MICHELAU

SMIA setzt auf Zusammenarbeit mit SMP

Der Automobilzulieferer Smia (ehemals Scherer & Trier) in Michelau ist der zweitgrößte Arbeitgeber im Landkreis Lichtenfels. Durch eine Zusammenarbeit mit dem größeren Motherson-Schwesterunternehmen SMP sollen neue Kunden gewonnen und der Standort besser ausgelastet werden. Foto: Markus Drossel

Um den Automobilzulieferer SMIA wieder auf Wachstumskurs zu bringen, setzt der Mutterkonzern Motherson auf eine Zusammenarbeit mit dem Schwesterunternehmen Samvardhana Motherson Peguform (SMP). Da sich die Produktpalette beider Firmen stark überschneide, SMP aber die größere Schwester mit einem besseren Kundenzugang sei, sollen Aufträge künftig gemeinsam akquiriert und abgearbeitet werden, erklärt Andreas Heuser, Head of Chairman?s Office Europe (Leiter des Europa-Geschäfts) bei Motherson auf Anfrage. Als „durchaus positive Entwicklung, um auf den Markt zu reagieren“, bewertet auch Betriebsratsvorsitzender Peter Leipold die neue Strategie.

„SMIA ist ein wesentlicher Bestandteil der Motherson-Gruppe und wurde bisher relativ eigenverantwortlich geführt, aber durch eine stärkere Zusammenarbeit können wir den Standort besser auslasten“, betont Andreas Heuser. Es sei keine Fusion vorgesehen, aber ein gemeinsames Auftreten am Markt, da SMP gerade bei den deutschen Automobilzulieferern sehr gut vernetzt sei.

„Erste Erfolge dieser Strategie sind bereits erkennbar – die Resonanz der deutschen Automobilkunden ist positiv.“
Andreas Heuser, Head of Chairman?s Office Europe Motherson

So könnten größere Aufträge etwa bei der Ausstattung von Auto-Modellen für Kunden wie BMW gemeinsam erfüllt werden: Etwa die komplette Kunststoffteile für das Cockpit, gemeinsam von SMP und SMIA gefertigt. Die Autobauer wünschten zunehmend solche Komplettlösungen und allein würde SMIA an solche Aufträge nicht herankommen. „Erste Erfolge dieser Strategie sind bereits erkennbar – die Resonanz der deutschen Automobilkunden ist positiv“, erklärt Heuser.

Ziel sei es, den durch die Automobilkrise und die Corona–Pandemie hart getroffenen Kunststoffspezialisten zu stabilisieren und zur früheren Größe zurückzuführen. Entlassungen durch Zusammenlegung von Arbeitsbereichen beider Firmen seien nicht vorgesehen: „Die Mitarbeiter sind informiert, dass sie Arbeit haben.“ Mit Sorge hatten einige der Beschäftigten die neue Strategie vor dem Hintergrund der Entlassungen in den vergangenen Jahren aufgenommen. Wegen Auftragseinbrüchen und Umsatzrückgängen von bis 30 Prozent im Jahr 2020 hatte Smia im Februar 2021 insgesamt 145 Mitarbeitern gekündigt und 50 Leiharbeiter nicht weiterbeschäftigt, wie berichtet. Bereits 2019 waren 140 Beschäftigte entlassen worden.

Es seien keine wesentlichen Änderungen beim Personal vorgesehen, lediglich „minimale Anpassungen“ bei Vertrieb und Einkauf sowie eine „geringe Umverteilung vom direkten zum indirekten Bereich“, so Heuser. „Wir tun alles, um unsere Mitarbeiter zu halten.“ Kleinere Anpassungen der Personalstärke sollen durch ein Freiwilligenprogramm für ältere Mitarbeiter erfolgen, das Anreize für einen frühere Ruhestand biete. Über die Sicherheit der Arbeitsplätze entscheide letztlich der wirtschaftliche Erfolg: „Weder Audi noch wir wissen, wie viele Autos nächstes Jahr verkaufen werden.“ Daher setze die Motherson-Gruppe auf das Motto: „Wir müssen mit dem Markt atmen.“

