KLOSTER BANZ/BAD STAFFELSTEIN

Milas: Vollautomatisch laden und fahren in Bad Staffelstein

Die Beteiligten und Verantwortlichen des Projekts „Milas“ mit Vertretern aus der Politik vor dem Modell eines autonomen Shuttle-Busses. Foto: Roger Martin

Wenn alles nach Plan läuft, dann wird gegen Ende dieses Jahres zum ersten Mal ein fahrerloses, autonom funktionierendes und zudem äußerst umwelt- und energiefreundliches Fahrzeug auf einer Straße im Landkreis Lichtenfels probeweise unterwegs sein. Möglich machen soll dies das Forschungsprojekt „Milas“, dessen praktischer Teil einen voll automatisierten, elektrisch angetriebenen Shuttle-Busbetrieb für die Stadt Bad Staffelstein vorsieht. Dieser Kleinbus soll Fahrgäste von der Obermain Therme in die Innenstadt und zurück befördern.

Michael Böhm war die Freude über den offiziellen Startschuss für das historische Projekt am Montag bei der Präsentation auf Kloster Banz anzusehen. Schließlich hat sich der Bad Staffelsteiner Quartiersmanager, wie Erster Bürgermeister Mario Schönwald betonte, intensiv und mit Erfolg darum bemüht, dieses Prestigeprojekt in die Kurstadt zu holen.

„Milas“ wird vom Bundeswirtschaftsministerium großzügig gefördert. Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit von insgesamt 36 Monaten. „2,5 Millionen Euro Förderung für die Forschung und Anwendung vor Ort sind eine sehr gute Investition in unseren ländlichen Raum,“ so die heimische Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner.

So sieht er aus, der künftige autonom fahrende Shuttle-Bus für Bad Staffelstein. Foto: Roger Martin

Autonome Busse sind zwar bereits seit einiger Zeit in Oberfranken unterwegs, so seit 2018 in Kronach, wo sie von der Unteren Stadt zur Festung Rosenberg fahren, oder in Rehau und in Hof. Die für Bad Staffelstein geplanten Busse sind aber Fahrzeuge einer neuen Generation. Für Bad Staffelstein soll eine stationäre und dynamische induktive Ladeinfra-struktur mit Magnetbeton für autonome Minibusse erforscht, erprobt und schließlich praxistauglich gemacht werden.

Autonomes ÖPNV-Netz für Bad Staffelstein möglich

Das High-Tech-Projekt schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe. Es soll als „Blaupause“ den Einsatz von autonomen Nutzfahrzeugen in weiteren Städten möglich machen. Die an dem Projekt beteiligten heimischen Firmen erweitern ihre Fähigkeiten und können ihre Kompetenz unter Beweis stellen. Die angeschlossenen Forschungseinrichtungen gewinnen wertvolle Ergebnisse für ihre weitere Arbeit zugunsten des autonomen Fahrens in Deutschland. Die Stadt Bad Staffelstein kann ihren Öffentlichen Personennahverkehr um zunächst eine zentrale und wirtschaftlich attraktive Verbindung erweitern und darf darauf hoffen, dass das autonome ÖPNV-Netz irgendwann erweitert werden kann.

Professor Benedikt Schmuelling von der Bergischen Universität Wuppertal zeigt hier beispielhaft ein Modul, das in Verbin... Foto: Roger Martin

Neben der Stadt Bad Staffelstein sind es renommierte Firmen und zwei Universitäten, die „Milas“ stützen. Federführend ist, so sagte es Michael Böhm, die Bergische Universität Wuppertal. Die dortigen Lehrstühle für Elektromobilität und Energiespeichersysteme sowie für Theoretische Elektrotechnik befassen sich seit Jahren mit dem Thema autonomes Fahren.

Zwei Unis, Bad Staffelstein, Valeo, IBC Solar und Magment im Boot

Professor Benedikt Schmuelling aus Wuppertal erklärte, dass es bei Milas darum gehe, induktives Aufladen der Energieversorgung zu erforschen und anzuwenden. Dabei wird der Antrieb des Shuttle-Busses nicht durch Batterien erzeugt, sondern mit Hilfe des Austausches zwischen Modulen, die an der Unterseite des Fahrzeugs angebracht sind, und induktiven Betonplatten, die in die Straße eingebaut werden. Diese Form der Energieversorgung, die Milas zur Fahrreife bringen soll, funktioniere automatisch und erspare das getrennte Aufladen. Es mache so auch unabhängig von Wetterverhältnissen und erhöhe damit den Komfort erheblich.

