LICHTENFELS

Corona-Tagebuch: Der Tod eines Kindheits-Freundes

Corona-Tagebuch: Das große Schnattern
Markus Häggberg Foto: T. Mayer

Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um den Tod eines Freundes aus der Kindheit.

„Liebes Corona-Tagebuch, M. ist tot. Ich habe das erst heute von Markus erfahren und kann es nicht fassen. Warum glaubt man so etwas nicht? Weil man einen Menschen mochte? Weil dieser Mensch mit einem selbst zu tun hatte? Ich weiß noch, wie M. mit mir die Schulbank drückte, damals bei Schwester Julia, unserer Grundschullehrerin. Von dort ging er oft zu seiner unweit wohnenden Großmutter, und die hatte einen großen Garten. An dessen Ende war eine Art Verschlag und in diesem stand das Modell eines Theaters, in welchem sich Figuren auf Schienen bewegen ließen. Doch vor allem kommt mir jetzt zu seinem Tod das Foto in den Sinn, welches ihn, mich und Peter bei Martins Kindergeburtstag in Oberwallenstadt zeigt. Wir waren damals neun, zehn Jahre alt und blickten in die Kamera und also nach vorne. Nach vorne und auch in Richtung all dessen, was das Leben für uns Optimisten Gutes bereithalten würde. Und am optimistischsten und neugierigsten schautest du, lieber M.Jetzt, wie ich das Foto in Händen halte, will mir scheinen, dass deine Augen funkelten. Irgendwann haben sich unsere Wege getrennt und irgendwann bist du verzogen, irgendwann aber auch wieder heimgekehrt. Vor Monaten sah ich dich ein paar Tische entfernt im Café sitzen und ein Buch lesen. Wir nickten einander stumm lächelnd zu und ich nahm mir vor, mich irgendwann mit dir in ein langes Gespräch zu begeben. Daraus wird nun leider nichts mehr. Lieber M., auf dem Kindergeburtstag-Foto blickten wir gemeinsam nach vorne. So oft ich nun an dich denken werde, muss ich mich umdrehen und nach hinten blicken. Für dich blieb die Zeit 2023 stehen. Ich hoffe, du hattest einen leichten Tod.“

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