
„Jetzt schnappt sich jeder seinen Stuhl und dann geht´s raus“, forderte Georg Deuerling, Leiter des Sachgebietes Kanal- und Straßenbau der Stadt Lichtenfels, die immer zahlreicher werdenden Besucherinnen und Besucher auf.
Das Gemeindehaus platzte bereits rund 30 Minuten vor Beginn der Bürgerversammlung aus allen Nähten. Kurzerhand wurde der Löschanhänger der Feuerwehr beiseite geschoben, und jeder fand seinen Platz auf Stühlen, Bierbänken oder halt als Stehplatz.
Freude über großes Interesse
Bürgermeister Andreas Hügerich zeigte sich erfreut über das große Interesse. Doch das war mit Sicherheit nicht verwunderlich, ging es doch um zahlreiche Baumaßnahmen im Ort. Nach einer kurzen Einführung durch Hügerich begann Deuerling mit seinen Ausführungen. Im Einzelnen ging er auf die Maßnahmen im Kanal- und Wasserleitungsbau und dem darauffolgenden Straßenbau ein, während Harald Hucke sich mit dem Hochwasserschutz befasste.
Deuerling erläuterte kurz den Prozess, der den Baumaßnahmen vorausging. „Begonnen haben wir mit den ersten Planungen bereits 2017“, erklärte er. Es folgten die Wirtschaftlichkeitsberechnung und weitere Planungsrechtliche Schritte. „Wir standen vor der Wahl: eine Kleinkläranlage oder die Anbindung an das Kanalnetz der Stadt Lichtenfels. Wirtschaftlich ist die Anbindung die bessere Lösung.“
Starkregen macht Sorgen
„Was uns Sorgen macht, das sind Starkregenereignisse. Machen wir uns nichts vor: Sie werden zunehmen“, mahnte Deuerling. „Und das Wasser müssen wir wegbringen.“ Doch das sei auch ein Thema für den Hochwasserschutz. Deuerling erläuterte weiter, dass man Schmutzwasser und Regenwasser trennen müsse. Daher würden für jedes Grundstück zwei Anschlüsse vorgesehen. Einmal für alles, was „vom Himmel fällt“ und einmal für das, was aus dem Haus kommt. „Wir legen die Anschlüsse bis an das Grundstück. Alles, was dann kommt, ist Eigentümersache.“
Doch es gebe die Möglichkeit, den Hausanschluss bis zirka zwei Meter in das Grundstück hineinzulegen. „Das würden wir machen lassen, wenn ihr uns damit beauftragt. Und wir rechnen das mit euch ab“, erläuterte er. „Das ist mit Sicherheit etwas günstiger, als wenn jeder eine eigene Firma beauftragt.“
Für schnelles Internet
Gleichzeitig mit dem Kanal würden bereits die Leerrohre für schnelles Internet eingebaut, die im Anschluss an die Provider vermietet werden können. „Das spart erstens Kosten. Und zweitens reißt uns danach keiner mehr die Straße auf, weil jemandem einfällt, man könne ja doch Glasfaser legen.“
Und, so Deuerling lächelnd, mit der Miete käme halt auch wieder Geld zurück. „Wenn ihr aber dann euren Hausanschluss legt, legt direkt Leerrohre mit rein für Internet. Dann müsst ihr danach nicht mehr buddeln“, ergänzte er.
Beim Thema Straßenbau, der sich an den Kanalbau anschließt, kamen die Fragen. „Kann man nix machen, dass die da beim Ortseingang nicht mehr so hier reinschießen?“, fragte eine Anwohnerin. Sowohl Bürgermeister Hügerich als auch Deuerling betonten, dass man sich das alles genau ansehen werde. „Ihr seid da gefragt. Wir müssen wissen, was genau ihr wollt. Und dann prüfen wir, ob es machbar ist“, betonte der Rathauschef. „Was wir nicht machen wollen, das sind irgendwelche Pflastersteine oder Hubbel einbauen“, ergänzte er, was im Publikum auf breite Zustimmung stieß.
