
Nachdem wir in der vergangenen Ausgabe die Stellungnahmen von CSU und JB sowie Bündnis 90/Die Grünen und WLJ zur künftigen Nutzung des früheren Altenheims der Maiacher Stiftung in der Nordgauerstraße 2 veröffentlicht haben, antworten nun die Fraktionen von SPD und Freien Wählern sowie die AfD-Vertreterin Heike Kunzelmann auf folgende Fragen:
1. Wie soll das Gebäude nach Meinung Ihrer Fraktion künftig konkret genutzt werden? Ist für Sie eine Lösung mit einem Investor möglich? Wie könnte diese aussehen?
2. Oder soll das Gebäude angesichts der zu erwartenden Sanierungskosten abgerissen werden?
3. Welche Lösung hat Ihre Fraktion für die verbliebenen Anwesen der Maiacher Stiftung, zumal hier Sanierungen anstehen, die die Stiftung wird kaum selbst tragen können?
Dr. Arnt-Uwe Schille (SPD): Den Stifterwillen berücksichtigen
Nachdem die finanzielle Aufstellung der Maiacher Stiftung in Bezug auf die Besitzverhältnisse durch die Verwaltung dankenswerterweise geklärt wurde, können jetzt Überlegungen zur Nutzung des ehemaligen Altenheimes starten und sind auch in Vorbereitung.
Für die Nutzung des ehemaligen Altenheims sollte der Stifterwille berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass eine soziale Komponente mitgedacht beziehungsweise eingebracht werden muss. Ansonsten sind für die Umgestaltung des Gebäudes auch hinsichtlich der Finanzierung zum Beispiel durch einen Investor alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
Für die Nutzung selbst wären Mehrgenerationenwohnen und Quartierstreffpunkt mit Versorgungsleistungen wie betreutes Wohnen, Café, Lebensmittelkleinhandel, Friseur, Bäckerei, Arztpraxis etc. vorstellbar. Die derzeit untergebrachte Kindertagesstätte ist an diesem Standort erhaltenswert und könnte auch noch ausgebaut werden.
Eine Sanierung ist auch im Sinne der Einsparung von Ressourcen und der Nachhaltigkeit wünschenswert, wobei ein Abriss und Neubau auch kein Tabu sein sollte.
Dr. Christopher Bogdahn (FW): Nutzung auch für Jüngere möglich
Die Maiacher Stiftung hat in Lichtenfels eine tragende Rolle im Bereich der Versorgung alter und gebrechlicher Menschen übernommen. Zuletzt machte sie jedoch überwiegend Schlagzeilen mit finanzieller Schieflage und Gebäudeleerstand.
Die Übernahme des früheren Altenheims der Maiacher Stiftung durch die Stadt Lichtenfels war richtig, um eine sinnvolle Nachnutzung des Gebäudes oder des Grundstücks zu ermöglichen. Wichtig sind nun eine vollumfängliche Analyse der Bausubstanz und eine ehrliche Einschätzung der möglichen Optionen zur Nutzung des früheren Altenheims.
Die Stadt Lichtenfels hat sich hierzu selbst mit Beschluss des Stadtrats auferlegt, eine eventuelle Nachnutzung des Gebäudes dem Stifterwillen (sprich: Nutzung für alte Menschen) zu unterlegen. Wir Freien Wähler könnten uns aber auch sehr gut vorstellen, das Gebäude für bedürftige junge Familien, ein Mehrgenerationenhaus oder für Sozialwohnungen anzupassen. Auch eine weitere Nutzung als Kita oder Kindergarten wäre wünschenswert. Hier sollte offen an den Gesamtprozess herangegangen werden. Gegenüber Investoren-Lösungen sollte man aufgeschlossen sein – diese müssten sich aber der Vision 2030 zum Beispiel hinsichtlich sozialer Stadt und Klimaneutralität verpflichtet sehen. Ein energieautarker Neubau für sozialen Wohnraum zum Beispiel, der sich in die Landschaft einbettet, könnte hier ein Vorzeigeprojekt werden!
Ein Abriss des Gebäudes wäre als ultima ratio denkbar. Leerstände sind nie sinnvoll, und Gebäude werden durch das reine Herumstehen auch nicht besser in der Bausubstanz.
Primär sollte jedoch zunächst intensiv an einer Nachnutzung gearbeitet werden. Hierzu sollte sich die Stadt Lichtenfels ein enges Zeitfenster setzen und ansonsten gegebenenfalls auf Investoren zugehen.
