
Kartoffeln, Nudeln, Kürbisse: Die Erntedankgaben, die viele Kirchengemeinden, Vereine und Privatpersonen der Tafel Lichtenfels plus gespendet haben, sind längst verteilt. Unter ihnen waren klassische Obst- und Gemüsevorräte, aber auch haltbare Lebensmittel wie Zucker, Mehl und Konserven. Ihre Empfänger sind dankbar – und es werden immer mehr.
Die Hälfte der derzeit rund 900 Bedürftigen sind geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, berichtet die Leiterin Joanna Blößl. Die Zahl der Haushalte, die das Angebot der Tafel plus nutzen, hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Viele sind Stammkunden, unter ihnen sind auch Rentnerinnen und Rentner.
Joanna Blößl: „Die schlimmste Situation ist noch nicht da.“
Einem Großteil steht die Unsicherheit ins Gesicht geschrieben, dabei „ist die schlimmste Situation noch nicht da“, so Joanna Blößl. „Die Menschen haben Angst vor dem, was noch auf sie zukommt. Es stehen zum Beispiel noch viele Nebenkostenabrechnungen aus.“
Das bestätigt auch Beate Ehl, die in der allgemeinen Sozialberatung des Caritasverbands für den Landkreis Lichtenfels bereits mit ersten Klientinnen und Klienten über Rechnungen zu Stromnachzahlungen gesprochen hat. Einzelne von ihnen waren der Tafel über Monate ferngeblieben, bis sie jetzt wieder – aufgrund der zusätzlich gestiegenen Lebensmittelpreise – die Tafel aufsuchen.

Die Kontingente der Supermärkte, die der Tafel plus noch gute, aber unverbrauchte Lebensmittel zur Verfügung stellen, haben in den vergangenen Monaten jedoch abgenommen. Ein Hintergrund seien auch deren Lieferengpässe.
Knappe Lebensmittel konnten zusätzlich bestellt werden
Supermärkte und ihre Kunden, wie derzeit Rewe oder in der Vergangenheit Edeka, haben mit ihren Tütenaktionen das Projekt unterstützt. Die mediale Aufmerksamkeit zur Situation der Tafeln in Deutschland habe generell eine hohe Spendenbereitschaft hervorgerufen – von Privatpersonen, Stiftungen, Vereinen und Verbänden sowie der bayerischen Staatsregierung selbst. So konnte das Team um Joanna Blößl Lebensmittel, die knapp und teuer sind, aus Spenden für Lebensmittelkontingente im Supermarkt vorübergehend zusätzlich bestellen: Öl, Reis und Butter etwa, obwohl das streng genommen nicht dem Konzept der Tafel entspreche.
Diese Entwicklungen spüren auch die Kundinnen und Kunden: Bewusst haben der Caritasverbandes für den Landkreis Lichtenfels und das Diakonischen Werkes Kronach-Ludwigsstadt/Michelau die Tafel plus nach dem vergangenen Sommer nicht auf den Ladenbetrieb umgestellt.
„So konnten wir einen Aufnahmestopp vermeiden“, erklärt die Leiterin Joanna Blößl mit Blick auf die rund 160 Frauen und Männer, die jede Woche weiterhin ihre gefüllten Lebensmitteltüten abholen. In diesen befinden sich Obst und Gemüse, Backwaren, Käse, Wurst Joghurt und weitere Bedarfsartikel.
„Mal gibt es von einer Sorte mehr, mal weniger. Das lässt sich nicht voraussagen“, so Karl-Heinz Körner, einer der Ehrenamtlichen. Insgesamt seien es aber weniger Lebensmittel, die sie zur Verfügung haben als etwa vor einem Jahr. „Wir geben aus, was wir haben. Es ist nicht unser Ziel, die Menschen grundzuversorgen.“
Abgenommen hat auch die Zeit, die den Ehrenamtlichen für kurze Gespräche bleibt. Oft wartet eine Schlange von Menschen vor der Tür der Tafel. Die Ausgabe dauert heute länger, die Belastung der Mitarbeitenden steigt. „Mal kurz durchschnaufen ist drin, aber längere Pausen nicht. Wir tragen aber auch Sorge für unsere Ehrenamtlichen.“ Deshalb sucht die Tafel weiter nach engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – in der Sortierung, in der Ausgabe und im Fahrteam.
Die hohen Energiekosten machen sich für das Projekt bemerkbar
Doch auch „on the road“ machen sich die deutschlandweit hohen Energiekosten für das Projekt bemerkbar: Die immer noch hohen Benzinkosten deckt die Tafel plus beispielsweise über Spenden. Doch auch die Sachkosten, etwa für eine große Menge an Verpackungsmaterialien, steigen an.
Kann man unter diesen Rahmenbedingungen noch lange weiterarbeiten? Sollte sich die Zahl der Kundinnen und Kunden nochmals stark zunehmen, dann wären Änderungen an den Ausgabemodalitäten die Folge. Joanna Blößl und ihr Team würden in diesem Fall eine zweiwöchentliche Ausgabe pro Haushalt einführen, „um zu vermeiden, dass wir jemanden abweisen müssen“.
Die Tafel Lichtenfels plus ist eine Anlaufstelle, welche von den Trägern gegründet wurde, um Armut und Leid zu lindern, indem gute aber unverbrauchte Lebensmittel gesammelt und an Bedürftige weitergegeben werden. Jeder Lebensmittelausgabe steht eine Mitarbeiterin der Allgemeinen Sozialen Beratungsstellen zur Verfügung, die während der Ausgabe als erste professionelle Anlaufstelle fungiert und weiteren Unterstützungsbedarf organisieren kann. Die Tafel Lichtenfels plus ist ein ökumenisches Projekt des Caritasverbandes für den Landkreis Lichtenfels e.V. und des Diakonischen Werkes Kronach-Ludwigsstadt/Michelau e.V.
Tüten-Aktion
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