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Prämiensparen: Sparkasse Coburg-Lichtenfels kündigt Sparverträge

Sparkasse Coburg-Lichtenfels kündigt Prämien-Sparern
Da weint das Sparschwein: Die Zinsen sind seit Jahren im Keller, eine Trendwende ist nicht in Sicht. Zahlreiche Sparkasse reagieren und kündigen Prämiensparer-Verträge. Auch das heimische Kreditinstitut. Foto: Till Mayer

Die Post brachte eine unliebsame Überraschung für Moritz K. (Namen auf Wunsch von Redaktion geändert). 15 Jahre lang hatte er brav in seinen „S-Prämiensparer flexibel“ eingezahlt. „So mit 50 Euro monatlich habe ich 2003 anfangen“, berichtet der 40-Jährige. Jetzt soll damit nach Willen der Sparkasse zum Jahresende Schluss sein.

Moritz K. ist schwer enttäuscht. „Seit meiner Kindheit bin ich Sparkassen-Kunde. Ich war noch nicht einmal in der Schule, da bin ich am Weltspartag mit meinem Sparschwein stolz in der Sparkassen-Filiale angerückt. Als Teenager folgte dann die Eröffnung meines Girokontos“, sagt er. Als Erwachsener bleibt er dem heimischen Kreditinstitut treu. „Auch weil ich es gut fand: die Kundennähe, die Verwurzelung in der Heimat, das karitative Engagement in der Region. Das gibt es bei den Großbanken so eben nicht“, erklärt der 40-Jährige.

„Der Prämiensparer, das war für mich schon ein Polster für schlechte Tage. Die Kündigung fand ich dann heftig.“

Moritz K., Prämiensparer A.D.

Sparverträge waren lange attraktive Angebote für Kunden

„Der Prämiensparer, das war für mich schon ein Polster für schlechte Tage. Die Kündigung fand ich dann heftig“, sagt der Familienvater mit drei Kindern.

Das Prämiensparen war lange Zeit ein Klassiker im Portfolio der Sparkassen der Republik. Beim Prämiensparen zahlen Kunden in der Regel monatlich einen konstanten Betrag ein und erhalten ab einer festgelegten Frist jährliche Prämien. Diese steigen im Laufe der Zeit. „Üblich ist in der Höchststufe eine Prämie in Höhe von 50 Prozent der Einzahlungen, die der Kunde im Jahr leistet. Es gibt aber auch Vertragsvarianten mit bis zu 100 Prozent Prämie“, heißt es auf der Homepage von Stiftung Warentest.

Der sogenannte Basiszins ist variabel. Dem Zinsniveau entsprechend liegt er nahe null. Die Folge für die Sparer: Allein die Prämie ist für sie attraktiv.

Sparkasse kündigt Sparverträge in ganz Deutschland

Zu attraktiv offensichtlich für zahlreiche Sparkassen im Bundesgebiet, die reihenweise Verträge kündigen. So heißt es in dem Kündigungsschreiben an Moritz K.: „Die Niedrig- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat erhebliche Auswirkungen auf die Zinsentwicklung und die Kreditinstitute in Deutschland. Das niedrige Zinsniveau wirkt sich auf die Einlagenprodukte aus, da die Kundengelder zu aktuellen und damit sehr geringen Marktzinsen angelegt werden müssen. Deshalb können wir die Zinsen und Prämien für Ihren Prämiensparvertrag nicht mehr erwirtschaften.“

Sparkasse Coburg-Lichtenfels kündigt Prämien-Sparern
Keine freudige Nachricht im Briefkasten: die Kündigung eines Prämiensparers.

Sparkassen können Prämiensparverträge kündigen, wenn die höchste Prämienstufe erreicht ist. Entsprechend urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am 14. Mai 2019 (Az. XI ZR 345/18). „Die Erfolgsaussichten von Sparern, die sich vor Gericht wehren wollen, waren schon vorher nicht besonders gut. Mehrere Urteile verschiedener Instanzen fielen zugunsten von Sparkassen aus. Nun hat auch der BGH eine Klage von Sparkassenkunden abgewiesen. Die Kläger wollten den Fortbestand ihrer Prämiensparverträge bei der Kreissparkasse Stendal erreichen. Es ging um drei Verträge aus den Jahren 1996 und 2004, die von der Kreissparkasse gekündigt worden waren“, informieren die Verbraucherschützer der Stiftung Warentest.

Der Fluch des niedrigen Zinsniveaus

Die Sparkassen kommen durch das niedrige Zinsniveau in ein Dilemma. Treuen Kunden wie Moritz K. einen Vertag aufzukündigen dürfte keine leichte Entscheidung gewesen sein. Zumindest ist es eine, die Kundenreaktionen mit sich zieht. „Im Zusammenhang mit der kürzlich ausgesprochenen Kündigung erreichen die Sparkasse unterschiedliche Reaktionen ihrer Kunden. Selbstverständlich stehen wir den Kunden für persönliche Beratungsgespräche zur Seite. Diese Beratungen werden verstärkt von betroffenen Kunden wahrgenommen“, teilt die Pressestelle der Sparkasse Coburg-Lichtenfels auf Anfrage mit. Eine Zahl der gekündigten Verträge wird nicht genannt.

„Die Sparkasse Coburg-Lichtenfels hat am 12. September 2019 diejenigen Prämiensparverträge gekündigt, die die höchste Prämienstufe erreicht haben. Die Kündigung wurde zum 31. Dezember 2019 ausgesprochen“, so die Sparkasse weiter.

Moritz K. will sich jetzt erst einmal rechtskundig beraten lassen. „Gegen die Kündigung werde ich Einspruch erheben“, sagt der Familienvater. Klappt es nicht, den Vertrag zu retten, beginnt die Suche nach einer neuen Anlagemöglichkeit. Vermutlich nicht ganz risikolos zu Zeiten der Nullzinsen.

Gekündigt, und nun?

Der Prämiensparer ist gekündigt: In welchen Fällen ist ein Widerspruch sinnvoll?

Andrea Heyer, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen, sagt: „Hinsichtlich der Prämiensparverträge, in denen eine konkrete Laufzeit vereinbart ist, sind wir unverändert optimistisch. Dabei geht es zum Beispiel um Verträge, in denen eine Laufzeit von 1188 Monaten genannt wird – sie steht nicht nur in der Werbung. Auch wenn die letzte Prämienstufe noch nicht erreicht ist, dürfen Banken den Vertrag nicht kündigen. Da die Bedingungen der Prämiensparverträge sehr unterschiedlich sind und manchmal dieselbe Sparkasse verschiedene Varianten verkauft hat, kann ein Widerspruch nach wie vor sinnvoll sein.“

Generell raten die Verbraucherschützer bei Kündigung von Sparverträgen durch Banken und Kreditinstitute: „Handeln Sie nicht überstürzt, wenn Ihre Sparkasse einen alten Prämiensparvertrag kündigt. Lösen Sie das Sparkonto nicht voreilig auf, denn damit berauben Sie sich der Möglichkeit, gegen die Kündigung vorzugehen. Lassen Sie sich von Experten beraten. Ein Termin in der nächstgelegenen Beratungsstelle einer Verbraucherzentrale hilft oft weiter, da deren Mitarbeiter einen Überblick über vergleichbare Fälle haben.“

 

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