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Kinderbücher rund ums Thema Zuhause: Ein Ort und ein Gefühl

Was ist ein Zuhause? Wer das erfahren will, kann diese Kinderbücher lesen oder anschauen. Foto: Iris Birger

Iris Birger und Stefanie Fischer sind Kinderbuch-Bloggerinnen. Vom Netz in die Tageszeitung geht es mit ihren Buchtipps zweimal im Monat aufOTverbindet. Die heutigen Empfehlungen sind Bilderbuch, Sachbuch und Jugendbuch rund um das Thema „Zuhause“.

Zuhause – was ist das eigentlich? Für die einen ist das ein vertrauter Ort, vielleicht einer, der mit der eigenen Kindheit in Verbindung steht, oder ein Ort, den man erst später lieben und schätzen gelernt hat. Es kann ein Haus, eine Stadt, eine Region sein, manchmal aber auch einfach ein Plätzchen in der Natur, das einem wichtig ist und mit dem man viel verbindet.

Manche Menschen fühlen sich auf der ganzen Welt zuhause

Andere brauchen keinen festen Ort, sondern fühlen sich dort zuhause, wo sie von geliebten Menschen oder auch Tieren umgeben sind. Manch einer nimmt sein Zuhause überall hin mit, wechselt die Gegend, in der er lebt, aber hat sein Dach über dem Kopf und das eigene Hab und Gut immer dabei. Einige haben mehrere Orte, an denen sie sich zuhause fühlen. Und es gibt Menschen, die sind auf der ganzen Welt zuhause. Viele Menschen haben kein Zuhause oder mussten ihre Heimat verlassen. Sie suchen nach einem neuen Platz, an dem sie sich wieder zuhause fühlen können und tun sich in der Fremde vielleicht zunächst schwer damit.

Fakt ist: Zuhause ist ein Gefühl – eines, das durch einen Ort, wichtige Personen oder Habseligkeiten, durch bekannte Gerüche und Geräusche so etwas wie Sicherheit und Geborgensein, Vertrautheit und Wohligkeit hervorrufen kann. Ein Ort, wo wir gerne sind, uns wohl fühlen und sein können, wie wir sind. Zum Jahresbeginn möchten wir Ihnen und euch Bücher zu diesem wunderbaren Gefühl vorstellen und wünschen allen Menschen auf der Welt, dass sie das haben, was für sie persönlich Zuhause bedeutet.

Wenn die Eltern sich getrennt haben, kann sich das Zuhause teilen

Das Bilderbuch „Das Gute daran“ beschäftigt sich mit dem Thema der Trennung von Eltern. Foto: Iris Birger

Mit dem Bilderbuch „Das Gute daran“ nähern wir uns neben dem Thema „Zuhause“ einem sehr wichtigen Bereich, von dem Kinder schon gehört haben, von dem sie durch ihre Freundinnen oder Freunde vielleicht erfahren oder von dem sie möglicherweise selbst betroffen sind. Wie ist es, wenn sich die Eltern getrennt haben und das Zuhause nun einerseits bei Mama und andererseits bei Papa abspielt? Um eine Vorstellung davon zu erhalten, nimmt sich die Autorin Anne Rickert – selbst von der Erfahrung einer getrennt lebenden Mutter betroffen – diesem Thema an und zeigt eine mögliche Geschichte aus Sicht eines Kindes und seiner Eltern.

Rickerts Text und die Illustrationen von Sabine Heine vermitteln uns dabei empathisch, wie es sein könnte, wenn ein Kind zwei Zuhause hat. Wenn sich Eltern trennen, trennt sich das gemeinsame Zuhause in zwei Teile. Von nun an ist das Kind abwechselnd bei Mama und Papa – eine Lösung, die die Eltern gefunden haben, um ihr Kind gemeinsam zu begleiten. Die in Gegenüberstellung gezeigten Situationen werden ähnlich einem Familienfotoalbum gezeigt und stets eingeleitet mit „Wenn ich bei meinem Papa bin, …“ oder „Wenn ich bei meiner Mama bin, …“. Diese Momente dürfen die Leserinnen und Leser für sich selbst bewerten. Es ist nicht wichtig, ob Klischees dargestellt werden und ob alles genau so ist oder doch anders, denn hier geht es in jeder Situation ausschließlich um das Gute daran. Es ist immer gut daran, dass das Kind unter beiden Dächern gut behütet ist und von seinen liebevollen Eltern begleitet wird. Dieses wertvolle Bilderbuch hilft dabei, eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, wie sich eine Familie neu aufstellen könnte, nach einer vorherigen Trennung und nach dem Finden neuer Gewohnheiten, Absprachen und Rituale.

Wie sich Zuhause anfühlt und was es bedeutet, keines zu haben

Wir können nicht bewerten, wie gut dieses Buch für Familien geeignet ist, die sich mitten in einer Trennung oder Scheidung befinden und deren Alltag möglicherweise völlig durcheinandergeraten ist und (noch) keine zwei Dächer über dem Kopf bietet. Aber was wir dank dieser kindgerechten Geschichte sehr gut verstehen können, ist, dass uns dieses Buch warmherzig, offen und hoffnungsvoll vermitteln möchte, dass es vielfältige Lebensumstände für Familien gibt. Es kommt letztendlich darauf an, dass wir uns auf die Suche nach dem Guten begeben und Betroffenen dabei helfen, das Gute zu finden.

