
Bei Problemen im erzieherischen Alltag, die Familien nicht mehr alleine lösen können, unterstützen die Erziehungsbeistandschaften der Ambulanten Hilfen der Geschwister-Gummi-Stiftung. Die Fachkräfte arbeiten mit den Kindern und Jugendlichen alltagsnah und unter Einbezug des gesamten sozialen Umfelds.
Kai (Name aus Datenschutzgründen geändert und Fallbeispiel konstruiert) ist 14 und manchmal ist ihm alles zu viel: Die Stille zu Hause, denn seine Mutter muss nach der Trennung von seinem Vater nun mehr arbeiten, auch nachts. Der Lärm in der Klasse und all die anderen „coolen“ Schüler. Diese blöden Youtubevideos, die andere von ihm gemacht haben, der schwierige Schulstoff… und dann kracht es. Oft und laut. Kai schreit seine Mutter an, diese schreit weinend zurück. Die Türen knallen – und Kai ist wieder alleine.
„Richtig erziehen“ eine große Herausforderung
„Richtig erziehen“ war und ist schon immer die größte Herausforderung des elterlichen Daseins. Doch tragfähige Beziehungen zwischen Kindern und Eltern aufzubauen und zu bewahren, den Alltag zu meistern und Perspektiven zu schaffen bedeuten manchmal Überforderung und Unsicherheit für beide Seiten. Der gesellschaftliche Wandel mit den Chancen und Risiken der neuen Medien, der oft erzwungenen Flexibilität in Privat- und Arbeitswelt und dem hohen Druck in vielen Lebenslagen kann Eltern, aber auch Kinder und Jugendliche zusätzlich schwer belasten.
Bernd Amon ist im Team der Ambulanten Hilfen der Geschwister-Gummi-Stiftung tätig und weiß: Werden diese Krisen zu übermächtig, dann können Erziehungsbeistandschaften die Familien begleiten und wieder zu mehr Selbstständigkeit anleiten.
Die ambulante Hilfeleistung der Erziehungsbeistandschaft für Kinder und junge Heranwachsende erstreckt sich in der Regel über einen längeren Zeitraum, meist ein bis zwei Jahre, oft über mehrere Jahre und ist geprägt von Alltagsnähe, Beratung und Vermittlung zwischen verschiedenen Akteuren im sozialen Umfeld. Nach einer Genehmigung der Maßnahme durch das örtliche Jugendamt folgen intensive Wochen des Kennenlernens zwischen Familie und zugewiesener Fachkraft. Diese hat in der Regel eine pädagogische Ausbildung, beispielsweise als Erzieherin oder Erzieher, Sozialpädagogin oder Sozialpädagoge – wie Bernd Amon.
Er ist seit neun Jahren bei der Geschwister-Gummi-Stiftung tätig. „Die Beziehungsphase ist ungeheuer wichtig. So können Fähigkeiten und Ängste erkannt und spätere Ziele vorbereitet werden, gleichzeitig wird Vertrauen aufgebaut.“ Dies geschieht in Form von Gesprächen, aber auch regelmäßigen Besuchen im häuslichen Umfeld der Familien und im Rahmen gemeinsamer Freizeitbeschäftigungen. Nach einem Hilfeplangespräch, bei dem konkrete Ziele für den Alltag und die jeweiligen Beziehungen der Beteiligten festgelegt werden, unterstützt die Fachkraft ein- bis zweimal in der Woche individuell: Es geht um Regeln und Grenzen, Rechte und Pflichten, Verstärkersysteme, dem Umgang mit Emotionen und Elterliche Präsenz. Es geht um eine Vermittlung zwischen Eltern und Kindern, der Wahrnehmung und Achtung von Bedürfnissen und einer guten Kommunikation. Meist findet auch ein Austausch mit anderen Institutionen wie bspw. der Schule statt, um stabile Zukunftsperspektiven zu entwickeln.
Bernd Amon unterstützt derzeit elf Familien im Rahmen der Erziehungsbeistandschaften. Im konkreten Alltag begegnet ihm immer wieder die schwierige Frage nach einem adäquaten Medienkonsum. Dabei geht es sowohl um die Nutzungsdauer als auch die Inhalte der Beschäftigung. „Als ich vor 20 Jahren meine Arbeit begonnen habe, gab es nur einfache Handys und von so manchen verbreiteten Baller-Spielen keine Spur. Das ist heute anders“, berichtet der 46-Jährige auf die Frage nach einer Veränderung der Kinder-und Jugendhilfe in den vergangenen Jahren.
Ein angemessener Umgang mit den sozialen und anderen Medien, der auch Einfluss auf die Persönlichkeit, der Emotionsregulierung und der Beziehung zur Umwelt haben könne, bildet eines der Themen seiner Arbeit.
Fachkräfte – aber keine Übereltern
Der Erfolg der gesamten Maßnahme mit ihren individuellen Zielen hängt von den Ressourcen der Familie, der Beziehungsqualität zwischen Fachkraft und Familie und maßgeblich von den Beteiligten selbst ab: Die Mitwirkung der Akteure gestaltet sich verschieden, das Angebot der Erziehungsbeistandschaft basiert auf Kooperationsbereitschaft. Dieses ist für das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ wichtig: Die Eltern sollen in der Erziehung ihrer Kinder nicht entmündigt werden. „Wir Fachkräfte sind keine Übereltern und wollen die Eltern auch nicht ersetzen“, betont Bernd Amon und verweist dabei auf die verbreitete Falschannahme, dass sein Team und er etwa eine Kontovollmacht und weitere tiefgreifende Rechte besäßen. „Denn das stimmt nicht.“
Die schwierigen Situationen in den Familien und der jeweilige Hilfebedarf werden regelmäßig im Team der Ambulanten Hilfen besprochen und gemeinsam mit dem Jugendamt überprüft und bei Bedarf fortgeführt. Auch sind Hilfen für junge Volljährige auf Basis der Erziehungsbeistandschaft möglich.
Steigender Bedarf an Maßnahmen
Der Bedarf an Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Mitunter sind es Lebensbrüche wie beispielsweise eine Trennung oder eine psychische Erkrankung der Eltern, die ein intaktes Familienleben belasten können. Die zunehmende Individualisierung und der Wegfall von traditionellen Rollenmustern führen auf der einen Seite zu einer freieren Gestaltung des Familienlebens, aber auf der anderen Seite auch zu Verunsicherung.
Die Corona-Pandemie mit ihrer Tendenz, existierende Anspannungen und Probleme zu verstärken, werde sicher auch Einfluss auf zukünftige Statistiken haben. „Die Frage, die sich stellt, ist aber auch, ob es nicht früher auch diesen Bedarf gegeben hat, die Hilfen zur Erziehung heute nur eher genutzt werden“, überlegt Bernd Amon.
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