
Markus Häggberg schreibt augenzwinkernd ein Corona-Tagebuch. Heute geht es um das Thema Vorsätze, Lust und Laune.
„Liebes Corona-Tagebuch, neulich kam in trauter Runde ein Verdacht auf. Jemand hielt für möglich, dass der Sommer nun endgültig gelaufen sein könnte, und der Herbst da wäre.
Und mit ihm noch Corona, der Ukraine-Krieg, die steigenden Gas- und Lebensmittelpreise und all das. So saßen wir da und spielten Monopoly. Und plötzlich überkam uns alle eine Lust. Die Lust, uns zu begnügen, die Lust, uns bei zunehmender Kälte eben einen Pullover mehr anzuziehen, die Lust, die Wohnung lediglich überschlagen zu halten, die Lust, weniger zu essen, dafür aber vitaminreich gezielter und uns dann eben mit Fischkonserven zu behelfen. Sardinen in Öl genießen in Lissabon höchste Wertschätzung, warum also nicht auch in Lichtenfels? Die Lust überkam uns, Geld zu sparen und die Lust überkam uns, endlich die Bücher zu lesen, die man schon immer lesen wollte.
Wofür haben wir schließlich eine tolle Leihbücherei? Die Lust, uns über diese Bücher auszutauschen und uns überhaupt wieder mehr von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten.
Die Lust, die Wanderschuhe zu schnüren und kostenlos frische Luft erwandern zu gehen. Die Lust, sich dabei Brote selber zu schmieren, die Lust, sich früher zu Bett zu begeben um es dort warm oder anregend zu haben. Mit Comics oder mit sonstwem.
Die Lust, endlich Miles Davis' ,Kind of blue' und Ravels Streichquartett F-Dur zu hören. Oder sich mit Freunden zu treffen und Monopoly zu treffen. Liebes Corona-Tagebuch, wir hatten Lust, unseren Leben eine heilsame Reduzierung zu geben. Wir waren dazu fast kämpferisch eingestellt. Dann riefen wir den Pizza-Service und gaben ordentlich Trinkgeld.“
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