
Jürgen Baumgärtner (CSU): Ich denke, dass die Menschen längst verstanden haben, dass es eine gute Perspektive ist, dort wo es statisch möglich sowie ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, den Ausbau von Photovoltaik auf Hausdächern zu realisieren. Politische Aufgabe hierbei ist es, die Menschen dabei mit guten finanziellen Anreizen und Förderungen zu unterstützen. Dr. Susann Freiburg (Grüne): Selbstverständlich ist auch die Solarstromproduktion deutlich auszuweiten. Dabei wollen wir so viele Solaranlagen auf dem Dach wie möglich und so viele im Freiland wie nötig. Es ist davon auszugehen, dass die Strompreise weiter anziehen. Deshalb glaube ich, dass es in diesem Bereich keine Subventionierung braucht. Im Übrigen gibt es in Bayern inzwischen eine Solardachpflicht für sämtliche neuen Nichtwohngebäude, also auch für Gewerbe- und Industriegebäude. Neue Wohngebäude und Sanierungsprojekte sollen ab 2025 mit einer Solaranlage oder mit mit Solarthermie bestückt werden. Den Lichtenfelser Bürgern und Gewerbetreibenden rate ich, sich einmal das Solarpotenzialkataster anzusehen, das auf der Seite des Landratsamts abgerufen werden kann. Dort ist einsehbar, ob sich auf dem eigenen Dach einen PV-Anlage lohnt, was sie kostet und bis wann sie sich amortisiert. Michael Zwingmann (FW): Wir müssen entsprechende Anreize schaffen und mit den Menschen in den Dialog gehen. Verbote und Strafen erreichen meiner Meinung nach nur das Gegenteil. Harald Meußgeier (AfD): Viele sind von dieser Technologie nicht überzeugt, Kosten-Nutzen-Faktor. Hier muss der Bürger mit einem Flyer besser informiert werden, und nicht alle Dächer sind geeignet dafür. Die Entscheidungsfreiheit sollte man jedem Eigentümer überlassen. Sabine Gross (SPD): Schlimmer ist noch, dass selbst viele Neubauten von Firmen keine Photovoltaikanlagen bekommen. Ich spreche mich für eine Photovoltaik-Pflicht für gewerbliche Neubauten sowie Förderprogramme oder steuerliche Erleichterungen zur Nachrüstung bestehender Gebäude aus, wenn z. B. im Altbestand ein erhöhter Installationsaufwand erforderlich ist. Von der Möglichkeit der Dachmietung für Photovoltaik sollte mehr Gebrauch gemacht werden. Ich kann mir vorstellen, dass manche Bürger leichter davon zu überzeugen sind, ihr Dach für eine Photovoltaik-Anlage zu vermieten, statt selbst eine zu errichten. Oliver Ramm (FDP): Ich denke hier wird sich die Lücke von allein schließen. Erich Wohnig (ÖDP): Die Nutzung erneuerbarer Energien ist als gesetzlicher Standard bei Neubauten, Renovierungen und in der Bauleitplanung zu berücksichtigen und überdies finanziell zu fördern. Für neue Wohn- und Gewerbegebäude und für grundlegende Dacherneuerungen, für alle großen neuen oder bestehenden Parkflächen mit Stellplätzen für mindestens 80 Fahrzeuge, soll eine PV-Pflicht gelten. Bei denkmalgeschützten Gebäuden ist eine die Bausubstanz wahrende und ästhetisch ansprechende Lösung zu finden. Kommunale Satzungen etc. sind so abzuändern bzw. anzupassen, dass sie dem nicht mehr entgegenstehen.
