LICHTENFELS

Corona-Tagebuch: Die Sache mit Rinderrouladen

Corona-Tagebuch: Das große Schnattern
Markus Häggberg Foto: T. Mayer

Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um das Thema „Festigkeit von Rinderrouladen.“

„Liebes Corona-Tagebuch, es ist schon erstaunlich, wie schnell man so in die Unzufriedenheit rutschen kann. Wer je mit Freunden essen war, der wird verstehen, was ich meine. Neulich zum Beispiel, wir saßen so zu dritt im Lokal, da wurde ich stutzig. Ich wurde nicht des Essens wegen stutzig, sondern der Kommentare wegen.

Also es war so, dass ich eine Rinderroulade aß und sehr zufrieden war. Ich fand sie schmackhaft und angenehm fest. Bis Carolin mich fragte, ob sie mal abbeißen dürfe. Also ließ ich sie abbeißen und kurz darauf verdrehte sie die Augen und zeigte sich der Roulade gegenüber sehr resolut und meinungsfreudig. ,Zu fest' sei sie und um diese Sicht zu untermauern, versuchte sie die Roulade mittels ihres Bestecks auseinanderzuziehen. Das gelang ihr auf meinem Teller eher ungelenk und nicht ohne mich mit Sauce zu bespritzen.

Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich nie die Absicht hatte, meine Roulade auseinanderzuziehen, sondern eher scheibchenweise zu genießen. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, meiner Roulade einen Vorwurf zu ihrer Festigkeit zu machen. die ich eher mit Frische und gutem Fleisch in Verbindung brachte.

Ein Mann wahrhaft vom Fach

Oder anders ausgedrückt: Ich war überfordert und ratlos. Also wandte ich mich an Carolins Mann, der dritten Person am Tisch. Was ihn in meinen Augen für das Thema qualifizierte, war, dass er sich mit Fleisch auskennt, aus dem Metzgerhandwerk stammt und stets jugendliche Freundinnen mit einer gewissen festen Konsistenz hatte.

Aber auch ihm, dem vormaligen und nun gezähmten Verkoster so vielen festen Fleisches, war meine Roulade zu fest. Nur wäre ich ihm dankbar gewesen, wenn er, um diesbezüglich zu einer Überzeugung zu gelangen, es bei einem statt dreier Bissen (jeweils mit einem Stückchen Klos und Sauce) belassen hätte. Besonders sein Urteil sollte meine Meinung zu dem gemütlichen Abendessen unter freiem Himmel und bei guter Luft maßgeblich bilden. Jetzt nämlich sah auch ich ein, dass mir das Essen wohl nicht schmeckte und ein Reinfall war.

Liebes Corona-Tagebuch, das ist es was ich meine. Zehn Minuten vorher war ich noch zufrieden und hatte Freude am festen Fleisch meiner Roulade, nun hingegen weiß ich, dass Rouladen lieblos gebastelt wurden, wenn sie sich nicht mittels Besteck auseinanderziehen lassen. In dem Schuppen, liebes Corona-Tagebuch, das kann ich dir flüstern, sieht man mich so schnell nicht mehr. Ich bin wirklich unzufrieden.“

 

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