LICHTENFELS

Kinderbuchstabensuppe über Geschwister-Leben

Kinderbuchstabensuppe über Geschwister-Leben
Lichtenfels Iris Birger und Stefanie Fischer sind Kinderbuch-Bloggerinnen. Mit ihrer Kinderbuchstabensuppe geht es vom Netz in die Tageszeitung. Dieses Mal haben sie etwas zum Thema „Geschwister“ mitgebracht. „In einem Leben mit Geschwistern befindet man sich immer wieder eine...

Lichtenfels

Iris Birger und Stefanie Fischer sind Kinderbuch-Bloggerinnen. Mit ihrer Kinderbuchstabensuppe geht es vom Netz in die Tageszeitung. Dieses Mal haben sie etwas zum Thema „Geschwister“ mitgebracht.

„In einem Leben mit Geschwistern befindet man sich immer wieder einem Wechselbad der Gefühle: Von der großen Freude über ein Geschwisterkind zu bitterer Enttäuschung und Eifersucht, weil dieses noch nicht spielen kann und die ganze Aufmerksamkeit der Eltern in Anspruch nimmt. Da gibt es gemeinsame ausgelassene Tage mit Spielen, Bauen, Basteln und Stromern in der Natur und ebenso erbitterte Kämpfe um Spielsachen, das letzte Stück Kuchen, den besten Platz vor dem Fernseher oder Zeit mit Familienmitgliedern. Geschwister verbünden sich, hecken Pläne aus und können den größten Spaß miteinander erleben, nur um einige Minuten später einen heftigen Streit zu haben, der mit Geschrei und Tränen endet.

Auf der einen Seite werden Bruder oder Schwester gereizt, genervt und mit beinahe ausgeklügelter Taktik geärgert, aber ebenso leidenschaftlich verteidigt, wenn jemand außerhalb der Familie versucht dasselbe zu tun. Es ist die wahrscheinlich widersprüchlichste Beziehung, die man haben kann, die voller Liebe, Vertrauen und Gemeinsamkeiten steckt und von ebenso großer Konkurrenz, Rivalität und Differenzen geprägt ist.

So schön und nervig

Und weil es so schön und nervig sein kann, Geschwister zu haben, möchten wir Ihnen und euch heute drei wunderbare Bilderbücher präsentieren, die genau dieses so wundervoll-schreckliche Verhältnis thematisieren und hoffentlich zu Freude und Erheiterung bei Ihnen und euch Zuhause führen werden - egal wie groß die eigene Familie ist, mit vielen oder wenigen oder gar keinen Geschwistern.

Los geht es mit unserem ersten Bilderbuchtipp. Eben noch Einzelkind und plötzlich ist da ein kleines Geschwisterkind – das ist für Kinder in einigen Familien ein Thema. Denn eine Schwester oder einen Bruder zu bekommen ist nicht für alle und nicht immer nur toll. Und vielleicht fragen sich auch einige, ob das Baby jetzt eigentlich für immer bleibt oder wie und wo man es zurückgeben könnte.

Für diese Kinder, aber auch alle anderen, die gerade ein Geschwisterchen erwarten oder frisch bekommen haben, ist das Bilderbuch von Lauren Child mit dem passenden Titel

„Bleibt der jetzt für immer?”

(Carl Hanser Verlag. 32 Seiten, ab drei Jahren) genau das Richtige: Elmore ist ein zufriedenes Einzelkind - mit eigenem Zimmer, Süßigkeiten für ihn alleine und Eltern, die ihm all ihre Aufmerksamkeit schenken. Bis zu dem Tag, an dem sich alles ändert, denn plötzlich ist jemand Neues da. Ein kleines Wesen, das Elmores Leben auf den Kopf stellt, seine Sachen nimmt, in sein Zimmer einzieht und ihn dauernd nervt.

Es wird von den Großen ständig in Schutz genommen und bekommt außerdem viel zu viel Beachtung - findet Elmore. Doch dann, eines Nachts ändert sich alles. Mit einfachen Sätzen, die direkt aus dem Alltag gegriffen scheinen, wird die neue Lebenssituation von Elmore, die Eifersucht, die er empfindet, und der Aufbau der Beziehung zu dem „neuen Wesen” treffend beschrieben. Einzelne Worte und Sätze verknüpfen durch ihre grafische Anordnung Text, Bild und die Handlung zu einem abwechslungsreichen Ganzen.

Die bunten, großformatigen Illustrationen sind dabei divers und kindgerecht gestaltet und schaffen zusammen mit der lustigen Erzählung ein humorvolles und ehrliches Bilderbuch über das Geschwisterkriegen und -haben.