Auch nach Abkehr von der 10 H-Regel ist die Ablehnung der Windkraft in vielen Regionen noch stark, was unternehmen Sie, um die Bürger von der Notwendigkeit der Energiewende zu überzeugen?Baumgärtner: Ich bin sehr für den Ausbau der Windkraft unter der Voraussetzung, dass dies von Anfang an konsequent mit den Bürgerinnen und Bürgern geschieht. Nur so entsteht auch die notwendige Akzeptanz. Die wichtigsten Faktoren sind: intensive Bürgerbeteiligung, Wertschöpfung bleibt in der Region und keine Verspargelung der Landschaft. Freiburg: Interessant finde ich in diesem Zusammenhang das Thema „pluralistische Ignoranz“. Dabei handelt es sich um das Phänomen, dass in Gemeinschaften oft eine falsche Vorstellung davon herrscht, wie andere denken. Das ist auch bei der Windkraft so. Man meint, die Mehrheit lehne diese Anlagen ab. Allerdings lag nach einer Erhebung der Hertie School Ariadne schon 2019 die Protestbereitschaft gegen Windkraftanlagen in Bayern lediglich bei 37 Prozent. Bei einer Bürgerbefragung zu Windkraftanlagen am Rennsteig stimmten kürzlich 85 Prozent für das Projekt! Ich bin überzeugt, dass die Akzeptanz höher ist, als wir vermuten.
Trotzdem sehe ich nach wie vor großen Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Folgen des Klimawandels für unsere Gesellschaft und für nachfolgende Generationen. Bei ungebremstem Voranschreiten des Klimawandels werden einigen Wissenschaftlern zufolge 2100 nur noch 500 Millionen Menschen auf diesem Planeten leben. Keiner von uns will bei dieser Entwicklung dabei sein. Das muss besser kommuniziert werden. Und selbstverständlich sind bei großen Windenergieprojekten die betroffenen Bürger einzubeziehen. Zwingmann: Wir müssen aktiv in den Dialog, um die Menschen mitzunehmen. Wichtig ist, dass wir den Bau von Windkraftanlagen in ganz Bayern voranbringen. Meußgeier: Ich bin kein Befürworter dieser Windparks, wir benötigen Grundlastfähigen Strom und dazu sind sie nicht in der Lage. Ich würde die Fördermittel in andere innovative Technologien investieren. Hier sage ich/wir auch im Hinblick auf die Nachteile für unsere Umwelt klar nein! Gross: Wir müssen uns von der Abhängigkeit unserer Energieversorgung aus dem Ausland lösen. Regenerative Energieerzeugung vor Ort bringt lokale Wertschöpfung und langfristig sind regenerative Energiequellen auch günstiger als Atom oder fossile Brennstoffe, die hohe Folgekosten verursachen. Die Veränderung des Landschaftsbildes aufgrund des Klimawandels ist gravierender als der Bau von Windrädern an geeigneten und sorgfältig ausgewählten Standorten. Windräder benötigen auch nur geringe Stellflächen und die darum liegenden Flächen können weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Neue Windkraftanlagen sollen nur mit lärmreduzierten Flügeln ausgestattet werden. Wenn die Planungs- und Baumaßnahmen verantwortungsvoll ausgeführt werden, überwiegen klar die positiven Argumente. Ramm: Die Notwendigkeit zur Energiewende kennen doch die Bürger, diese muss man einfach mitnehmen in der Umsetzung und nichts aufzwingen. Wohnig: Die Windkraft wurde von der CSU zunächst bürokratisch behindert und dann durch die „10H-Regelung“ aggressiv bekämpft und faktisch gestoppt – vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern zum Trotz. Wir setzen uns dafür ein, Windkraftanlagen mit einem Mindestabstand von 600 Metern zur Wohnbebauung grundsätzlich zuzulassen, Vorranggebiete für die Windkraft zu ermitteln und in den Regionalplänen auszuweisen. Dabei sind die Belange des Landschafts-, Natur-, Arten-, Denkmal- und Lärmschutzes zu berücksichtigen. Bürgerinnen und Bürger sind einzubinden, sowohl bei der Entscheidungsfindung als auch bei der wirtschaftlichen Beteiligung an neuen Windkraftanlagen.
