LICHTENFELS

Herbstmarkt und Einkaufssamstag: Gewusel wie lange nicht mehr

Herbstmarkt und Einkaufssamstag: Gewusel wie lange nicht mehr
Wurzelwerk geflammt - so entsteht aus Kunstfertigkeit und Natur etwas von ästhetischem und praktischem Wert. Foto: Markus Häggberg

Ein solches Gewusel hat die Korbstadt schon lange nicht mehr erlebt. Und es hätte sogar mehr sein können. Beim Lichtenfelser Herbst- und Kunsthandwerkermarkt habe man „mehr Anfragen als Platz zu vergeben“ gehabt, wie Citymanager Steffen Hofmann es ausdrückte. Bei bestem Wetter herrschte ein Feilschen, Befühlen, Betrachten von Waren zwischen Rathaus und Floriansbrunnen.

Selbst gehäkelte Wollsocken? Linsen oder Glasmalerei? ...

Selbst gehäkelte Wollsocken? Etageren aus Ton? Linsen oder Glasmalerei? Oder doch lieber Holzschalen aus Wurzelwerk? Was die 35 Stände der Fieranten vor Ort anboten, war ein Querschnitt aus allerlei kunsthandwerklichen oder auch praktischen Hobbys. Und es gab so etwas wie einen Ansturm auf das Ereignis. Der lag nicht nur auf Seiten der mitunter dicht gedrängt gehenden Schaulustigen, sondern auch bei den Händlern selbst. „Wir hatten auch viele Erstaussteller und bis gestern (Freitag) haben noch welche angerufen um mitzumachen“, so Hofmann.

2020 gab es diesen Markt, der ein gemeinsames Kind von Aktionsgemeinschaft Treffpunkt Lichtenfels und Stadtmarketing e.V. ist, auch schon. Damals machten 20 Stände mit. Nun erfuhr diese Zahl eine Steigerung um satte 75 Prozent. In diesem Zusammenhang wirkt es beinahe irritierend-lustig, wenn Hofmann davon spricht, dass das Ereignis „langsam wachsen müsse“.

Herbstmarkt und Einkaufssamstag: Gewusel wie lange nicht mehr
Viele Menschen kamen aus dem Umland und der Stadt selbst, um die Innenstadt zu bevölkern. Foto: Markus Häggberg

Aber was er mit seinem Satz auch sagen will, ist, dass der Ansturm ein kontrollierter war. Man habe ein Auge darauf gelegt, dass kein Warenangebot und Sortiment unverträglich oft vertreten war. „Wir wollen auch, dass sie (Fieranten) was verdienen und sich Kunden und Besucher nicht an zu vielen Ständen mit gleicher Ware verlieren“, so Hofmann weiter.

Susanne Mohkorn ist als Multiplikatorin sehr erfolgreich

Uschi Hasslauer ist eine aus dem Heer der Fieranten. Aus Herzogenaurach ist sie angereist und was sie bietet, sind Mützen, Mützen, Mützen. „Die nähe ich alle selber“, sagt sie und sie sagt noch etwas: „So weit, wie nach Lichtenfels fahren wir sonst nie auf Märkte.“ Das ist ein Statement. Uund es wird noch angereichert durch den Eindruck, wonach „hier ganz nette Leute sind“. Was die Mittelfränkin den Besuchern des Marktes zugute hält, ist eine gewisse Unkompliziertheit. „Da muss man nicht dauernd erklären, ob das hier Bio-Baumwolle ist und dass es auch nicht aus Kinderhänden stammt“.

Herbstmarkt und Einkaufssamstag: Gewusel wie lange nicht mehr
Ihr Name wurde auf dem Markt oft genannt: Susanne Mohnkorn. Die Lichtenfelserin betrieb bei ihren Marktbesuchen andernor... Foto: Häggberg

Eigentlich, so die Frau, die ansonsten noch als Heilpädagogische Förderlehrerin berufstätig ist, sei man lediglich auf Märkten in Mittelfranken unterwegs, doch bei Lichtenfels werde man schwach. Auf einem Markt in ihrer Heimat sei sie von der Lichtenfelserin Susanne Mohnkorn auf ein mögliches Kommen und Mitmachen angesprochen worden. Dann folgte auch bald ein Mailaustausch.

Gut drei Meter lang ist Hasslauers Stand, der aus Holz besteht und vom Lichtenfelser Stadtbauhof zur Verfügung gestellt wurde. 40 Euro kostet er Miete. Das „Problem“ hat der Schnapsbrenner aus dem Raum Haßfurt neben ihr nicht. Er ist mit eigenem Vehikel da. Ob er im nächsten Jahr wieder in Lichtenfels sein wird, war nicht zu erfahren. Aber Hasslauer will. „Auf alle Fälle.“

In die Geheimnisse fernöstlicher Medizin gelockt

Als Ute Roth über den Markt schlendert, da schlendert sie auch in Richtung Floriansbrunnen. Plötzlich wird sie stutzig und findet etwas interessant. Die Rede ist von Shiatsu, der japanischen Form der Akupressur also. Eine Liege steht hier auf dem Pflaster in aller Öffentlichkeit bereit – soll sie Platz nehmen und sich mal bekneten lassen? Ute Roth wagt es und lässt sich von Krankengymnastin und Heilpraktikerin Andrea Weber in die Geheimnisse fernöstlicher Medizin locken.

Unweit dieser Szene steht ein Stuhl, der unzweifelhaft mal zu einem Baumstamm gehörte. Er findet sich unter dem Baldachin eines Standes von Alexander Herz, seines Zeichens Holzskulpteur aus Lichtenfels.

