COBURG

Forschungsprojekt mit Senioren der Hochschule Coburg

Zum Abschluss des Projekts „Gusto“ erklären Felix Zastrow und Prof. Dr. Holger Hassel, was sie über die Gesundheits- und Ernährungskompetenz von Seniorinnen und Senioren herausgefunden haben. Foto: Natalie Schalk/Hochschule Coburg

Wie einfach ist es für Seniorinnen und Senioren, etwas für die eigene Gesundheit und Ernährung zu tun? Und wie können sie unterstützt werden? Das war Thema des Forschungsprojekts „Gusto“ der Hochschule Coburg. Prof. Dr. Holger Hassel und der wissenschaftliche Mitarbeiter Felix Zastrow sprechen im Interview, das das Obermain-Tagblatt von der Pressestelle erhalten hat, über die Ergebnisse eines Gruppenprogramms, das sich mit der Coronakrise immer wieder verändert hat. Jetzt endet das Projekt. „Gusto“-Gruppen wird es weiterhin geben.

Frage: „Gusto“ steht für „Gemeinsam gesund älter werden mit Genuss“. Worum geht es?

Felix Zastrow: Die Förderung der Gesundheits- und Ernährungskompetenz von Menschen ab 65 Jahren. Im Januar 2020 ist das Gruppenprogramm mit 130 Teilnehmenden bayernweit in zehn Einrichtungen gestartet. Beispielsweise in Mehrgenerationenhäusern und Begegnungsstätten. Dort trafen sich Senior:innengruppen und bearbeiteten selbstständig Ernährungsthemen. In den ersten Gruppentreffen standen Themen wie Öle und Fisch oder Zubereitungstechniken und Energiedichte auf dem Programm. In der zweiten Phase setzten die Gruppen selbstständig Ernährungsprojekte um.

Prof. Holger Hassel: Das Besondere für mich war der soziale Austausch in Gruppen, das gemeinsame Ausprobieren und dass die Gruppen fast ganz ohne Expert:innen zurechtgekommen sind. Im Gruppenprogramm kamen die gemeinsamen Projekte wie beispielsweise Gewürze und Kräuter in der Region gut an. Für alle war die größte Herausforderung, bei selbstständigen Recherchen insbesondere im Internet die richtigen Informationen zu finden.

„Guso“ musste wegen Corona zeitweise digital überbrücken – bringt der Digitalisierungsschub, von dem so oft die Rede ist, älteren Menschen im ländlichen Raum neue Möglichkeiten, an solchen Formaten teilzunehmen?

Hassel: Das hört sich schön an. Aber so einfach ist es leider nicht. Die Menschen müssen sich erst einmal in das Thema hineinfinden. Auf der einen Seite gibt es die 86-Jährige, die mit ihrer Tochter in Sidney regelmäßig Videokonferenzen durchführt. Auf der anderen Seite trauen sich manche gar nicht, den Computer einzuschalten. Aber wie leitet man jemanden an, dem man im Lockdown nicht in die Augen schauen kann?

Wir waren sehr froh, dass das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege auch unser Überbrückungsprogramm gefördert hat, und wir haben dabei alles genutzt, um die Teilnehmenden nicht zu verlieren: von der Postkarte über Telefonketten bis zur WhatsApp-Gruppe. Aber so etwas darf nicht wie Kaugummi in die Länge gezogen werden. Am Ende haben vier Gruppen das Projekt abgeschlossen.

Was konnten Sie unter diesen Bedingungen herausfinden?

Zastrow: Wir haben zwei Fragebogenerhebungen durchgeführt. Die Gesundheitskompetenz hat sich im Lauf des Gruppenprogramms verbessert. Dabei geht es einfach gesagt darum, wie schwer oder leicht es jemandem fällt, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und im Alltag anzuwenden.

Die Ernährungskompetenz blieb fast gleich. Allerdings ist es möglich, dass die Teilnehmenden sich am Anfang besser eingeschätzt haben, im Verlauf des Programms kritischer wurden und festgestellt haben, dass noch Nachholbedarf besteht.

Hassel: Gerade bei der Ernährung spielen praktische Fähigkeiten eine große Rolle; es ist schwierig, die Kompetenz hier objektiv zu messen. Wir haben internationale Forschungsprojekte einbezogen und vor allem auf einem Fragebogen holländischer Kolleginnen und Kollegen aufgebaut. Die Messherausforderungen werden aktuell viel diskutiert, und in den nächsten Jahren wird sich da gewiss noch einiges bewegen. Das ist auch dringend nötig: Nach dem Ernährungsbericht der Bundesregierung haben die Älteren gleich mehrere Herausforderungen. Ein großes Problem ist, dass immer mehr dieser Personengruppe übergewichtig werden.

Ist das nicht ein gesamtgesellschaftliches Thema?

Hassel: Bei den Älteren ist es besonders deutlich ausgeprägt. Auch die Hochbetagten, die früher zunehmend unterernährt waren, kämpfen heute eher mit Übergewicht. Bei „Gusto“ versuchen wir zu erreichen, dass sich Teilnehmende aktiv mit einer ausgewogenen Ernährung auseinandersetzen und gemeinsam Neues ausprobieren.

Was bleibt von „Gusto“?

Hassel: Der Wissenstransfer. Zum einen gibt es mit www.gusto-jetzt-geniesse-ich.de eine schöne, informative Homepage. Zum anderen haben Teilnehmerinnen, Teilnehmer und Einrichtungen ein Interesse daran, die Gruppen weiterzuführen.

Die Hochschule Coburg unterstützt die Erwachsenenbildung, indem zum Beispiel die erprobten Modulhandbücher und Schulungskonzepte für Gruppenleitungen von weiteren sozialen Einrichtungen selbstständig genutzt werden können.

Anmerkung: Mit dem Caritas-Quartiersstützpunkt „In der Heimat wohnen“ in Altenkunstadt und dem BRK-Mehrgenerationenhaus in Michelau waren auch zwei Einrichtungen aus dem Landkreis Lichtenfels an dem Projekt beteiligt.

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