Eine Annäherung an das, was Zuhause alles ausmachen kann, ist dem Sachbuch „Was ist Zuhause? Von Wohnen, Leben, Weggehen und Ankommen“ von Kristina Scharmacher-Schreiber und Lena Hesse (Illustrationen) gelungen, das den Begriff aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Wie fühlt sich „Zuhause“ eigentlich an? Wie und wo wohnen Menschen? Und sind denn Bauen und Renovieren schädlich für die Umwelt? All diesen Fragen wird ebenso nachgegangen wie auch verschiedenen Wohnformen und deren historischen Entwicklungen, Überlegungen zu finanziellen Aspekten des Wohnens, Städteplanung und -gestaltung und was ein Zuhause heimelig macht - mit den vertrauten Menschen um einen herum, den verschiedenen Gewohnheiten, Gerüchen, Geräuschen und Ritualen.

Ein umfangreicher Abschnitt widmet sich der Sichtweise, wie es ist kein festes Zuhause zu haben, weil Menschen keinen festen Wohnsitz haben, ohne Obdach sind oder als (digitale) Nomaden leben. Auch dass Menschen ihr eigenes Zuhause verlassen, wird thematisiert – freiwillig, weil sie umziehen möchten, oder unfreiwillig, weil die äußeren Umstände wie Krieg, Naturkatastrophen und repressive politische Systeme Menschen nur wenig andere Möglichkeiten lassen, als zu fliehen und ihre Heimat zurückzulassen. Auch Aspekte wie Fremdsein, Ausgrenzung, Vorurteile und wie es sich anfühlt, wenn man an einem Ort als „anders“ wahrgenommen wird, werden aufgegriffen.

Die im comicartigen Stil gehaltenen bunten Illustrationen, die die Vielfalt der Menschen, ihre unterschiedlichen Lebensumstände und Wohnarten abbilden, schaffen eine gute Verbindung zum Text, sind divers und inklusiv. Von Diagrammen und Karten über einzelne Personen mit Sprechblasen bis hin zu seitenfüllenden Bildern ist alles vertreten, was die verständlichen, informativen Texte auflockert und unterstreicht. Mit seiner vielseitigen Betrachtung des Themas „Zuhause“ ist dies ein ganz besonderes und wertvolles Sachbuch, das wir mit seiner Vielfältigkeit Kindern und Erwachsenen nur wärmstens ans Herz legen können.

Ein Mädchen kämpft um ihre Familie: ein bewegendes Jugendbuch

Berührend und tieftraurig, liebenswert und vielseitig – unsere Jugendbuchempfehlung zum Thema „Zuhause“ ist ein ergreifender Roman, der die Lesenden auf eine Achterbahn der verschiedensten Gefühle schickt und es einem schwer macht, dieses Buch nicht direkt ins Herz zu schließen. In „Ein Zuhause für immer“ von Gill Lewis steht Scarlet im Mittelpunkt, ein verantwortungsbewusstes Mädchen im Teenageralter, das die kleine Familie zusammenhält. Sie kümmert sich um den Haushalt, ihren kleinen Bruder Red, dem Vögel alles bedeuten, und auch um ihre teilnahmslose Mutter.

In ihrem Zuhause, einer kleinen Hochhauswohnung, fühlt sich Scarlet sicher und kommt mit ihren Lebensumständen irgendwie zurecht – mit den abwesenden Vätern von Red und ihr, der Depression der Mutter, den Besuchen des Jugendamtes und dem Bruder, der in seiner eigenen Welt lebt und durch seinen Autismus feste Strukturen braucht. Sie kommt zurecht, solange sie nur mit Red und ihrer Mutter zusammen sein kann. Doch als ihr Rückzugsort durch ein Feuer zerstört wird, verliert die Familie alles und wird auseinandergerissen. Und Scarlet, die ihre Familie vermisst und sich weiterhin verantwortlich fühlt, macht sich auf die Suche: Nach ihrem Bruder und einem neuen Zuhause für beide, in dem sie beide für immer zusammen sein können.

Eine berührende Geschichte, die viele Themen behandelt

In diesem wertvollen Jugendbuch laufen viele Themen zusammen, soziale und familiäre Probleme, psychische Erkrankung und die Herausforderungen für und mit besonderen Kindern, verpasste Kindheit, Pflegefamilien, Heimat und die Frage nach der eigenen Identität. Der Bezug zu Vögeln durchzieht die Geschichte dabei wie ein roter Faden und steht metaphorisch für Freiheit und Unabhängigkeit, aber ebenso für Zusammenhalt und der Suche nach einer Heimat. So schafft die Autorin eine berührende Geschichte, die sich mit einem durchgängigen Spannungsbogen harmonisch zusammenfügt. Und Schicksale und liebenswerte Charaktere zeichnet, die ihren Wünschen nach Zugehörigkeit und Sicherheit auch die ganz persönlichen Sehnsüchte der Lesenden anspricht.

Die Bücher

• „Das Gute daran – Bei Mama und bei Papa“ von Anne Rickert und Sabine Heine (Illustrationen). Erschienen 2016 im Tyorlia Verlag. 26 S., ab drei Jahre.

• „Was ist Zuhause? Von Wohnen, Leben, Weggehen und Ankommen“ von Kristina Scharmacher-Schreiber und Lena Hesse (Illustrationen). Erschienen 2022 im Verlag Beltz & Gelberg. 74 S., ab sieben Jahre. • „Ein Zuhause für immer“ von Gill Lewis und Petra Hämmerleinova (Umschlagbild und Innengestaltung), aus dem Englischen übersetzt von Siggi Seuß. Erschienen 2017 im dtv Verlag. 224 S., ab elf Jahre.

• Website: www.kinderbuchstabensuppe.de • Instagram: www.instagram.com Facebook: www.facebook.com • Spotify: open.spotify.com • Email: post@kinderbuchstabensuppe.de

Das Bilderbuch „Das Gute daran“ beschäftigt sich mit dem Thema der Trennung von Eltern. Foto: Iris Birger

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