
Es begann bei Rock im Park vor rund sieben Jahren. Sebastian Leicht und Marco Knobloch hatten genug von warmem Bier und ungenießbaren Bratwürsten. Es musste doch eine Lösung geben, um Getränke, Bratwürste und Co. auch über mehrere Tage hinweg kühl zu halten. Also wurde experimentiert und gebastelt, zuerst in der heimischen Badewanne, später in Opas Garage in Nedensdorf.
Aus dieser anfänglichen Tüftelei ist mit Gründung der easy2cool GmbH nicht nur ein Unternehmen für nachhaltige Kühlkonzepte hervorgegangen, sondern auch ein innovativer Mittelständler, dessen Erfolgsstory gerade weiter Fahrt aufnimmt.
Vom Kühlakku zur Komplettlösung
Knapp 70 Mitarbeiter zählt die easy2cool GmbH mittlerweile. Die meisten davon sind am Lichtenfelser Standort im Gewerbegebiet An der Zeil in Schney tätig. Dort werden auf 5500 Quadratmetern ökologische Kühlkomponenten hergestellt, die sowohl vom Endverbraucher als auch von der Industrie genutzt werden. „Wir haben 2015 zunächst mit der Produktion von Kühlakkus angefangen, die beispielsweise von Metzgereien für den Versand von Wurst und Fleisch eingesetzt wurden“, erläutert Geschäftsführer Sebastian Leicht. „Allerdings haben wir schnell gemerkt, dass sich viele Kunden eine Komplettlösung wünschen. So haben wir uns an die Entwicklung von ganzheitlichen Kühlkonzepten gemacht, die bezahlbar, aber vor allem auch ökologisch sind.“
Als Resultat sind umweltfreundliche Kühlboxen und Isolierverpackungen aus recyceltem Altpapier entstanden. Während die Boxen insbesondere von Festivalbesuchern und Campern eingesetzt werden, um Lebensmittel vier Tage lang ohne Strom kühl halten zu können, werden die Isolierverpackungen von Unternehmen für die Versandkühlung genutzt.

Herzstück beider Lösungen ist die sogenannte „paperfloc“-Technologie, die in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden entwickelt worden ist. Die Zusammenarbeit wurde erst kürzlich vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als „FuE-Kooperationsprojekt des Jahres“ im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) ausgezeichnet.
Zellulosefasern als Isoliermaterial
Ein Blick in die Produktionshallen des Mittelständlers verrät: Bei der „paperfloc“-Technologie sind große Mengen an Altpapier im Spiel, die als riesige Ballen im Werk angeliefert werden. Dabei handelt es sich um Überreste aus der Kartonagen-Produktion, die im Zuge eines durchdachten Produktionsprozesses wieder zu neuem Leben erweckt werden. Zunächst heißt es schreddern und dann zerfasern, so dass ein innovatives Isolationsmaterial entsteht, welches anschließend in Naturfaserverpackungen gefüllt wird. Das Ergebnis sind „paperfloc“-Isoliermatten, die nach einer abschließenden Qualitätskontrolle direkt in die Festival-Kühlboxen eingebaut oder für den Versand an Kunden vorbereitet werden.
Die Isolierung aus Papierflocken sei deutlich ressourcenschonender in der Herstellung als Styropor und könne problemlos zu 100 Prozent in den bestehenden Recyclingkreislauf rückgeführt werden, wie Sebastian Leicht weiter erläutert. Der gebürtige Lichtenfelser verweist dabei auch auf den geringen ökologischen Fußabdruck der Verpackungslösung: „Im Vergleich zu Styropor wird bei der Produktion von Zellulosefasern etwa 25-mal weniger Energie aus nicht erneuerbaren Quellen gebraucht. Uns war es von Anfang an wichtig, ein recyclingfähiges Produkt zu entwickeln. Unser Ziel ist es, überall dort, wo heute bei der Versandkühlung noch Styropor verwendet wird, für einen nachhaltigen Ersatz durch unsere Altpapier-Lösung zu sorgen.“
Wachstumsschub durch Corona

Der Bedarf an Isolierverpackungen für die Versandkühlung wächst beständig. Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Thema weiter an Fahrt aufgenommen, da sich immer mehr Haushalte auch ihre Lebensmittel in Frischeboxen nach Hause liefern lassen. „Wir rechnen damit, dass sich der Marktanteil, welcher in Deutschland aktuell bei etwa zwei Prozent liegt, in den kommenden vier Jahren verdoppeln oder gar verdreifachen wird“, führt Sebastian Leicht an.
So ist es nicht verwunderlich, dass der innovative Mittelständler gerade im vergangenen Jahr enorm gewachsen ist. Im Zuge dieser Entwicklung wurden und werden neue Stellen geschaffen. Dazu gehören laut Sebastian Leicht auch solche, die es im Unternehmen bislang noch nicht gab, beispielsweise Business Development Manager oder Produktentwickler.
Doch auch in der Produktion und im Vertrieb sei man stets auf der Suche nach Personal, wie der Geschäftsführer erklärt: „Bei uns werden Innovation und Mitarbeiterentwicklung großgeschrieben. So hat beispielsweise unser Produktionsleiter als Produktionsmitarbeiter angefangen und uns im Laufe der Jahre von seiner Fachkompetenz und Führungsstärke überzeugen können.“
Investiert wird auch in die junge Generation. Das heißt, eine Ausbildung ist sowohl für Industriekaufleute als auch für Mechatroniker, Maschinen- und Anlagenführer und Fachkräfte für Lagerlogistik möglich. „Auch ungelernte Arbeitskräfte erhalten bei uns eine Chance“, so Sebastian Leicht. „Wir haben ab September auf jeden Fall noch verschiedenste Ausbildungsplätze frei.“
Pläne für die Zukunft

Langweilig wird es Sebastian Leicht und Marco Knobloch jedenfalls nicht. Die beiden schmieden bereits Pläne, um weitere Marktsegmente mit ihren nachhaltigen Kühlkonzepten abdecken zu können. Insbesondere im Bereich Life Science und Pharma sei ihrer Einschätzung nach noch Potenzial vorhanden. „Die wenigsten wissen, dass bei vielen Medikamenten eine Höchsttemperatur nicht überschritten werden darf. Werden diese versendet, sollte also auf eine entsprechende Isolierung geachtet werden, und wir bieten dafür eine ökologische Lösung“, klärt Sebastian Leicht auf.
Bevor es aber soweit ist, heißt es weitsichtig und mit Bedacht zu planen. Denn im Pharmabereich werden ganz andere Mindeststandards vorausgesetzt, was wiederum mit Zertifizierungen verbunden ist. Überstürzen wollen es die beiden nicht, wissen aber, dass sie den Spirit ihres jungen Unternehmens vor allem durch Innovationen aufrechterhalten – und durch ein gutes Klima in der bunt gemischten Belegschaft, die beständig wächst.
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