
Rechts der Fischmarkt, geradeaus die „Maapiraten“ - noch maritimer ging es an diesem bedeutungsschweren Termin ja kaum noch. Der Rathaussturm eben jener Piratentruppe läutete am 11.11. um 11.11 Uhr einmal mehr die närrische Zeit im Stadtgebiet ein.
Chronologie eines Schlachtengetümmels: Es war laut, es war schrill. Schon vor 11 Uhr dröhnte Faschingsmusik aus den Lautsprechern am Haupteingang des Rathauses, während sich die bald kämpfende Truppe aus Piraten und Piratinnen schon mal warm tanzte, noch schnell Pommes am Wurststand bestellte und drohende Gebärden in Richtung des entscheidenden Fensters im 1. Stockwerk los wurde. Stadtrat Stefan Hofmann vermutete ob der schrillen Töne aus den Lautsprechern „psychologische Kriegsführung“.
Pistolen, Säbel, Augenklappen - alle Klischees wurden erfüllt. Und manche nicht, denn es scheinen vor allem die Frauen zu sein, die bei den Maapiraten auf die Erstürmung des Rathauses und auf Kampfgetümmel aus sind.
Eben dieser Brauch des Sturmes ist in der Korbstadt ein lieb gewonnener, und darum verfolgten auch diesmal wieder mehrere Dutzend Schlachtenbummler das Geschehen. Eindeutig waren die Sympathien der Zuschauer verteilt, denn einen erfolgreichen Widerstand des Stadtrats wünschte niemand. So waren auch schon vor dem Sturm Szenen der Verbrüderung zwischen Piraten und Zuschauern zu beobachten.
Verbrüderungsmaßnahmen
Doch auch Stadträte wurden dabei gesichtet, wie sie Verbrüderungsmaßnahmen ergriffen. Frank Rubner beispielsweise begab sich in einen schmusenden Plausch mit einer Piratin. Darauf angesprochen, entschuldigte er das mit: „Sie (die Piraten) sind ja auch Wähler!“ Dann, gegen 11.10 Uhr, erfolgten warnende Worte des Vorsitzenden der Maapiraten, Klauß Fischer, gerichtet an die Zuschauer. „Nach dem Countdown die Ohren zuhalten“, erklärte er, auf den Böllerschuss anspielend, der 11.11 Uhr signalisieren und den Sturm einläuten sollte.
Die Situation der Verteidiger war schwierig. Der Stadtrat schien nicht vollzählig angetreten, die Verteidigungslinien waren somit nicht geschlossen. Stadträte wie Roland Lowig, Frank Rubner und Stefan Hofmann blieben außerhalb der Festung Rathaus, Zweite Bürgermeisterin Sabine Rießner, den verurlaubten Ersten Bürgermeister Andreas Hügerich vertretend, sowie Winfried Weinbeer und weitere Stadträte zeigten sich hingegen am Fenster des feierlichen Rathaussaals. Mit dem Schwenken von Besen drohten sie den Piraten erbitterten Widerstand an.
Sabine Rießner wurde nun von einem Parlamentär zur Schlüsselübergabe aufgefordert, stellte sich aber ob dieses Ansinnens taub oder schwer von Begriff. Auch der Ton gegenüber dem Stadtrat sollte sich verschärfen, hatte ein Pirat für Roland Lowig doch nur die Worte „der Anstifter von Isling“ übrig. Es sollte also auf einen Sturm hinauslaufen. Ein verhängnisvoller Gang der Ereignisse, denn eine Festung konnte das Rathaus 2017 nicht sein. Von derzeit schweren baulichen Maßnahmen im Inneren gezeichnet, war eine lückenlose Verteidigung des Areals kaum möglich.
„Miesmacher, Nörgler,
Langweiler haben Hausarrest, Meckerer müssen in den Ziegenstall.“
„Letztes Jahr haben wir es so unter Beschuss genommen, dass sie heute noch nicht mit den Renovierungsarbeiten fertig sind“, kommentierte Fischer. Er ging noch weiter und frotzelte in Richtung Hügerich, der sich derzeit in Amerika aufhält. „Der Erste Bürgermeister hat so gute Erfahrungen mit uns gemacht (...) dass er sich in Übersee aufhält.“
Als dann der Countdown erfolgte, die Lichtenfelser sich die Ohren zuhielten, der Böller schoss und die 21 Mann und Frau starken Maapiraten in die Flure stürmten, waren sie schnell in den 1. Stock gelangt. Die vor der Tür wohl als Wachen dienenden Stadträte Roland Lowig, Frank Rubner und Stefan Hofmann wurden schnell niedergekämpft und eingenetzt, wobei Rubner zu Boden ging und von dort aus in Gefangenschaft geriet.
Nun wartete die Öffentlichkeit darauf, ob auch das Interimsstadtoberhaupt den Piraten zum Opfer gefallen war. Als Sabine Rießner vor der Tür erschien, war sie eine geschlagene Frau, herzlich lachend ließ sie sich mit einem Tau fesseln. Was folgte, war die Frage, welchem Diktat Lichtenfels bis Aschermittwoch nun unterworfen sein wird. In Gefangenschaft mussten Sabine Rießner und ihre Stadträte mit anhören, was Pirat Jan Haffner nach der Machtübernahme vom Rathausfenster aus proklamierte: „Miesmacher, Nörgler, Langweiler haben Hausarrest, Meckerer müssen in den Ziegenstall.“ Oder: „Das Feiern in der Innenstadt ist auch nach 20 Uhr gestattet.“ Oder: „Ein Faschingsumzug in Reundorf ist verpflichtend.“
Beim oben erwähnten Fischmarkt war am Nachmittag nicht viel zu holen, denn aufgrund des Dauer-Nieselregens kamen kaum Besucher, so dass die Wettbewerbe (Nachwuchs-Marktschreier und Bierkrugstemmen) ausfallen mussten. Auch das Wetter am verkaufsoffenen Sonntag zog keine Massen an (Bericht folgt).
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