Auf Sperrung hinweisen
Ein Anwohner meinte, man müsse die Verkehrsteilnehmer früh genug vor Tiefenroth schon auf die Sperrung hinweisen. „Sonst stehen die auf einmal vor der Baustelle und versuchen dann, über die Wirtschaftswege zu fahren.“ Auch hier werde man versuchen, eine Lösung zu finden, ebenso für die Anwohner, die zu ihren Häusern müssten.
„Es geht leider nicht anders, als mit einer Vollsperrung“, bedauerte Deuerling. „Das geht halt am einfachsten und ist wohl auch die schnellste Alternative.“ Doch werde man versuchen, die Belästigungen und Behinderungen so gering wie möglich zu halten. Dazu gehöre auch, dass man den Aushub nicht, wie sonst üblich, wegfährt und neues Material heranbringt. Man werde den Aushub, der anfällt, vor Ort wieder verarbeiten, mit Wasser und Zusätzen wieder einbringen und spare sich so die Kosten für die Entsorgung und hunderter Fahrten. „Und es wird schneller gehen.“
Ganzheitlich betrachten
Deuerling erläuterte noch einige Einzelheiten, bevor Harald Hucke auf den Hochwasserschutz einging. „Das muss ganzheitlich betrachtet werden. Und wir dürfen auch die anderen Ortschaften dabei nicht außer Acht lassen.“ Daher seien zwei Dammwerke und ein Rückhaltebecken geplant.
„Es ist ein integrales Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept. Wir wollen aber Tiefenroth als Erstes machen“, ergänzte er. Insgesamt seien zwei Jahre dafür vorgesehen.
Am Schluss wurde es jedoch ernster. Horst Sünkel vom Sachgebiet Finanzen und Abgaben bereitete die Einwohnerinnen und Einwohner auf die Kosten vor, die auf sie zukommen. „Man muss das trennen“, begann er. „Da sind einmal die einmaligen Kosten und dann die wiederkehrenden.“ Anhand einer Beispielrechnung zeigte er auf, was die Maßnahmen für die Grundstückseigentümer kosten werden.
Kosten vorgerechnet
Berechnet würde nach Grundstücksgröße und Wohnfläche. Dabei werde je Quadratmeter Grundstück ein Betrag von 1,30 Euro fällig, bei der Wohnfläche 11,01 Euro. Wobei ausgebaute Dachgeschosse zu 60 Prozent berechnet würden, Wintergärten, Pergolas oder ähnliches mit direktem Zugang zum Haus fielen mit hinein. Garagen dann, wenn sie einen Ablauf hätten oder aber mit dem Haus direkt verbunden seien.
Bei einem Grundstück mit 1000 Quadratmetern und einer Gesamtwohnfläche mit 240 Quadratmetern kämen an einmaligen Kosten etwa 3492 Euro auf die Eigentümer zu. „Davon wäre die Hälfte vor Beginn, also Anfang 2024, fällig, der Rest nach Abschluss der Maßnahme.“
Er wies weiter darauf hin, dass zusätzlich ja die Abwassergebühren kämen. Und da könne man durch die gesplittete Abwassersatzung doch den ein oder anderen Euro sparen. „Jeder Kubikmeter, den ihr versickern lasst, spart euch bares Geld.“
Sünkel erläuterte auch das Förderprogramm der Stadt für Zisternen, Entsiegelungen und Gründächer (das OT berichtete). „Also alles, was vom Himmel fällt und mein Grundstück nicht verlässt, ist umsonst?“, wollte ein Anwohner wissen. „Im Prinzip ja. Wenn das Regenwasser vom Dach in die Zisterne geht und dann versickert, kostet es nichts. Geht es aber in den Regenwasserkanal, kostet es Gebühren“, vereinfachte Sünkel. „Das muss dann für jedes Grundstück separat berechnet werden.“
Er hatte für jeden Eigentümer Infomappen dabei, um das Gehörte nachzulesen, wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde.
Start im Augusr
Ein Blick auf die Dauer der Maßnahme rundete die Versammlung ab. Geplant ist mit dem Beginn ab circa August, die endgültige Fertigstellung mit dem Hochwasserschutzkonzept wäre für 2025 vorgesehen.
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