LICHTENFELS

Michael Gallers Bilder entwickeln ein Eigenleben

Michael Gallers Bilder entwickeln ein Eigenleben
Michael Galler hat Humor. Hier ist er Bild in Bild zu sehen. Doch Bild in Bild passiert mittels Smartphone auch etwas auf seinen Bildern für die Ausstellung. Foto: Markus Häggberg

Es gibt einen Lichtenfelser, der mit dem Regie-Giganten David Lynch ein Interview geführt hat. Außerdem ist er ein begabter Illustrator und Zeichner. Am 10. Dezember wird er seine Werke unter dem Titel „Absolut Coniunct“ in Lichtenfels zeigen. Zeit für Einsichten, Aussichten und Rückblenden.

Michael Galler wusste an jenem Sommertag 2017 nicht, was dieser ihm bringen würde. Er saß im Innenhof einer Pizzeria, trank Wein und war ganz bei sich. Wenn Galler bei sich ist, dann zeichnet er. An diesem Sommertag blickte ihm ein Mann über die Schulter, der Vorsitzender eines örtlichen Kunstvereins. Der konnte nicht glauben, was er da sah, denn alles war so konkret wie comichaft, so präzise wie luftig, dabei verträumt und fließend ineinander übergehend. Ein im Wachzustand gezeichneter Traum? Sigmund Freud hätte seine Freuden daran. Am 10. Dezember wird Michael Galler darum seine zweite Kunstausstellung bei der KuKI (Kunst und Kultur Initiative) und in der Galerie der Spitalpassage haben. Doch wer ist dieser Mann eigentlich?

Michael Gallers Bilder entwickeln ein Eigenleben
"Alles fließt" gilt auch für die Werke von Michael Galler. So sehen seine Wachträume auf Papier aus. Foto: Markus Häggberg

Der Grafik-Designer gestaltet auch Comics, Bücher und Traueranzeigen

Galler öffnet die Tür. Er hält sich im Parterre auf, seine Frau ein Stockwerk darüber. Der 52-Jährige lächelt, bittet herein und bald steht man in einer Art Foyer samt Bar. Ein Holzofen knistert und ums Eck befindet sich ein Kuriosum in Schlauchform: links Bibliothekswand, rechts Holzlager, im Hintergrund ein gemütlicher Sessel. Schon jetzt ist klar: Künstlerbude. Und freilaufende Hasen nebst Katze gibt es auch.

Eigentlich sei er Grafik-Designer für die Automobilindustrie, erklärt Galler. Wenn es in seiner Grafikabteilung zu Meetings kommt, ist er ganz bei sich. Was wiederum bedeutet, dass er auch jetzt zeichnet und so viele Begriffe ineinander verfließen lässt. „Das steigert Konzentration, es schärft die Sinne beim Zuhören“, erklärt er und das findet Anklang beim Arbeitgeber. Mittlerweile haben seine Zeichnungen des Status eines Reminders.

Michael Gallers Bilder entwickeln ein Eigenleben
Origineller Mensch in originellem Zuhause: Michael Galler. Foto: Markus Häggberg

Doch abseits des Hauptberuflichen ist Galler auch Illustrator, gestaltet Buchumschläge, Comics, Plattencover, individuelle Traueranzeigen. Wenn der gebürtige Bad Kissinger davon erzählt. leuchtet der Schalk aus seinen Augen. Er sitzt jetzt im Arbeitszimmer am PC, eine Schallplattensammlung und Filmplakate und Cover im Rücken. Auf einem zu sehen: Christopher Lee als Dracula. „Mein erstes Bild habe ich von Lee als Dracula gemalt und da war ich sechs“, erinnert sich Galler. Er erinnert sich auch an das Gruseln, das der Film bei ihm auslöste. Gruselfilme haben seinen Zeichenstil geprägt. Besonders John Carpenters Film „Das Ding aus einer anderen Welt“. Dort verwuchsen Menschen und Dinge ineinander miteinander.

Es ist schön hier im Parterre. Das Auge kann auf Entdeckungstour gehen. Ein Fahrrad steht hier, eine gemütliche Couch auch und immer wieder Figuren. Galler hat ein Herz für Mattel-Figuren wie Big Jim, jenen muskelbepackten Alleskönner aus den 70-er Jahren, an dessen Seite man als Kind Ranger, Bergsteiger oder Geheimagent war. Oberhalb der Couch ist auch der Holzhacker Big Jeff, dann ist Dr. Steel mit der Eisenhand und sogar die Karl-May-Edition von Big Jim ist hier vertreten. Und an einem Stahlträger des Raumes ist ein kleiner eingedoster Elefant zu sehen. Aus Stoff und hinter Glas, versteht sich. Kindsein und Erwachsensein schließen sich nicht aus, findet Galler.

Für das Musikmagazin „Big Five“ hat er David Lynch interviewt

Vor ihm neben dem PC liegt ein Musikmagazin. Hochglanz, gut gemacht, wertig und vom März 2012. „Big Five“ heißt es und sein Thema ist die Musik und Popkultur. Schlägt man Seite 64 auf, dann wird es grandios. Redakteur und Reporter Michael Galler stellt dort David Lynch (76) Fragen. Und der Regisseur von Filmwelterfolgen („Eraserhead“, „Der Elefantenmensch“, „Der Wüstenplanet“) steht auf drei Seiten Rede und Antwort. Galler und seine Frau Diana waren damals Redakteure des Magazins und er hat auch Foto-Serien nahe London geschossen. Er war auch ein Artdirector beim Magazin Spiegel, wo ihm 1998 während seiner Ausbildung gesagt wurde, dass seine Bilder „dazu geboren sind, um animiert zu werden“. Das ist jetzt passiert.

„Im vergangenen Jahr habe ich zirka 60, 70 Bilder gezeichnet“, erklärt Galler zur geplanten Ausstellung. Diese Bilder haben es doppelt in sich. Galler hält seinen Laptop über ein solches Bild und plötzlich tauchen da tanzenden Figuren auf und führen auf der Zeichnung ein Eigenleben.

Michael Gallers Bilder entwickeln ein Eigenleben
Auf dem Bild vom Bild ist etwas anderes zu sehen als auf dem Bild selbst - wie kommt's? Die Technik dazu kennt Mich... Foto: Markus Häggberg

Angefangen hat alles mit Airbrush für Discos

Dann ist wieder Zeit für Erinnerungen und, während die Filmmusik von Hitchcocks „Vertigo“ erklingt und Hauskatze Barney hinzustreunt, besinnt sich Galler auf seine Jahre zwischen 20 und 30. Airbrush hat er gemacht und im Unterfränkischen damit Discos und Restaurants aufgepeppt. Dann folgen wieder Sätze, die deutlich machen, wie das Leben so spielen kann und dass es auf ungeraden Linien gerade zu schreiben vermag. Mit 24 erst legte Galler sein Fachabitur ab, aber das lag daran, dass er vorher eine Ausbildung als Automechaniker absolvierte.

 

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