
Markus Häggberg schreibt für OTverbindet ein Corona-Tagebuch. Heute erzählt er von der Sammelleidenschaft eines bibliophilen Bekannten.
„Liebes Corona-Tagebuch, Timo mag Bücher. Bibliophiler Typ. Er ist auch sonst originell, denn dafür, dass sein Kühlschrank diese enormen Ausmaße besitzt, ist er immer erstaunlich leer.
Von jedem großen Autor das bedeutendste Werk im Besitz
Um auf die Bücher zurückzukommen, so war es ja so, dass er sich mal eine Liste machte, um von jedem großen Autor wenigstens das bedeutendste Werk zu besitzen.
Den ,Lederstrumpf‘ hat er jetzt und den ,Faust‘, ,Moby Dick‘ auch, ebenso von Lawrence ,Die Sieben Säulen der Weisheit‘. Von Shakespeare hat er den ,Hamlet‘ und dazu passend im Regal stehend sogar einen täuschend echt wirkenden Plastiktotenkopf, wegen dieser berühmten Totenkopfszene. Er hat sich im Keller ein kleines Studierzimmerchen eingerichtet, so für die Zeit nach seinem Berufsleben.
Jedenfalls auf seiner Liste ziemlich weit unten stand ein englischer Autor namens Ward. Der schrieb mal ,Der Spion von London‘, und das war noch ein Spion aus dem 17. Jahrhundert.
Jetzt ist es aber so, dass ,Der Spion von London' im Buchhandel als günstige Ausgabe nicht zu bekommen ist, denn es gibt schwerlich eine Neuauflage. Also hat sich der Timo antiquarisch umgeguckt und stellte fest, dass er für dieses Buch 1500 Euro zahlen müsste.
Das hat ihn betrübt, weil ein Sammlerherz schnell zu betrüben ist. Ein Leben ohne den ,Spion von London‘, ja das ist doch kein Leben!
Das Leben hat sicherlich mehr zu bieten
Ich weiß, ich weiß, das ist ein sicher unsinniger Gedanke, weil das Leben ja mehr zu bieten hat. Da wäre das Aufblühen der Natur im Frühling, da wäre der neue Audi TT im nächsten Jahr, und wie man hört, soll ein neuer Pizza-Lieferdienst aufmachen, und die Fußball-EM steht ja auch noch an.
Das Leben bietet so viel mehr, aber Sammler sind halt sehr fokussierte Leute. Gut, dass der Timo eine liebe Bekannte oder Freundin (so genau weiß er es selbst nicht) hat und ihr ab und an sein Leid klagen darf.
Der guten Frau ist ein Licht aufgegangen
Die gute Frau ist aber ziemlich findig. Zwar stellte auch sie fest, dass das Buch antiquarisch wirklich teuer ist, dafür aber ging ihr in anderer Richtung ein Licht auf. Sie fragte sich, ob es nicht in England Leihbüchereien gibt, die gerade dabei sind, selten gelesene Bücher auszusortieren.
Und sind wir mal ehrlich, den Herrn Ward kennt in England auch nur jeder Zehnte. Die Frau recherchierte, schlug sich E-Mails um die Ohren und telefonierte sogar. Dann, kurz vor Timos Geburtstag, hatte sie Glück und bekam per Post aus England eine gut erhaltene alte Ausgabe für wenig Geld.
Nicht mehr wegen des fehlenden Buches betrübt
Liebes Corona-Tagebuch, du fragst dich jetzt vielleicht, wo bei der Geschichte der Witz liegt, aber schau, der Timo ist jetzt nicht mehr wegen des fehlenden Buches betrübt.
Er ist es jetzt wegen seiner Bekannten, weil er sich wegen all ihrer Bemühungen glatt in sie verknallt hat, sie in ihm aber nur einen guten Freund oder Bekannten sieht. So genau weiß sie das auch nicht.“
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