
Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um Neugeborene.
„Liebes Corona-Tagebuch, wenn Kinder ganz frisch auf die Welt kommen, dann fragt die Welt einen immer nach einer Meinung. Und dann geht' s los: ,Die Augen – ganz die Mutter.' Oder: ,Mei, die Nase – wie vom Papa.' Dann ist die Reihe auch schon bald an einem selbst, und man muss noch etwas möglichst Nachvollziehbares draufpacken.
Nix darauf eingefallen
Mir ist dann bei so etwas immer nix Gescheites eingefallen und die Wahrheit verkraften frischgebackene Eltern ja auch nicht immer. Einmal sagte ich so etwas wie ,Und die Beinchen erst – wie von der Marlene Charell, gell?', danach hat mich die Welt nie mehr um meine Meinung zu frisch geborenen Kindern gebeten.
Das arbeitete in mir. Ich machte mir heftige Vorwürfe wegen meiner mangelnden Zenzibili..., Senzipili..., na, wegen des Einfühlungsvermögens eben, oder wie das heißt.
Doch jetzt wurde mir diese Last von den Schultern genommen. Gestern, ich radelte so vor mich hin, da komme ich an einem Haus vorbei, wo eine junge Frau überraschend Oma geworden ist. Bitte, solche Fälle soll' s ja geben.
In einen Plausch verwickelt
Ihr Lebensgefährte stand draußen vor der Tür und verwickelte mich dazu in einen Plausch. In solchen Fällen ist Vorsicht geboten, denn wie schnell ist das Handy gezückt und dann darf man schauen, wo man schmeichelhafte Vergleiche herbekommt. Aber dieser Mensch war anders, aufrechter, ehrlicher und frei von Heuchelei.
Wie ein Stück Holz
Er sagte auf Neugeborene bezogen: ,Für mich sehen die alle aus wie ein Stück Holz.' Selbstverständlich tat ich zunächst entrüstet. Das war ich der Welt schuldig.“
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