Heike Kunzelmann (AfD): Gebäude am freien Markt anbieten
Meine Antwort befasst alleinig die Nordgauerstraße 2. Die weiteren Gebäude und Grundstücke befinden sich im Stiftungsvermögen der Maiacher Stiftung, deren Beirat für die finanziellen Entscheidungen und die Weiterentwicklung verantwortlich ist. Im ausschließlichen Eigentum der Stadt ist das Haus Nordgauerstraße 2, das in 2019 einen Verkehrswert von fast zwei Millionen Euro hatte.
Nun zu einer kleinen Vorabanalyse. Welche Nöte beschäftigen die Stadt Lichtenfels?
Rasant steigende Einwohnerzahlen; fehlender, schnell verfügbarer Wohnraum; sinkende Einnahmen, bei steigenden Kosten im Stadtsäckel; eine große Immobilie, die überwiegend leer steht; der Traum, zu einer Hochschulstadt zu werden; keine personellen und finanziellen Mittel zum Betrieb eines Altenheimes; viele Großbaustellen wie Marktplatzschule, Marktplatz 2, FADZ, Schule in Roth uvm.
Die Nordgauerstraße 2 wäre aufgrund ihrer Größe ein Objekt mit dem die Stadtverwaltung, die Entwicklung der Stadt gezielt in eine gewünschte Richtung lenken könnte. Wenn! Wenn die Rahmenbedingungen stimmten.
Richtungsmöglichkeit Altenwohnen mit Kindergarten und Wohnungen für sozial Schwache: Es steht und fällt mit dem Betreiber. Im vergangenen Jahrzehnt fand sich kein Investor, der den Weg des Lichtenfelser Modells wieder aufnehmen wollte. Interessenten für das Objekt gab es, und doch steht das Gebäude leer. Die laufenden Kosten trägt die Stadt. Die Stadt selbst hat weder die finanziellen, noch die personellen Möglichkeiten, ein solches Wohnungsprojekt umzusetzen. Wird ein gedachter Investor den Verkehrswert oder mehr bezahlen wollen, wenn er die Visionen der Stadtoberen umsetzen darf?
Richtungsmöglichkeit Studentenwohnheim: Lichtenfels will Hochschulstadt werden und ist auch im Drehkreuz der Hochschulen Kronach, Coburg, Bamberg. Der Umbauaufwand zu Studentenapartments dürfte ein interessantes Wirkungsfeld für eine Wohnungsverwaltungsgesellschaft sein. Damit erweitert sich der Kreis möglicher Investoren. Die Stadt könnte ein Förderer werden für studentisches Wohnen in Lichtenfels. Als Zusatzboni gäbe gut frequentierte ÖPNV Verbindungen, die die Verluste des ÖPNV in Lichtenfels sicherlich verringern könnten.
Richtungsmöglichkeit Verkauf ohne Auflagen an einen Höchstbietenden: Je freier ein Investor agieren kann, desto mehr kann er in den Kaufpreis investieren. Und während sich ein potenzieller Erwerber um die Entwicklung der Immobilie kümmert, reut die Stadt sicherlich nicht der warme Segen in der Stadtkasse, den sie für karitative Projekte oder anstehende Investitionen verwenden kann.
Die Aufgabe des BRK-Altenheimes in der Nordgauerstraße 2 feiert am 30. November 2022 ihren zehnten Jahrestag. Der Blick in dieses Jahrzehnt zeigt: gähnender Leerstand, der nur durch die Nutzung als Asylbewerberunterkunft 2015/16 unterbrochen wurde. Nicht zu vergessen, seit kurzem gibt es einen Kindergarten im Gebäude.
Vom sozialen Traum des Lichtenfelser Modells ist wenig übrig geblieben außer hohen Verlusten bei der Stiftung, fehlenden Investoren, ein paar Zeitungsmeldungen und dem BRK-Altenheim am Weidengarten, das vor zehn Jahren in naher Umgebung ein neues Domizil fand.
as leere Gebäude wird nicht besser, und meine Empfehlung an die Stadt wäre, es zeitnah höchstbietend mit geringsten Auflagen am Markt anzubieten und den Erlös karitativen Projekten zukommen zu lassen. Manchmal ist eine Kommune auch aufgefordert, das Träumen einzustellen und sich zum Wohle seiner hart arbeitenden Bewohner mehr betriebswirtschaftlich aufzustellen.
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