Zwischen der Therme und der Innenstadt werden die autonomen Shuttle-Busse durch ein induktives Ladesystem in Betrieb geh... Foto: Magment

Das Unternehmen „Valeo“ in Kronach ist Spezialist für Schalter und Sensoren. Es ist ebenfalls Partner bei „Milas“ und kümmert sich, so Jörg Schrepfer, um die Entwicklung und den Einbau der nötigen Technik zur induktiven Ladung. Valeo war bereits an vorangegangen Projekten für autonomes Fahren in Kronach und Rehau beteiligt. Milas sei ein weiterer Baustein, Oberfranken zum Zentrum für automatisiertes Fahren zu machen. Schrepfer wies darauf hin, dass mit „Milas“ auch ein Beitrag für mehr Sicherheit für jeden Einzelnen im Straßenverkehr geleistet werden soll.

„2,5 Millionen Euro Förderung für die Forschung und Anwendung vor Ort sind eine sehr gute Investition in unseren ländlichen Raum.“
Emmi Zeulner, Bundestagsabgeordnete

Dank der Beteiligung von „Valeo“ sei mit IBC Solar Bad Staffelstein ein weiterer großer Player hinzugestoßen, so Michael Böhm weiter. „Wir wollen die Elektrifizierung des Verkehrs mit erneuerbarer Energie verbinden. Dies geschieht durch die Kombination von Photovoltaik, Energiespeicherung und intelligentem Energiemanagement“, sagte Dr. Stratis Tapanlos von IBC Solar. Die Energie, die der Shuttle-Bus braucht, soll vor Ort hergestellt werden.

Magnetbeton für induktive Ladeinfrastruktur, gewonnen durch Recycling von Elektroschrott, ist Fahren eine kostengünstige und nachhaltige Technologie. Darauf hat sich das erst 2015 gegründete Münchner Unternehmen „Magment“ spezialisiert, so dessen Sprecher, Miroslav Tesic. Er betonte, dass induktives Laden die Fahrt an die Ladesäule unnnötig mache. Die Energieversorgung können auch vollautmatisch während der Fahrt geschehen. „Magment“ ist weiterer Partner bei „Milas“.

Shuttle-Busse sind mit 18 Stundenkilometern unterwegs

Erster Bürgermeister Mario Schönwald zeigte sich höchst angetan davon, dass die Kurstadt Teil und Schauplatz eines derart zukunftsweisenden und namhaft besetzten Forschungsprojekts sein darf. Mit der vorgesehenen Shuttlebus-Verbindung zwischen Therme und Innenstadt gehe zudem „ein lang gehegter Wunsch der Stadt in Erfüllung“. Die Stadt verspreche sich neben der zusätzlichen Aufmerksamkeit durch Milas auch eine weitere Belebung der Innenstadt.

Michael Böhm kündigte an, dass zunächst rund neun Monate theoretische Erforschung und Erprobung bei „Valeo“ in Kronach folgen. Ende 2022 könnte das erste Probeshuttle in Bad Staffelstein auf die Reise gehen. Mit dem ersten offiziellen Fahrgast in einem Shuttlebus in Bad Staffelstein rechnen die Verantwortlichen für das erste Quartal 2023.

Die Shuttle-Busse werden mit einer „gemächlichen“ Geschwindigkeit von 18 Stundenkilometern unterwegs sein, sagte der Quartiersmanager weiter. Bis es soweit ist, müssen unter anderem auch die Zulassungen für den öffentlichen Straßenverkehr unter Dach und Fach gebracht sein.

Wer sich künftig als Fahrgast vollautomatisch von der Therme zum Bad Staffelsteiner Marktplatz kutschieren lassen will, ist indessen extra gut versichert. Ein großer Versicherer mit Sitz in Coburg ist dafür ins Boot genommen worden, so Böhm.

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