
Was soll man über Musik berichten, ohne abgedroschene Phrasen zu verwenden, wenn es sich um Spitzenkünstler mit Weltniveau handelt. Musiker, über die stets nur das Allerfeinste geschrieben wurde. Vom Allerfeinsten ist ihre Musik, und das ist keine Übertreibung. Sie spielen nicht nur Songs nach, sondern interpretieren sie völlig neu. Peppig und rotzig-frech ihre Eigenkompositionen. Unter die alten Blues, Swing und Boogiesongs gemischt, ergibt das eine einzigartige Synthese. Die Rede ist von den „Alligators of Swing“, einem Trio aus Ansbach, Nürnberg und Fürth. Das Ensemble besteht aus Christian Jung am Klavier, Dieter Schreiber am Kontrabass und Stefan Scholz am Saxophon.
Ohne jede Allüren
Völlig „unprätentiös“, unaufgeregt und ohne Allüren spielen sie in der ehemaligen Synagoge auf. Überzeugen mit einem Mix aus Jazz, Blues, Swing und Boogie. Die kumpelhaften, sehr viril auftretenden Musiker, die trotz gesetzten Alters äußerst lässig wirken, sind dem Publikum schnell sympathisch.
Überhaupt wird an dem Abend mit Lob nicht gegeizt. Die Leute geben Sonderapplaus auch während der Lieder, immer dann, wenn einer der drei Alligatoren auf seinem Instrument mit einem Solo brilliert.
Wenn „der Mann am Klavier“ seine Tastatur groovt, der Bassist auf Teufel komm raus zupft und seinen Kontrabass dabei dreht und Scholz sein Saxophon vibrieren lässt.
„Good Vibrations“ könnte man es nennen, was die „Alligators of Swing“ verbreiten. Der Gute-Laune-Faktor ist extrem hoch. Die Zuhörer haben ihren Spaß. Man bedauert, dass es keine Tanzfläche gibt, die Füße wippen allerdings im Takt.
Das Lächeln einer Frau
„Was bewirkt das Lächeln einer Frau bei den Männern?“, so stellt Scholz das erste Lied vor. Es heißt „Hey Girl“ – eine luftig-leichte, locker-flockige Eigenkomposition. Der virtuose Pianist Jung streichelt, klimpert und hämmert die gesamte Tastatur. Das fordernde, fragende Klavier mimt den Mann - sein Gegenpart, die Antwort „des Mädchens“, ist das sanft säuselnde Saxophon.
Genau das ist es, was das Trio ausmacht. Wenn sich das elegante Timbre von Jungs Stimme in harmonischer Verbindung mit dem Piano mit den gefühlvollen, erdigen Tonlagen von Scholz und dessen warmen Saxophon abwechseln und anschließend im Duett vereinen. Immer untermalt von Schreiber an seinem Kontrabass, äußerst kraftvoll und pfeffrig.
Den schnellen und „beschwingten“ Swing „Scotching with the Soda“ von Nat King Cole lassen die Künstler lasziv enden. Das Stück begeistert ebenso wie der Blues „Early in the morning“ von B.B. King . Es geht darin um eine viel zu lange Nacht. Der Kerl bettelt in den frühen Morgenstunden bei seinem Mädel um Einlass. Scholz tanzt und trippelt auf und ab und „bearbeitet“ sie mit seinem Saxophon. Er lässt nicht locker und hat am Ende unterstützt von Jungs Stimme nur eine letzte Antwort für sie übrig: „I aint got nothing but the Blues.“ Das Publikum johlt.
Gefährlich und geheimnisvoll
Gefährlich und geheimnisvoll klingt der Gangsterblues „I took the front door in, but the back door out“ von Eddie Cleanhead Vinson. Fast wie von Ray Charles selbst , jedoch mit eigener Note, erklingt „Heartbreaker“, in dem es um geheimes Verlangen, Begehren, Eifersucht und eine Herzensbrecherin geht. Schmachtend, fast weinend gespielt, ist das Verzehren nach dieser Frau. Es endet mit einem grandiosen Saxophonsolo und löst am Ende wahre Begeisterungsstürme aus.
Um die in Aufruhr versetzten Gemüter wieder zu beruhigen, bittet das Trio das Publikum beim allerletzten Zugabesong „Ich breche die Herzen der stolzesten Frauen“ mitzusingen. Das lässt sich nicht lange bitten und lässt sich mitreißen.
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