LICHTENFELS

Corona-Tagebuch: Schallplatten und das Erbe

Corona-Tagebuch: Das große Schnattern
Markus Häggberg Foto: T. Mayer

Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um das Erben.

„Liebes Corona-Tagebuch, wenn ein lieber Mensch stirbt, dann versetzt das Hinterbliebene mitunter in eine ärgerliche Situation, an die so ein Verstorbener oft selbst gar nicht denkt. Das beginnt schon mit dem Erben. Sehr zu Unrecht nämlich steht das Erben in einem ausnahmslos guten Ruf, obwohl es Unbequemlichkeiten mit sich bringen kann. In eine solch unbequeme Lage sah sich neulich Georg gestellt, denn ein lieber Verstorbener dachte ihm seine Schallplattensammlung zu. Einem anderen Hinterbliebenen gedachte er die Bücher zu, einem wieder anderen Hinterbliebenen die Filme, die CDs, Briefmarken und das Porzellan. Auch Mischbeteiligungen waren angedacht, so dass der eine Hinterbliebene sowohl Porzellan als auch Filme oder Schallplatten haben konnte, der andere Hinterbliebene sowohl Bücher wie auch CDs oder sonstwas. Die unbequem-ärgerliche Frage lautete für die Hinterbliebenen nun so: Ist das noch ein Erben oder schon eine Leichenfledderei?

Die zweite unbequem-ärgerliche Frage hingegen lautete darauf, mit wie vielen Taschen, Tüten oder Koffern ins Haus des Erblassers anzureisen noch unverdächtig ist. All das sind Fragen, für die so ein Erblasser oft gar keine Sensoren hat, ja, die er mitunter noch nicht mal in Betracht zu ziehen in der Lage ist. Man muss da gar keine böse Absicht unterstellen, aber es ist doch so. So saß Georg mit anderen Erben samt Tüten, Koffer und Tasche im Haus des Verblichenen und stellte fest, dass er die meisten Tüten, Koffer und Taschen mit sich brachte. Wie peinlich.

Doch dann kam jemand in der Runde auf die beste Lösung der peinlichen Angelegenheit, zumal eine weise Erbin auch noch einen Kuchen gebacken und Kaffee gekocht hatte. Man wurde gesellig, setzte sich zu Tisch, schenkte sich ein, lud sich auf, erzählte sich schöne Erinnerungen an den Verstorbenen und verschob das Erben auf einen anderen Termin. Das war noch viel schöner als zu erben.“

Schlagworte