
Der brutale Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, das große Leid mitten in Europa und die Auswirkungen auf Deutschland prägten die Gespräche bei der jüngsten virtuellen Sitzung des Bündnisses „Lichtenfels ist bunt“. Aber auch kommende Projekte und natürlich die Corona-Situation waren im Fokus der Diskussionen.
Sehr viele Wohnungsangebote und Online-Sammlung für Geflüchtete
Es war informativ und bedrückend zugleich, was Beate Ehl von der Caritas über die aktuelle Flüchtlingsbetreuung berichtete. Schon vor dem Ukraine-Krieg waren die Betreuer von Diakonie und Caritas am Limit, dann startete Russlands Präsident den Angriff – „und jetzt sind wir weit über dem Limit.“ Noch seien es geschätzt unter 100 geflüchtete Ukrainer, die im Landkreis angekommen seien. Da diese vorerst auf Ausweichunterkünfte verteilt wurden, sei Altenkunstadt ein Schwerpunkt, aber auch die Berufschulturnhalle und die Dreifach-Sporthalle an der Friedenslinde in Lichtenfels seien schon in Vorbereitung.
Die Geflüchteten haben Schlimmstes erlebt
Ehl informierte, dass der Landkreis auf seiner Homepage eine Sammelstelle für Wohnungen eingerichtet habe. „Es gibt sehr viele Angebote, diese werden nach und nach gesichtet.“ Das Mehrgenerationenhaus des BRK habe eine Online-Sammlung initiiert: Wer etwas habe, was Ukraine-Flüchtlingen helfen könnte, kann das ins virtuelle Lager einstellen, bei Bedarf werde das dann abgerufen. Sehr froh ist Ehl über die Hilfe der Aktiven Bürger: Deren Ehrenamtliche seien stark eingebunden.
„Die Hälfte der Geflüchteten sind Kinder. Die ersten 90 Tage gelten sie per Gesetz als Touristen, dann greift die Schulpflicht. Doch die meisten Schulen und Kindergärten der Region sind voll ausgelastet“, erklärte Ehl. Steffen Biskupski, selbst Lehrer an der Herzog-Otto-Schule, konnte das nur bestätigen: Die Personaldecke sei sowieso nicht hoch gewesen, Corona habe sie zusätzlich ausgedünnt. „Hinzu kommt, dass diese Geflüchteten Schlimmstes erlebt haben, also in der regulären Kinderbetreuung auch nicht gut aufgehoben sind“, sprach Pfarrerin Anne Salzbrenner aus Erfahrung. Da gebe es dringenden Handlungsbedarf. „Selbst wenn die Kampfhandlungen irgendwann vorbei sein würden, könnten die Geflüchteten nicht gleich zurück, weil ja vieles zerbombt wurde. Die Flüchtlingsbetreuung wird noch ein sehr großes Thema.“ Beate Ehl: „Doch wie sollen die Mütter arbeiten, wenn es keine Kinderbetreuung gibt?“ Viele Ukrainerinnen wollten möglichst schnell (eigenes) Geld verdienen. Dazu brauche es natürlich auch das Lernen der deutschen Sprache. „Da kommt etwas Größeres auf unsere Gesellschaft zu. Wir brauchen Hilfe mit Verstand, Plan und realistischer Selbsteinschätzung.“ Die Hilfsbereitschaft sei enorm: Sie müsse aber konzertiert und koordiniert sein.
Ehls Einblicke in ihre Arbeit waren eindringlich. Das „bunte Lichtenfels“ bot an, gerne unterstützend tätig zu werden. „Wir haben übrigens gar nicht so wenige Putin-Anhänger bei uns im Landkreis“, informierte Anne Salzbrenner. Das führt dazu, dass sich in manchem Ort im Landkreis schon Russlanddeutsche und Ukrainer in die Haare bekommen haben.
Von wegen Krieg gegen die Faschisten in der Ukraine
Die Auswirkungen des Kriegs sind längst in Deutschland angekommen, gehen hierzulande nicht nur ans Herz, sondern längst auch an den Geldbeutel. Salzbrenner: „Dass nun durch den Ukraine-Krieg das Benzin teurer wird, führt dazu, dass die Leute merken, dass sie auch mal zu Fuß gehen können. Das ist durchaus spannend.“ Die Probleme im Osten Europas sind weit größer.
