
Sie sind ein wichtiger Baustein für die Eingliederung von Migranten und Geflüchteten in die Gesellschaft: Integrationskurse. Der Bedarf ist riesig, doch es mangelt an Lehrpersonal. Als einer von insgesamt fünf privaten Bildungsträgern im Raum Lichtenfels bietet seit Kurzem auch die P&S GmbH Integrationskurse in der Korbstadt an. Das Obermain Tagblatt hat darüber mit Stefan Fink, dem Leiter der Lichtenfelser Geschäftsstelle gesprochen.
Herr Fink, neben Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten für Arbeitssuchende, Unternehmen und deren Mitarbeiter haben Sie seit Mitte April auch Integrationskurse für Geflüchtete im Angebot. Wie kam es dazu?
Stefan Fink: Wir haben unsere Lizenz Anfang des Jahres erhalten, nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, entschieden hat, weitere Bildungsträger für Integrationskurse zuzulassen. Eigentlich gibt es hier eine regionale Begrenzung, die aber aufgrund der Dringlichkeit des Themas aufgehoben wurde. Mittlerweile haben wir bereits den dritten Integrationskurs erfolgreich gestartet. Auch dieser ist ausgebucht und die Nachfrage nach Kursen weiterhin konstant hoch. Wenn wir noch eine Dozentin, zumindest in Teilzeit hätten, könnten wir noch einen Kurs anbieten.
Das heißt, hier besteht – wie in vielen anderen Bereichen auch – ein Mangel an Fach- beziehungsweise Lehrkräften. Welche Voraussetzungen sollte eine Lehrkraft denn bestenfalls erfüllen, und was wiederum ist das Erfüllende an dem Beruf?
Stefan Fink: Wer gerne mit Menschen arbeitet und Freude daran hat, Wissen weiterzugeben, ist hier genau richtig. Das Tätigkeitsspektrum ist sehr breit und bezieht sich nicht ausschließlich auf den Unterricht, sondern umfasst beispielsweise auch die Zusammenarbeit mit Jugendlichen, die im Rahmen ihrer Ausbildung unterstützt werden. Hier ist Organisationsfähigkeit gefragt, aber auch Empathie und Durchsetzungsvermögen sind wichtige Eigenschaften, die ein Dozent oder eine Dozentin mitbringen sollte. Das Erfüllende ist sicherlich die Tatsache, in diesem Beruf Menschen helfen zu können. Viele Kursteilnehmer sind für die Unterstützung sehr dankbar und bringen dies auch konkret zum Ausdruck – ein Kurs hat zum Beispiel für seine Dozentin Blumen zum Geburtstag organisiert.

Sicherlich gibt es auch Herausforderungen?
Stefan Fink: In pädagogischer Hinsicht sind definitiv die unterschiedlichen Bildungsstandards innerhalb eines Kurses die größte Herausforderung. Wir haben Teilnehmer, die bereits gut Englisch sprechen und die deutschen Schriftzeichen kennen, aber auch solche, die in ihrer Heimat die Schule nur sehr rudimentär besucht haben und sich entsprechend schwertun. Hier gilt es, diesen Menschen erst einmal zu zeigen, wie Lernen überhaupt funktioniert. Demnach ist es nicht immer einfach, den Unterricht so zu gestalten, dass alle mitgenommen werden können, also sich niemand über- oder unterfordert fühlt.
Wie setzen sich denn die Teilnehmer eines Integrationskurses zusammen?
Stefan Fink: Aktuell sind unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer 17 bis 57 Jahre alt und stammen aus den unterschiedlichsten Ländern, unter anderem aus Syrien, der Ukraine, Georgien, Afghanistan und dem Irak. Sie sind nicht nur im Raum Lichtenfels wohnhaft, sondern auch im Landkreis Coburg oder Haßberge und das zeigt wiederum, wie groß die Nachfrage und wie begrenzt das Angebot ist. Allerdings können wir pro Kurs nicht beliebig viele Interessenten aufnehmen – bei 25 Personen ist das Maximum erreicht. Die Frauenquote ist mit einem Drittel leider eher gering.
Wie erklären Sie sich den geringen Frauenanteil?
Stefan Fink: Oftmals will der Ehemann nicht, dass seine Frau einen Kurs besucht, damit sie sich daheim um Haushalt und Kinder kümmern kann. Es kommt auch vor, dass Frauen teilnehmen wollen, die schon seit Jahren in Deutschland sind und sich dann für eine Qualifizierung beziehungsweise einen Eintritt ins Berufsleben entscheiden. Leider werden so spät keine Kosten mehr dafür übernommen. Der Berechtigungsschein, den Migranten und Geflüchtete nach ihrer Ankunft vom BAMF, Jobcenter oder Landratsamt erhalten und der auch die Kostenübernahme regelt, ist üblicherweise ein Jahr gültig.
Was wird in einem Integrationskurs alles vermittelt?
Stefan Fink: Ein Kurs ist grundsätzlich in mehrere Module unterteilt, mit je 100 Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Dabei geht es nicht nur um Sprachkenntnisse, sondern auch um die Rechtsordnung, die Kultur und Geschichte Deutschlands. Ein Modul heißt zum Beispiel „Leben in Deutschland“. Hier vermitteln wir unter anderem, wie unser Sozialsystem funktioniert. Die meisten unserer Teilnehmer wissen zum Beispiel gar nicht, wo das Geld, das sie zur Unterstützung erhalten, eigentlich herkommt. Interessant wird es vor allem dann, wenn die Migranten selbst das Arbeiten anfangen, ihre Lohnabrechnung bekommen und sich wundern, warum dort Abzüge vermerkt sind. Einige dachten sogar, dass ihr Arbeitgeber sie betrügt – bis sie über das Sozialsystem aufgeklärt wurden und es auf diese Weise dann auch verstehen.
Was ist abgesehen von den Kursen Ihrer Erfahrung nach nötig, damit Integration gelingt?
Hier muss ich ganz klar eine Lanze für das Netzwerk brechen, das wir mit den Jobcentern, den Aktiven Bürgern, der Caritas und dem Jugendmigrationsdienst pflegen. Die Integrationsquote ist hier im Landkreis erfreulicherweise gut, aber ohne die Sozialdienste und die Ehrenamtlichen wäre das System schon längst zusammengebrochen. Genau deshalb braucht es weiterhin einen regen Austausch und Dialog zwischen allen beteiligten Institutionen. Und natürlich eine hohe Wertschätzung für alle jene, die sowohl beruflich als auch ehrenamtlich im sozialen Bereich engagiert sind und dazu beitragen, dass Migranten und Flüchtlinge sich unsere Gesellschaft eingliedern können.
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