LICHTENFELS

Blütenvielfalt am Obermain: Neuer Lebensraum für Tiere

Butterblumen neben Klatschmohn, dazwischen Kornblumen und allerlei bunte Pflanzen, deren Namen Laien zwar nicht kennen, sich aber daran erfreuen. Man hört die Hummeln, Grillen und Grashüpfer schon, bevor man sie auch sieht. Solche Blühwiesen tragen so manch Vorbeifahrendem wieder zurück in seine Kindheit, als weitläufige Blühwiesen noch selbstverständlich waren.

Genau hier setzt das Projekt „Blütenvielfalt am Obermain – Wir fliegen drauf!“ des Landschaftspflegeverbands Landkreis Lichtenfels (LPV) als Teil der Initiative „Natürlich Bayern“ an: Ziel ist es, möglichst viele öffentliche Flächen als Lebensräume und Nahrungsquellen für Wildinsekten aufzuwerten und neu anzulegen: Grünanlagen als Blühanlagen.

Viele Kommunen haben bereits im Frühjahr 2021 Grundstücke im öffentlichen Raum wie Straßenbegleitgrün, Dämme, Zwickelflächen an Kreuzungen, Rangen, Spielplätze und kleine Parks dem LPV gemeldet und gemeinsam individuelle Konzepte zur Verbesserung des Lebensraums für Insekten erarbeitet. Diese beinhalten Schritte hin zu einem reichhaltigeren Blühangebot, zu mehr Nahrungs-, Nist- und Überwinterungshabitaten sowie für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen.

Förderung durch das bayerische Umweltministerium

Die Maßnahmen sind meist einfach und kostengünstig umzusetzen. Zudem erhalten die Kommunen eine Förderung durch das bayerische Umweltministerium. Die betroffenen Flächen sollten nicht mehr als zweimal im Jahr gemäht werden, dies sollte mit einem Balkenmähwerk statt einem rotierendem Mähwerk erfolgen, das Schnittgut ist zu entfernen. Auf Mulchen sollte verzichtet werden. Durch die Ansaat mit regionalem Saatgut oder der Übertragung von kräuterreichem Mahdgut können artenarme Rasenflächen in Blühflächen umgewandelt werden.

Doch die Begleitung durch den Landschaftspflegeverband geht noch weiter: Durch Schulungen, Vorführungen geeigneter Geräte und Vorträge in den Bauhöfen verstetigen sich die neu eingeschlagenen Wege zum Schutz der Insekten. Auch die Flächensteckbriefe, in denen die Arbeiten für die zuständigen Kolleginnen und Kollegen der Bauhöfe praxisnah beschrieben sind, werden die Mitarbeitenden auch noch über das Projektende hinaus begleiten. Das ist im April 2023 so weit.

„Wir hoffen, dass sich das Projekt dann verstetigt hat“, so Carolin Lang-Groß, die zuständige Projektleiterin. Eine weitere Begleitung und Förderung neuer Vorhaben könnte dann durch die Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinie des Umweltministeriums erfolgen.

Bevölkerungswachstum und Druck auf die Landwirte

Der Fokus auf den Insektenschutz ist vorhanden, die Bevölkerung sensibilisiert – nicht zuletzt durch das Volksbegehren „Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“. Der Lebensraum der Tiere erhält sich nicht „von selbst“. Die Intensivierung der Landwirtschaft ist dabei ein Hintergrund: „Viele Landwirte müssen mehr und mehr produzieren, um ihren Betrieb zu erhalten. Dabei müssen sie ihre Wiesen möglichst oft mähen und düngen. Mehr und mehr werden auch Feldraine mit genutzt, die traditionell die Lebensräume in der Agrarlandschaft für Insekten und bodenbrütende Vögel waren“, weiß Carolin Lang-Groß. Das Bevölkerungswachstum hat ebenfalls Einfluss auf die Flächennutzung: Mehr Menschen benötigen mehr Raum, die Rechnung ist einfach.

Bald soll auch der Kurpark insektenfreundlicher werden

Bald soll auch der Kurpark insektenfreundlicher gestaltet werden. „Der Charakter des Kurparks bleibt dabei erhalten“, so Hans-Josef Stich, Werkleiter der Obermain-Therme in Bad Staffelstein. Er biete schon jetzt gute Voraussetzungen für Insekten. „Aber wo es möglich ist, werden wir weitere Flächen schaffen. Das liegt uns am Herzen.“

So wird etwa auf ausgewählten Flächen im hinteren Teil des Kurparks hinter dem Gradierwerk das Mahdregime geändert, das heißt, es wird nur noch zweimal jährlich gemäht und nicht so häufig wie im restlichen Park, damit die Pflanzen zur Blüte kommen und Insekten Futter und eine Heimstätte finden. Andere Areale werden mit gebietseigenem Saatgut angesät, um die Blütenvielfalt zu erhöhen. Teile des Zauns um den Park werden zudem mit heimischen Kletterpflanzen begrünt werden.

Ökologischer Nutzen statt vermeintlicher Ordnung

Während die Insekten im Kurpark eine kleine Oase vorfinden, erleben sie auf grünen Flächen in Verkehrskreiseln oder am Straßenrand eine ganz andere Geräuschkulisse und Abgassituation. „Aber das ist nicht so schlimm, die Insekten stellen sich darauf ein. Manche leben zum Beispiel eher am Boden, andere weiter oben an den Pflanzen und besetzen so ihre ökologischen Nischen“, erklärt die Projektleiterin und Biologin mit Blick auf die bunte Blühwiese am Straßenrand hinter dem Ebensfelder Verkehrskreisel Richtung Unterleiterbach.

Man hört „das Leben“ zwischen all den Pflanzen. Von der „gewohnten Ordnung“ am Seitenstreifen müssen sich Vorbeifahrende jedoch verabschieden. Der ökologische Nutzen hat mehr Bedeutung erlangt „und das ist auch gut so“, betont die Projektleiterin. Die Insekten bestäuben Pflanzen und dienen gleichzeitig als Futter für andere Tiere wie etwa Vögel. „Alles ist verbunden wie in einem großen Lebensnetz. Wenn es eine Art nicht mehr gibt, hat das Auswirkungen auf alle anderen Akteure – nicht zuletzt auf den Menschen.“

Für dieses gemeinsame Ziel ist Austausch das Gebot der Stunde: So ist der Landschaftspflegeverband nicht nur mit den Kommunen, sondern etwa auch mit der Umweltstation Weismain und der Unteren Naturschutzbehörde vernetzt und pflegt einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch.

Acht Landkreis-Kommunen nehmen am Projekt teil

Bislang nehmen die Städte Lichtenfels, Bad Staffelstein, Weismain und Burgkunstadt, die Gemeinden Hochstadt und Redwitz sowie die Märkte Ebensfeld und Marktzeuln am Projekt „Blütenvielfalt am Obermain – Wir fliegen drauf!“ teil. Was die Bevölkerung davon merkt? Halten Sie die Augen offen und fragen dann Ihre Seele.