Was sollte geschehen, wenn der Freistaat das Ausbauziel von 1,8 Prozent der Landesfläche nicht erreicht?Baumgärtner: Bis 2032 sind gemäß Bundesgesetzgebung 1,8 Prozent der Bayerischen Landesfläche als Windflächen auszuweisen. Wo diese Flächen ausgewiesen werden, wird in den bayerischen Regionen entschieden und in den Regionalplänen festgelegt. Es ist vor allem wichtig, dass die Menschen diesen Prozess in ihrer Heimat eng mitgestalten. Aktuell läuft dieses Verfahren längst sehr erfolgreich und zielgerichtet. Daher habe ich keine Zweifel, dass das Ziel bis 2032 erreicht wird. Freiburg: Was dann geschieht, ist gesetzlich festgelegt: Wird das Flächenziel für Windkraft nicht erreicht, werden Windräder flächendeckend im jeweiligen Bundesland als „privilegierte Bauvorhaben“ eingestuft. Das bedeutet, dass auch außerhalb von sogenannten „Vorranggebieten“ Windräder gebaut werden dürfen. Einen solchen Wildwuchs an Windrädern, die das Landschaftsbild durchaus verändern, wird keine Kommune ihren Bürgern ernsthaft zumuten wollen. Deshalb bin ich optimistisch, dass das Flächenziel erreicht werden wird. Zwingmann: Wir in Bayern sind auf einen guten Weg und ich denke, dass wir unsere Ziele erreichen werden. Es wird sicherlich auch Phasen geben, wo wir stagnieren, aber das sollte uns nicht davon abhalten, dass Ziel zu erreichen. Meußgeier: Ich würde eher zurück zur Kernkraft tendieren, Atomreaktoren der dritten und vierten Generation. Saubere und günstige Energie, Chinas neuer Thoriumreaktor ist ein Beispiel dazu, Forschung auf diesem Gebiet ist hier unabdingbar. Hier kann sich der Bürger über den modernen Dual-FluidReaktor unter dual-fluid.com informieren. Gross: Dann muss ein Konzept erstellt werden, wie die Energiewende trotzdem vollständig umgesetzt werden kann, z. B. durch die effektivere Nutzung der vorhandenen Flächen oder verstärkte Einsparmaßnahmen. Ramm: Hier wird nichts passieren. Und das Ziel wird auch wahrscheinlich nicht in der Zeit realisierbar sein. Wohnig: Mit der Forderung nach Ausweisung von 2 Prozent der Landesfläche für Freiflächensolar- und Agriphotovoltaikanlagen sowie der Photovoltaikpflicht auf allen Neubauten geht die ÖDP über aktuell diskutierte Ausbauzahlen hinaus. Dies ist erforderlich, um schnell Treibhausgasemissionen einzusparen. Auf Gebäuden ist das Potenzial größer, seine Ausschöpfung benötigt aber mehr Zeit. Der Ausbau von Solaranlagen auf Gebäuden wurde von der Bundesregierung durch die Änderungen des EEG seit 2012 extrem behindert. Das kann jetzt nur durch Freiflächensolaranlagen schnell genug ausgeglichen werden
Ist es sinnvoll, dass der Freistaat Gaskraftwerke bauen will, um die Stromversorgung zu sichern?Baumgärtner: Mit dem Ukraine-Krieg haben wir alle sehr deutlich erlebt, wie abhängig wir davon sind, dass jederzeit ausreichend Energie zur Verfügung steht. Trotz der Energiekrise ist auf Bundesebene entschieden worden, dass wir aus den grundlastfähigen Atomkraftwerken aussteigen. Auch aus der Kohlekraft wird ausgestiegen. Gleichzeitig können wir aber auch bei einem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien mittelfristig die Grundlast noch nicht jederzeit vollständig aus Erneuerbaren abdecken und damit die Versorgung sichern. Das passt nicht. Deswegen brauchen wir als Übergangstechnologie grundlastfähige Gaskraftwerke, die perspektivisch auf Wasserstoff umrüstbar sind – auch wenn dies nun teuer werden kann. Freiburg: Nein. Zwingmann: Ich habe mir die Konzepte der Biogasanlagen angeschaut und sehe dies für eine regionale Stromversorgung als zusätzlichen Pfeiler, der ausgebaut werden sollte. Meußgeier: Ja, das würde ich unterstützen, dazu müssen aber die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland wieder aktiviert werden. Günstiges Gas, liefert günstige Energie. Gross: Nein, das ist nicht sinnvoll. Wir haben in Deutschland nicht ausreichend eigene Gasvorkommen. Die Gewinnung von eigenem Gas durch Fracking hätte katastrophale Auswirkungen für die Umwelt. Gaskraftwerke verstärken die Abhängigkeit von menschenverachtenden Regimen. Perspektivisch wird Strom aus Gas auch zu teuer wegen der CO2-Steuer, die sich jährlich erhöht und schon heute bei 30 Euro pro Tonne liegt und bis 2026 auf 55 bis 65 Euro pro Tonne steigen wird. Ramm: Nein hier gibt es bessere Technologien.
