
Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um einen Fachmann. Und warum, der sich eher nicht durch Fachkenntnisse auszeichnet.
„Liebes Corona-Tagebuch,
neulich bekam ich es mit einem Fachmann zu tun, einem ausgewiesenen Experten sogar. Wir saßen so zu Tisch und kannten uns gar nicht, dann fielen aber doch ein paar Worte und plötzlich bekam ich eine Visitenkarte über den Tisch gereicht.
Wenn so etwas geschieht, bin ich immer ein bisschen beschämt, weil ich auch mal Visitenkarten hatte, jetzt aber nicht mehr weiß, wo sie liegen. So blieb ich diesem Menschen die eigene Visitenkarte schuldig und musste versuchen, anderweitig Kompetenz auszustrahlen.
Doch ich hatte Glück, weil mein Mitesser weniger auf seine Kompetenz bestand, als diese vielmehr selbst infrage stellte. Auf so jemanden muss man auch erst mal beim Essen stoßen. Der Mann erzählte von einem beruflichen Termin, den er gerade hatte und wie gut dieser verlaufen sei. Zu gut sogar, was ihm jetzt in Anbetracht seiner baldigen Rechnungsstellung doch ein wenig Gewissensbisse bereite. Nicht allzu dolle, aber doch merklich.
Kurz und gut: Der Kerl hatte meine ganze Aufmerksamkeit und er sollte mich nicht enttäuschen. Klipp und klar setzte er mir auf Nachfrage auseinander, was sein Expertentum ausmacht: „Freundlichkeit, Sturheit, Inkompetenz.“ Gerade das letzte Wort gefiel mir und ich war gespannt zu erfahren, was es mit den Wechselwirkungen zwischen den Wörtern auf sich haben könnte.
Mein Gegenüber lächelte und blieb mir nichts schuldig: „Also Inkompetenz habe ich, damit mir keine berechtigten Bedenken in die Quere kommen. Die Sturheit habe ich, um die Kompetenz zu ersetzen und die Freundlichkeit, um die Inkompetenz zu verschleiern.“
Liebes Corona-Tagebuch, ich finde, dass der Mann sich unterschätzt. Für mich ist er eindeutig ein Experte, ein Fachmann, ein Könner.
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