
Mit einer Kick-off-Veranstaltung beim Konsortialführer Valeo startete das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „DEKOR-X (Dezentraler Kommunikationsraum Kreuzung)“. Das Vorhaben ist Teil der Leitinitiative autonomes und vernetztes Fahren des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit rund 7,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Auch die Hochschule Coburg ist an dem Projekt beteiligt.
Im Straßenverkehr gehören innerstädtische Kreuzungen zu den schwierigsten Herausforderungen. Dies gilt bereits für menschliche Verkehrsteilnehmer, doch die fortschreitende Automatisierung macht es mehr und mehr auch zu einer technischen Aufgabe, den Verkehrsfluss und die Sicherheit an Kreuzungen zu optimieren. Kreuzungssituationen sind komplex, vielfältig und insbesondere bei höherem Verkehrsaufkommen nicht immer vollständig zu überblicken.
Gefahrenstelle Kreuzung: Hier setzt DEKOR-X an
Es entschärft die Gefahrenstelle Kreuzung durch sogenannte dezentrale Kommunikation, ohne dass dafür an jeder Kreuzung teure zusätzliche Infrastruktur zugebaut werden muss. Intelligente, automatisierte Fahrzeuge tauschen die Informationen aus ihrer Sensorik untereinander aus, erweitern ihr Sichtfeld und erhöhen somit die Sicherheit nicht nur für die Fahrzeuginsassen, sondern ebenso für nicht-motorisierte und nicht-automatisierte Verkehrsteilnehmer. Dies erlaubt es, zum Beispiel „um die Ecke zu blicken“ oder Informationen zu erhalten, was vor Fahrzeugen geschieht, die vor dem eigenen Auto stehen und die Sicht verdecken.
Weiterhin sollen gesammelte Informationen in eine Cloud wandern, wo daraus über lange Zeit erlernte Bewegungsmuster entstehen. Diese Modelle werden den vernetzten Fahrzeugen wieder zur Verfügung gestellt und tragen dazu bei, vor möglichen Gefahren zu warnen sowie Fahrweise und Fahrkorridor anzupassen. Im Projekt werden dazu Konzepte und Methoden zur Bewegungsmodellerzeugung, für Kommunikationskanäle und zur Informationsverarbeitung im Fahrzeug entwickelt.
Jörg Schrepfer, Standortleiter von Valeo in Kronach und Leiter der Fahrassistenzforschung, ergänzt: „Bei erfolgreicher Umsetzung von DEKOR-X ergibt sich eine Vielzahl von Pluspunkten: Emissionen werden durch einen abgestimmten Fahrzeugfluss und weniger Anfahr- und Abbremsmanöver gemindert, während die Sicherheit vor allem für Radfahrerinnen und Fußgänger steigt. Der in dem Projekt verfolgte dezentrale Ansatz ermöglicht schnelle und kostengünstige Lösungen für automatisierte Fahrfunktionen und wäre direkt auf andere urbane sowie ländliche Gebiete übertragbar.“
Ein KI-Modell soll das Verhalten von Verkehrsteilnehmern vorhersagen
Eine wesentliche Herausforderung in DEKOR-X sei es, die über die dezentrale Kommunikation zusammengeführten Daten zu nutzen, um verlässliche Informationen zu Gefahrensituationen zu erhalten, sagt Markus Fischer (Projektleiter Continental Automotive Technologies GmbH).
Continental werde mit diesen Daten im Projekt ein KI-basiertes Vorhersagemodell schaffen: „Dieses Modell ermöglicht es, das Verhalten der Verkehrsteilnehmer an der Kreuzung vorherzusagen. In kritischen Situationen kann diese Vorhersage dann dazu genutzt werden, Benutzer vor Gefahren zu warnen oder schützend in Fahrfunktionen einzugreifen.
Georg Geduld (CEO von DENSO ADAS Engineering Services GmbH): „In DEKOR-X werden maßgebliche Weichen für die deutsche Umsetzung der digital unterstützten Straße gestellt. Ziel der Entwicklung ist neben der Erhöhung der Verkehrssicherheit auch das Ausrollen einer kosteneffizienten Lösung auf urbane Gebiete, fernab von den hochtechnisierten Ballungsgebieten.“
„An der Kreuzung treffen alle Arten von Verkehrsteilnehmern aufeinander: Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeuge“, sagt Lucila Patino Studencki, Professorin für V2X-Technologien an der Fakultät für Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg. Jeder dieser Verkehrsteilnehmer und deren Absichten müssten im autonomen Betrieb bei der Entscheidungsfindung für die nächsten Fahrmanöver berücksichtigt werden.
Die Technische Universität Chemnitz ist im Projekt durch die Professur für Nachrichtentechnik beteiligt. Ihre zentrale Forschungsaufgabe ist eine verbesserte Fahrzeugumfeldwahrnehmung durch die Vernetzung mit anderen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dezentraler Datenfusion. Damit können Fahrzeuge etwa um die Ecke schauen oder weit entfernte Objekte früher erkennen.
Für DEKOR-X hat sich ein leistungsfähiges Konsortium zusammengefunden
Neben dem Konsortialführer Valeo gehören dazu die Continental Automotive GmbH, die DENSO ADAS Engineering Services GmbH, die Hochschule Coburg sowie die Technische Universität Chemnitz. Das Konsortium strebt eine gemeinsame Standardisierung und Lösungsdefinition an. Die Teilnehmer bringen sieben Testfahrzeuge in das Projekt ein. Somit sei eine herstellerübergreifende gemeinsame Entwicklung und der Nachweis der sogenannte Interoperabilität jederzeit möglich. (red)
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