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Auch der Töpferkunst ward Raum geboten. Foto: Markus Häggberg

„Skulpturen für Garten und Parks“, so sagt er, fertige er an. Eine solche besitze von ihm auch ein Arzt in Rheinland-Pfalz. Dann zückt der Mann ein Foto-Album; darin zu sehen ist ein hölzerner Adler, der von einer hölzernen Wildkatze beschlichen wird. Und außerdem auch ein Schiff auf einem Kinderspielplatz bei Uetzing. Am Bug des Schiffes hat Herz für eine Gallionsfigur gesorgt.

„Viele Leute spielen

heutzutage ja nur mit

ihrem Handy. Aber hier

kann man sich auch mit Leuten unterhalten,

die man nicht kennt.“

Alexander Herz (58), Holzskulpteur aus Lichtenfels

Alles was er braucht, ist eine Motorsäge und Schnitzmesser. Was der 58-Jährige an der ganzen Veranstaltung hier gut findet? „Ich habe heute nur freundliche Leute hier am Stand gehabt“, sagt er und freut sich, dass hier das bewusste Betrachten miterlebt werden kann. „Viele Leute spielen heutzutage ja nur mit ihrem Handy. Aber hier kann man sich auch mit Leuten unterhalten, die man nicht kennt.“

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Linsen gefällig? Isabell Kremer servierte am Stand der Familie Probierhäppchen naturgesunder Kost. Foto: Markus Häggberg

um Unterhalten ist man auch am Stand der Familie Kremer aus dem Lichtenfelser Ortsteil Roth aufgelegt. Bio-Erzeugnisse sind ihre Stärke. Auf einem Schild prangt besonders groß das Wort „Linsen“. Enkel Fabian ist 15 Jahre alt, aber kann von Linsen erzählen, davon, dass sie eigentlich aus dem mediterranen Raum stammen und davon, dass sie magere und kalkhaltige Böden mögen, so wie sie der Jura vorhält.

Linsen, Kartoffeln und alte Apfelsorten finden sich hier. Freilich auch Kürbisse. Der Bitte, doch mal die Besucher hier zu charakterisieren, kommt Opa Andreas Kremer nach. „Sie sind bewusste Menschen, legen Wert darauf, dass sie gesunde Lebensmittel finden und gucken nicht so auf den Preis“, erklärt er. Dann fällt am Stand ein Name: Susanne Mohnkorn. Sie also wieder, auch hier intervenierend gewesen.

An den Geschäften ist überall der rote Teppich ausgerollt

Will man zu Susanne Mohnkorn, dann muss man in die Laurenzistraße und zu ihrem Laden „Denkmal an … Schmuck“ gehen. Auch an ihm, wie an so manchen Geschäften der Innenstadt, ist der rote Teppich für Kundschaft ausgerollt. Geschuldet ist das dem Umstand, dass ja nicht nur Kunst- und Handwerkermarkt ist, sondern überdies noch ein Einkaufssamstag, für den die Einzelhandelsgeschäfte nicht selten ihre Lager räumen.

Mohnkorn, im Vorstand des Stadtmarketingsvereins und der Aktionsgemeinschaft Treffpunkt, ist selbst seit 30 Jahren auf Märkten unterwegs. „Dort spreche ich halt auch Mitaussteller an, die vom Sortiment zu uns passen.“

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Es war ein bunter Markt, auf dem es zu stöbern, zu handeln und zu staunen galt. Foto: Markus Häggberg

30 Jahre Markterfahrung sind auch 30 Jahre geschultes Auge dafür, wessen Waren etwas taugen. Bringt man ins Spiel, dass sie auf diese Weise schon eine Art Ein-Frau-Jury für die Vorauswahl der anreisenden Fieranten sein dürfte, lässt Mohnkorn das so stehen. Sie hat gute Einblicke in die Planung des Geschehens und das Wieso des Ganzen. „Wir sind eine kreative Stadt, wir sind Flechter, wir sind Korbstadt, wir sind 3D-STadt – also der richtige Ort für einen Kunsthandwerkermarkt.“

20 Holzverkaufsstände würde der Stadtbauhof vorhalten. Und 19 wurden besetzt, weiß sie zudem, eben weil sich viele Direktvermarkter gemeldet hätten und weil diesen durch Corona auch viele Märkte weggefallen seien. Es gebe also einen Hunger auf Märkte und Marktgeschehen zwischen Spirituosen und Marmeladen, Skulpturen, Tongebranntem und alledem.

Oder wie sagte Angela Börnicke, die Tongefäße und anderes anbot: „Man hat das Gefühl, dass ganz aktive Menschen hier leben. Man hat auch den Eindruck, es ist gut organisiert. Jedesmal gib' s keine Probleme.“

Herbstmarkt und Einkaufssamstag: Gewusel wie lange nicht mehr
Ute Roth ging es gut. Sie lag aus purer Neugierde gegenüber fernöstlichem Wissen auf der Shiatsu-Liege. Foto: Markus Häggberg
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Uschi Hasslauer kommt gerne nach Lichtenfels. Es ist sogar der einzige Ort außerhalb Mittelfrankens, den die Herzogenaur... Foto: Markus Häggberg
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Zwischen Korbwaren und Töpfereien, Gestricktem und Gemaltem war der Marktplatz äußerst belebt. Foto: Markus Häggberg
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Schönes kann auch praktisch sein. Der Lichtenfelser Kunsthandwerkermarkt hat das bewiesen. Ein Konzept, das Zukunft hat ... Foto: Markus Häggberg
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Des einen Freud, des anderen Leid: Für Geselligkeit und Wohlgeschmack landete ein Schwein wohlriechend am Spieß. Foto: Markus Häggberg
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Dem Ereignis und dem Kunden gegenüber rollten Geschäfte rote Teppiche aus. Auch sie profitierten vom Aufkommen in der St... Foto: Markus Häggberg

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