
Der Landkreis Lichtenfels und alle elf Städte, Märkte und Gemeinden konnten vergangene Woche den Startschuss für den landkreisweiten Energienutzungsplan (ENP) geben. In einer außerordentlichen Bürgermeister-Dienstbesprechung wurden den Bürgermeistern sowie Teilnehmern des Arbeitskreis Regionalwerk auf Einladung von Landrat Christian Meißner die Inhalte, das Vorgehen sowie die zeitliche Planung präsentiert.
Beauftragt zur Erstellung des Energienutzungsplans ist das Institut für Energietechnik Amberg-Weiden (IFE)., meldet das Landratamt Lichtenfels. Das rund 18 Monate beanspruchende Projekt wird vom Bayerischem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert.
Ist-Zustand erfassen
Zunächst soll die Energiebilanz im Ist-Zustand im Landkreis erfasst werden, also wie viel Bedarf an Wärme und Strom es im Landkreis gibt und wie viel schon erzeugt wird. Hierfür werden die Energie-Erzeugungsanlagen und die Netzinfrastruktur kartographiert. Auch der Bedarf des Verkehrssektors soll analysiert werden. Außerdem wird eine Treibhausgas-Bilanz aufgestellt, die kontinuierlich fortgeschrieben werden soll.
Im nächsten Schritt werden laut der Pressemitteilung die Potenziale zur Energieeinsparung beziehungsweise Erzeugung im gesamten Landkreis identifiziert. Dazu wird das bestehende Solar-Kataster für Dachflächen ausgewertet und interpretiert. Der Plan soll außerdem Flächen aufzeigen, die Abwärme oder Potenzial für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zur Nutzung in möglichen Nahwärme-Netze aufweisen. Zudem wird ein gebäudescharfes Wärme- und Sanierungskataster erstellt, dass in Zukunft auch zur Energieberatung der Bürger genutzt werden kann.
Potentielle Flächen ermitteln
Außerdem sollen potentiellen Flächen zur Nutzung für Windkraft- oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen ermittelt werden. Auch das Potenzial für die Biogaserzeugung und Wasserkraft-Nutzung wird geprüft. Für die Wärmenutzung sollen auch die Potenziale im Landkreis für oberflächennahe und tiefe Geothermie geprüft werden.
Als großes Potenzial des Verkehrssektors soll insbesondere das Thema Elektromobilität (insbesondere E-Bikes) betrachtet werden. Ziel ist es, hierbei ein Konzept zum Ausbau der Ladeinfrastruktur auf Landkreis-Ebene in Bezug auf Strombedarf und Netzinfrastruktur zu ermitteln.
Bürger-Foren geplant
Die Erstellung des ENP soll in enger Abstimmung und Rückkopplung mit den Akteuren und Bürgern vor Ort erarbeitet werden. Und die hierdurch entwickelten Maßnahmen sollen anschließend lokal anwendbar und realistisch umsetzbar sein. Daher sollen wichtige Fragestellungen gemeinsam mit den relevanten Akteuren vor Ort diskutiert und für die dabei auftretenden Problemstellungen Lösungsansätze gefunden werden. Deswegen sind zu dem Thema auch drei Bürger-Foren in drei Teilräumen des Landkreises geplant.
Auch der Austausch von Akteuren zu drei Fachthemen ist in Planung, zunächst zum Thema Wasserstoff. Hierzu ist eine Veranstaltung mit Industrie- und Wirtschaftsunternehmen geplant, um deren Bedarfe zu ermitteln. Wasserstoff-Erzeugungsanlagen erzeugen mittels Elektrolyse aus Wasser und erneuerbaren Energie grünen Wasserstoff, aber auch Nebenprodukte wie Wärme und Sauerstoff.
Der Energieträger Wasserstoff könne allerdings nur begrenzt lokal gespeichert werden, in Wasserstoffleitungen eingespeist oder alternativ per Transport verteilt und genutzt werden, wurde erläutert. Auch die Nebenprodukte müssten einen Absatz finden. Daher sei das Ziel, in Abstimmung mit Industrie und Wirtschaft, sinnvolle potentielle Standorte für den Aufbau von Anlagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff im Landkreis zu identifizieren.
Deponiegas nutzbar?
Ein weiteres Schwerpunkt-Projekt des Energienutzungsplan ist laut Pressemitteilung die Prüfung der energetischen Nutzung der stillgelegten Deponie in Oberlangheim, die der Landkreis Lichtenfels betreibt. Neben der direkten Nutzung von Photovoltaik/Solarthermie, gegebenenfalls Windkraft, soll auch die Nutzung des Deponiegases im Rahmen dieses Schwerpunkt-Projekts auf technische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit untersucht werden.
Als letztes Schwerpunkt-Projekt soll ein interkommunales Klärschlamm-Konzept erarbeitet werden, das eine mittel- und langfristig wirtschaftliche Lösung zur Entwässerung, Trocknung, Phosphor-Rückgewinnung und energetischen Nutzung des auf den Kläranlagen anfallenden Klärschlammes in einem Umsetzungs- und Maßnahmenplan aufzeigen soll. Insbesondere durch das gemeinsame
Handeln über die Gemeindegrenzen hinaus, könnten wichtige Skaleneffekte genutzt werden, die sich entscheidend auf die Wirtschaftlichkeit der Klärschlammnutzung auswirken. Diese Skaleneffekte führten vor allem bei Investitionen in Anlagentechnik zur Entwässerung und Trocknung sowie bei logistischen Fragestellungen zu signifikanten Verbesserungen.
Alle diese Überlegungen sollen anschließend in einen kommunenscharfen, umsetzungsorientierten und praxisbezogenen Maßnahmenkatalog münden, der mögliche Projekte und konkrete Handlungsempfehlungen für die Kommunen aufzeigt.
Christian Meißner, Landrat
Landrat Christian Meißner schließt die Veranstaltung mit folgenden Worten ab: „Ich freu mich, dass sich der Landkreis und alle elf Städte, Märkte und Gemeinden zusammen dem Thema annehmen. Die Ergebnisse des landkreisweiten Energienutzungsplans liefern die Grundlage für Projekte in den Kommunen, aber auch für gemeindeübergreifende gemeinsame Projekte. Das ist ein guter Grundstein für die zukünftige interkommunale Zusammenarbeit, auch im Hinblick auf das künftige Regionalwerk Obermain.“ (red)
Was ist ein Energienutzungsplan (ENP)?
Unter einem Energienutzungsplan (ENP) versteht man ein informelles Planungsinstrument für kommunale Gebietskörperschaften zum Thema Energie. Vergleichbar dem Grundgedanken des Flächennutzungsplans in der Bauleitplanung, zeigt der Energienutzungsplan, bevorzugt interkommunal, ganzheitliche energetische Planungsziele auf. So sind im Rahmen eines Energienutzungsplans ausgearbeitete Maßnahmen-Vorschläge hinsichtlich Energieeinsparung und dem Ausbau erneuerbarer Energien zu erstellen. Ergebnis der Planungen sollen anbieterneutrale Maßnahmenvorschläge sein.
Der ENP bildet damit die Basis, um Maßnahmen zur Energieeinsparung, Energieeffizienz und zur Umstellung auf erneuerbare Energien zu koordinieren und synergetisch aufeinander abzustimmen. Er liefert somit eine umsetzungskoordinierte Bedienungsanleitung für die lokale Energiewende. (red)
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