Wie könnte die Speicherkapazität für Strom von Wind- und Solarkraftwerke gesteigert werden?Baumgärtner: Die Erhöhung von Speicherkapazitäten in Privathaushalten und Unternehmen erreichen wir mit passgenauen und attraktiven Anreizen und Förderungen. Gleichzeitig gilt es hier weiter in Forschung und Modellprojekte zu investieren, um die Technologie noch zu verbessern und große Speicherprojekte von Netzbetreibern und Energieerzeugern noch wirtschaftlicher zu machen. Freiburg: Zunächst ist für ein ordentliches Stromnetz in Bayern zu sorgen, damit die Energie aus dem Norden in den Süden transportiert werden kann. Dessen Ausbau wurde von der Landesregierung komplett verschlafen, was für Bayern inzwischen einen Standortnachteil darstellt. Nach unserem grünen Plan werden an den Knotenpunkten des Stromnetzes Batteriespeicher aufgebaut, Pumpspeicherwerke reaktiviert und überschüssiger Strom in speicherbare Wärme und in Wasserstoff umgewandelt. Außerdem halte ich den Ausbau dezentraler Energienetze auf kommunaler Ebene für wichtig. Es darf nicht sein, dass die großen Vier, also E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall den Markt unter sich aufteilen. Zwingmann: Hier müssen gemeinsam intelligente Lösungen gefunden werden. Wir haben in unserer Gegend innovative Unternehmen, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigen. Hier muss die Politik das Bindeglied sein und die Ideen aufnehmen. Meußgeier: Wenn ich das wüsste, wäre ich Millionär. Die Speicherung ist im Moment sehr kostenintensiv und somit unrentabel. Ein Baustein könnte der Einsatz von Kieselgel-Speichern sein. Hier würde ich für den Wahlkreis sogar ein Pilotprojekt anregen. Im Gegensatz zum Wasserspeicher, der seine Temperatur nicht lange halten kann, ist beim Kieselgel durch Wärmezuführung die vollständige Verdampfung von Wasser gegeben. Bei Zuführung von Wasser, auch Monate später, kann die Wärme zurückgewonnen werden.
Es gibt bereits schlüssige Konzepte, Strom zu speichern. Batteriespeicher sind aufgrund ihres hohen Wirkungsgrades eine Säule und werden bereits verstärkt im gewerblichen und privaten Bereich installiert. Die Erzeugung von Wasserstoff und dessen Speicherung bzw. Beimischung als Methan im bestehenden Erdgasnetz, das eine hohe Speicherkapazität hat, sind technisch sichere und machbare Lösungen, Schwankungen bei den erneuerbaren Energien auszugleichen.
Ramm: Zum Beispiel in Wasserrückhalteseen. Wohnig: Um den Bedarf an neuen Fernleitungs-Stromtrassen auf wenige erdverlegte Leitungen zu begrenzen, sind in Bayern zu fördern: ein ausgeglichener Mix von Photovoltaik- und Windkraftanlagen, der Einsatz von neuen Energie-Speichertechnologien, Lastmanagement und flexibel betriebene Biogasanlagen, welche Blühpflanzenmischungen, organische Abfälle und Gülle vergären. Den Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke lehnen wir aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes ab.
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