„Lulu in der Mitte”

von Micha Friemel und Jacky Gleich (Hanser Verlag, 32 Seiten, ab drei Jahren). Kaspar ist der Große. Leonor die Kleine. Und Lulu? Kaspar baut Maschinen. Eine kann melken, eine andere fliegt wie ein Helikopter. Oma ist begeistert und sieht Kaspar bereits einen Nobelpreis entgegennehmen. Und dann wäre da noch die kleine Leonor, die einfach so den Preis für das entzückendste Baby gewinnt, völlig egal, ob sie weint oder lacht.

Für Lulu ist es nicht so leicht, mit ihren Talenten oder Ideen aufzufallen, da viel Aufmerksamkeit auf das große und das kleine Kind fallen. Doch wird Lulu wirklich übersehen? In vielen kleinen Alltagssituationen, zum Beispiel im Bad oder in der Küche, sehen wir Lulu, mit ihrer Schere und ihren Papierschnipselkünsten. Sie arbeitet leise. Sie arbeitet besonnen - als Künstlerin im stillen Hintergrund oder eben in der ruhigen Mitte.

In der Mitte ist es auch schön und dennoch doof. Lulu weint deswegen. Mama muss nicht lange überlegen und tröstet Lulu mit liebevollen Worten: ,Goldrichtig bist du. Der Schinken im Sandwich. Die Creme in der Schnitte, das Gelbe im Ei. Du bist unsere goldene Mitte.'

Eine wunderbar ehrliche, mit viel Humor und Familientrubel gespickte Geschichte. Sie zeigt den Spagat der Eltern und der Kinder, allen Bedürfnissen gerecht zu werden und jeden zu sehen. Jeder und jede möchte gesehen werden. Das macht müde. Aber auch irgendwie glücklich, denn alle haben ihren Platz wie in einem großen Bild zusammengeklebt aus vielen kleinen Papierschnipseln.

Warmherzige Szenen

Die Illustrationen von Jacky Gleich tragen eine wunderbare Handschrift. Mit wenigen Farben und Schattierungen aus Rot-Orange oder Blau-Grün werden warmherzige Szenen eingefangen und gleichzeitig wird durch die Farbe Weiß viel Spielraum für diecIdentifikation mit den einzelnen Figuren ermöglicht. Diese eingangs beschriebenen Seiten vom Leben mit Geschwistern werden uns von der Autorin und Künstlerin Rocio Bonilla mit ihrem Wende-Bilderbuch, welches den passenden Titel

„Geschwister”

(Jumbo Verlag, 56 Seiten, ab drei Jahren)trägt, absolut treffend präsentiert. Schlägt man das gelbe Cover auf, lernt man die Ich-Perspektive des Bruders kennen - er mag seine große Schwester nicht: Er fühlt sich klein durch sie, findet sie furchtbar langweilig und sie macht ihn schrecklich wütend.

Aber da gibt es noch die andere Seite: Die große Schwester ist da, wenn er Angst vor Monstern hat, baut die höchsten Türme und bringt ihm Neues bei. So schlecht ist es scheinbar nicht, zu zweit zu sein… Schlägt man auf der anderen Buchseite das türkise Cover auf, lernt man die Ich-Perspektive der Schwester kennen - sie mag ihren kleinen Bruder einfach nicht: Er ist lästig und macht alles kaputt, er ist eine Qual und total verrückt.

Aber irgendwie vermisst sie ihn auch, wenn er weg ist. Und er kann tolle Geschichten erfinden und sie zum Lachen bringen. So schlecht ist es vielleicht nicht, zu zweit zu sein…

Dieses Bilderbuch trifft, sowohl in Sprache als auch Bild, den richtigen Ton beim Thema Geschwister: Humorvoll-komisch mit ernsthaftem Beiklang und direkt aus dem Alltag gegriffen, kommt vor allem die große Bandbreite der Gefühle der beiden Kinder nicht zu kurz, wenn es um ihr Verhältnis zueinander geht. Die Wahl, sowohl die beiden Sichtweisen der Kinder als auch die unterschiedlichen Seiten einer Geschwisterbeziehung mit einem Wende-Bilderbuch darzustellen, ist absolut passend und gelungen.

Zu guter Letzt hält die Geschichte in der Buchmitte, bei der beide Perspektiven, Gedanken und Gefühle der Geschwister zusammenkommen, eine lustige Überraschung bereit, die Platz für jede Menge Unterhaltung und Austausch lässt.

Mehr Infos unter www.kinderbuchstabensuppe.de und in den Sozialen Medien.

Kinderbuchstabensuppe über Geschwister-Leben
Lichtenfels Iris Birger und Stefanie Fischer sind Kinderbuch-Bloggerinnen. Mit ihrer Kinderbuchstabensuppe geht es vo...

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