LICHTENFELS

Corona-Tagebuch: Eine Jacke als Nachricht

Corona-Tagebuch: Das große Schnattern
Markus Häggberg Foto: T. Mayer

Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um ein Jacke am Kleiderständer und ihre traurige Nachricht.

„Liebes Corona-Tagebuch, er hat es mir so erzählt: ,Ich saß in meinem Lesesessel und blickte nur eben kurz nach links hinüber. Da sah ich meine Strickjacke am Kleiderständer hängen. Sie hing da, schlaff und unbewohnt. Wie ein Mahnmal für Stille und Regungslosigkeit, wie ein Mahnmal für eine kommende Zeit ohne mich.'

Er wusste, dass der Anblick dieser Jacke eines Tages, wenn man ihm die Augen geschlossen haben wird, jemandem beim Ausräumen seiner Wohnung schmerzlich ins Herz fahren dürfte, weil sie dann an die Zeiten erinnern wird, da sie von ihm so oft und gerne bewohnt wurde. Doch damit nicht genug, denn so schlaff, wie sie jetzt am Kleiderständer hing, wird sie auch verdeutlichen, dass sie keinem Träger so gut stehen würde wie ihm und dass er nicht mehr zurückkommen wird in eine Welt, die sich auch ohne ihn weiterdreht und Geschichte schreibt. Ihre Existenz wird so gewöhnlich wie sein Wegbleiben.

Noch, liebes Corona-Tagebuch, sind seine Augen rege und offen, und noch schließt er sie nur zum Schlafen. Aber so wie die Jacke dort am Kleiderständer hing, hing sie ihm die kommenden Ereignisse ein bisschen zu vorgreifend. Liebes Corona-Tagebuch, ich habe noch nie ein schlagkräftigeres Argument dafür gehört, einen alten Fummel in die Altkleidersammlung zu verfrachten, um sich mal wieder etwas schönes Neues zu kaufen.“

 

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