen und Wähler im Landkreis Lichtenfels Reinhard Leutner in seinem Amt, das er 18 Jahre bis 2011 innehatte.
Außerdem gehörte er von 1998 bis 2008 dem Bezirkstag von Oberfranken an, von Oktober 2003 bis zu seinem Ausscheiden als Vorsitzender der CSU-Fraktion. Ab Mai 2008 war Reinhard Leutner Vorsitzender des Bezirksverbandes Oberfranken im Bayerischen Landkreistag.
Ehrungen
1982: Ehrenmedaille des Bezirks Oberfranken (Silber).
1991: Kommunale Verdienstmedaille (Bronze).
1995: Bundesverdienstkreuz am Bande.
1996: Ehrenbürger der Stadt Staffelstein.
1998: Kommunale Verdienstmedaille (Silber).
2002: Ehrenbürger des Marktes Marktgraitz und „Reinhard-Leutner-Straße“.
2003: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
2003: Bayerische Sparkassenmedaille in Gold.
2007: Bayerischer Verdienstorden.
2007: Friedrich-Baur-Medaille.
2007: BLSV-Verdienstplakette in Gold
2009: Dr.-Johann-Christian-Eberle-Medaille
höchste Auszeichnung des deutschen Sparkassenwesens.
2011: Stadtmedaille in Gold der Stadt Bad Staffelstein.
2012: Kommunale Verdienstmedaille in Gold und Ehrenmedaille des Landkreises Lichtenfels.
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