LICHTENFELS/BAD STAFFELSTEIN

Seismische Messungen: Vibrations-Trucks rücken an

Entlang der blauen Linien – unter anderem quer durch den heimischen Landkreis – werden ab Ende Oktober Vibro-Trucks Erdwärme messen. Foto: Geozentrum Nordbayern

Gibt es am Obermain so viel Erdwärme, dass deren Gewinnung und Nutzung mit Hilfe der Geothermie Sinn machen würde? Dieser Frage geht eine Forschungsgruppe am Geozentrum Nordbayern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg bald auf die Spur. Ende Oktober sollen bei uns seismische Messungen starten, um besonderen Erdwärmevorkommen auf die Spur kommen.

So genannte Vibrations-Trucks werden – wie bereits berichtet – auf schon festgelegten Linien die Erde unter ihnen messen. Zwei dieser Strecken verlaufen quer durch den Landkreis Lichtenfels. Dies teilt Jochen Schneider von der Agentur Enerchange in München im Auftrag der Forschungsgruppe jetzt mit.

Bereits in den 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts waren bei Bohrungen in Mürsbach erhöhte Untergrundtemperaturen gemessen worden. Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass die Erde in unserer Region nahe der Oberfläche überdurchschnittlich viel Wärme speichert, so Schneider.

Grundlagenforschung

Die Erdwärme werde – wie bei der Thermalsole unter Bad Staffelstein – bereits genutzt. Ob darüber hinaus Erdwärme sinnvoll verwertet werden könnte, werde eines der Themen sein, die nach der Auswertung der anstehenden Messungen anstehen. Insgesamt könne noch nicht beurteilt werden, ob hier geeignete Verhältnisse für eine tiefengeothermische Energienutzung bestehen. In dem Projekt gehe es um Grundlagenforschung, so Wolfgang Bauer, Leiter der Forschungsgruppe.

„Die Wellen im Untergrund sind absolut unschädlich.“
Dr. Jochen Schneider, Enerchange München

Die geplanten Messungen sind laut Schneider mit sämtlichen Verantwortlichen der betroffenen sechs fränkischen Landkreise oder freien Städte besprochen worden. Seit Mai laufen die Vorbereitungen. Dabei gehe es um die Erlaubnisse für die Befahrung der festgelegten Wege. Den Auftrag für die Messungen mit den Spezialfahrzeugen habe das deutsche Unternehmen Geophysik GGD, Gesellschaft für Geowissenschaftliche Dienste mbH, erhalten.

Erdtemperatur steigt schneller

Die Probebohrungen in Mürsbach sollten eigentlich Erdgasvorkommen erkunden. Die Firmen stießen damals auf eine so genannte „Wärmeanomalie“. Zwischen 2012 und 2016 habe das GeoZentrum Nordbayern erneut Messungen veranstaltet. Das Ergebnis: Es wurden Temperaturen von über 55 Grad Celcius in 1200 Meter Tiefe festgestellt, so Bauer weiter.

In einigen Regionen Frankens betrage der geothermische Gradient – also die Steigerungsrate - etwa 4,5 Grad Celcius pro 100 Meter Tiefe. Er liege damit deutlich höher als der durchschnittliche geothermische Gradient von 3,3 Grad Celcius pro 100 Meter. Der Grund für die Wärmeanomalie sei bisher noch nicht bekannt.

Zu welchem Zeitpunkt die Vibro-Fahrzeuge über die Wege und Straßen im Landkreis Lichtenfels fahren werden, sei noch nicht festgelegt, heißt es vom beauftragten Unternehmen. Der Messzeitraum sei insgesamt gezielt so gelegt worden, da zu diesem Zeitpunkt Landwirtschafts- und Brutpause bestehe.

Klar ist hingegen, wie die Messungen ablaufen werden, die im Übrigen in etlichen Gegenden Bayerns bereits über die Bühne gegangen sind. Die Wissenschaftler werden den Untergrund mit der so genannten „2D Vibrationsseismik“ erkunden. Dies sei ein geophysikalisches Messverfahren, das die Untergrundstrukturen von der Oberfläche aus hochauflösend darstellen könne.

Die speziellen Vibrationsfahrzeuge fahren in den sechs Landkreisen insgesamt vier Linien mit einer Länge von etwa 215 Kilometer ab, heißt es in einer weiteren Mitteilung des online-Portals EUWID. „Die Laster schicken an den rund 100 Meter voneinander entfernten Messpunkten Schallwellen in den Untergrund, die die geologischen Strukturen hoch auflösen. Im Untergrund werden die Wellen an den Grenzen von Gesteinsschichten reflektiert und an der Oberfläche wieder aufgenommen.“ Gemessen werde sowohl inner- wie außerorts. Um Schäden jeglicher Art zu vermeiden, werde innerorts mit reduzierten Vibrationsintensitäten gemessen.

„Die Wellen im Untergrund sind absolut unschädlich,“ so Jochen Schneider. Die Vibration, die das Spezialfahrzeug erzeuge, dauere etwa 100 Sekunden. Rüttler-Maschinen zum Beispiel, die auf Baustellen den Schotter verdichten würden, seien im Vergleich dazu wesentlich länger auf einer Fläche. Die Thermalquellen bei Bad Staffelstein seien in keinster Weise gefährdet, so Schneider weiter.

100 Sekunden pro Vibration

Die Länge dieser geplanten seismischen Linien sei im Vergleich zu anderen Verfahren mit dieser Technik in Deutschland „außergewöhnlich.“ Dennoch rechnen die Verantwortlichen mit einem „reibungslosen Verlauf.“ Der gesamte Messvorgang werde vergleichsweise schnell über die Bühne gehen. Schneider rechnet in den sechs Landkreisen mit einer Dauer von insgesamt sechs Wochen.

So sehen die Vibro-Trucks aus, die in wenigen Wochen im Landkreis Erdwärme messen werden. Foto: Geozentrum Nordbayern

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