„Lichtenfels ist bunt ist nicht in erster Linie eine Friedensbewegung, doch Putin führt seiner Meinung nach einen Krieg gegen die Faschisten in der Ukraine – und da sind wir wieder bei unserem Kernthema“, brachte es Bündnissprecherin Anne Salzbrenner, die evangelische Pfarrerin von Lichtenfels, auf den Punkt.
Zwischendurch hatte das „bunte Lichtenfels“ überlegt, eine Demo gegen die Gräuel in der Ukraine zu initiieren, war dann aber von diesem Plan abgekommen: Das sei eher Sache anderer, beispielsweise die der Parteien.

In seiner Eigenschaft als treibende Kraft der Bürgerbewegung „Klimaentscheid Lichtenfels“ machte Steffen Biskupski darauf aufmerksam, dass für Freitag, 25. März, 17 Uhr, eine Neuauflage der „Radel-Demo“ geplant sei. Die genaue Strecke werde derzeit mit den Ordnungsbehörden abgesprochen, es solle aber auf jeden Fall eine Schlusskundgebung auf dem Marktplatz geben.
Ausrufezeichen für klimafreundliche Politik und Frieden in der Welt
Natürlich wolle man auch diesmal wieder ein Ausrufezeichen für klimafreundliche Politik und mehr Radwege setzen, aber: „Wer Fahrrad fährt, ist besser unterwegs fürs Klima. Jedoch funktioniert Klimaarbeit nur, wenn wir Frieden haben.“ Genau deswegen soll das In-die-Pedale-treten auch ein Protest gegen Krieg und Leid werden. „Der Ukraine-Krieg ist der eine Krieg, der gerade in den Medien präsent ist. Aber er ist nur einer von 30 weltweit“, stellte Anne Salzbrenner besorgt heraus.
Dass sich „Lichtenfels ist bunt“ an der „Radel-Demo“ beteiligen sollte, wurde einmütig entschieden. „Wenn nicht wir, wer dann?“, fragte sich Tanja Vincent, stellvertretende Bündnis-Sprecherin und evangelische Pfarrerin von Schney-Buch am Forst. Vincent wird auch ein kurzes Statement namens des Bündnisses bei der Radel-Demo abgeben. Insgesamt sind drei bis vier Redebeiträge geplant.
Familienfreundlich und nicht allzu lang: Alle Interessierten willkommen
Radelstrecke und -tempo sollen familienfreundlich sein und etwa 20 Minuten dauern. Alle Interessierten dürfen sich gerne beteiligen. Auch Bündnis 90/Die Grünen und Bund Naturschutz gehören zu den Initiatoren. Dr. Arnt-Uwe Schille will versuchen, auch über die SPD für die Radel-Demo mobil zu machen. „Da es bislang keine Ukraine-Demo im Landkreis gab, ist das die einzige Veranstaltung dieser Art. Hoffentlich nutzen viele die Gelegenheit, die Aktion zu unterstützen und Flagge zu zeigen“, so die „grüne“ Stadträtin Sandra Nossek aus Stublang.
Etwas verwundert waren die Bündnismitglieder über Anfragen aus einer Kommune vom Obermain: „Scheinbar wissen nicht einmal alle Kommunalpolitiker, dass wir uns mit unserem Handeln nicht nur auf die Stadt Lichtenfels beschränken, sondern auf den ganzen Landkreis.“ Und das, obwohl es auch schon Demos und Aktionen außerhalb der Korbstadt gab, beispielsweise einen Demonstrationszug in Schwürbitz. Michelaus Zweiter Bürgermeister Hans Borchert beispielsweise hat sich laut Anne Salzbrenner auch stark für die Hände-Aktion von „Lichtenfels ist bunt“ (diese Redaktion berichtete) interessiert. Er möchte diese ausweiten und fortführen, was das Bündnis sehr begrüßt.
Aktiosnbündnis will mit Rat und Tat helfen
Bei der Aufarbeitung genannter Informationslücke will das Aktionsbündnis ansetzen und gerne die Hand reichen: Und gerne mit Rat und Tat helfen.
Bei einer Klausur im April will „Lichtenfels ist bunt“ das eigene Profil schärfen und ein Leitbild in Worte fassen. Dabei wollen die Mitglieder gerne über den Tellerrand hinausschauen, um sich inspirieren zu lassen, aber: „Wir müssen und wollen unseren Lichtenfelser Weg finden und gehen.“
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