Gute Anzeichen dafür, dass sich die Autoindustrie von der Krise erholt

Es gebe allerdings gute Anzeichen dafür, dass sich die Automobilindustrie in diesem Jahr von der Krise erholen werde. Zumindest beim Halbleitermangel sei eine Entspannung in Sicht und erste Erfolge in Form von neuen Aufträgen seien zu verzeichnen. Auch wenn versucht werde, neue Geschäftsfelder – etwa in der Medizintechnik – zu erschließen, werde die Autoindustrie der wichtigste Kunde bleiben: „Das ist ein extrem stabiler Auftrags- und Arbeitgeber.“

Kurzarbeit sei keine Option mehr für SMIA, da bei neuen Aufträgen auch kurzfristig die komplette Mannschaft gebraucht werde. „In der Corona-Pandemie war Kurzarbeit ein tolles Instrument, doch das erfordert auch Planungssicherheit“, sagt Heuser. Eine zusätzliche Bürde für das Unternehmen seien die um etwa 30 Prozent gestiegenen Energiekosten, doch da sie die gesamte Branche treffen, sieht Heuser keine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit. Ein eigens eingesetztes Energieteam arbeite an Einsparmöglichkeiten.

Nachfrage nach Kunststoffteilen unabhängig von der Art des Antriebs

Positiv bewertet auch Betriebsratsvorsitzender Peter Leipold die Zusammenarbeit mit SMP. Wegen der Automobilkrise infolge der Pandemie und des Halbleitermangels habe SMIA eine schwierige Zeit hinter sich, daher erwarte er durch die neue Strategie eine Stärkung des Standorts Michelau. „Es sind definitiv keine Entlassungen vorgesehen“, betont er. Lediglich organisatorische Änderungen. Und für eine Anpassung an die Erfordernisse des Marktes solle „die natürliche Fluktuation und ein Freiwilligen-Programm für ältere Kollegen“ genutzt werden. „Der Personalstand, den wir jetzt haben, passt gut zur Menge der Aufträge“, sagt Leipold.

Zuversichtlich sei er, dass sich die Auftragslage ab 2024 deutlich bessere. „Der Stellenwert des Designs wird in der Autoproduktion immer wichtiger, da ist Kunststoff gefragt.“ Und die Produkte von SMIA seien im Gegensatz zu anderen Zulieferern unabhängig vom Antrieb, wie steigende Aufträge für die elekritschen Modelle von VW oder Audi zeigten.

Über SMIA und SMP

Samvardhana Motherson Innovative Autosystems (SMIA) ist ein Unternehmen der Samvardhana Motherson Gruppe, die mit weltweit über 135 000 Beschäftigten zu den 21 größten Automobilzulieferern zählt. Am Standort Michelau in Oberfranken sind derzeit rund 1300 Mitarbeiter beschäftigt. Damit ist SMIA der zweitgrößte Arbeitgeber im Landkreis Lichtenfels und der wichtigste in Michelau. SMIA ist die Nachfolgefirma von Scherer & Trier, das 1967 von Andreas Scherer, Georg Scherer und Lothar Trier gegründet wurde. Im Februar 2015 übernahm für indische Samvardhana Motherson Gruppe das Unternehmen. SMIA fertigt und entwickelt hochwertige Kunststoffteile im Extrusions- und Spritzgussverfahren, vor allem für die Autoindustrie. Die Produkte reichen von Teilen der Innenausstattung bis zu Bestandteilen der Karosserie wie Dachleisten, Heckspoiler oder Tankdeckel. Zu den Kunden gehören Mercedes und BMW, VW, Ford und die PSA Group (Citroen, Opel, Peugeot, Vauxhall).

Die Konzernschestern Samvardhana Motherson Peguform (SMP) beschäftigt an 36 Standorten rund 13 500 Mitarbeiter. Im Geschäftsjahr 2019/20 wurde ein Umsatz von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. Unter dem Namen Badische Plastikwerke 1959 in Bötzingen gegründet, wurde die Firma 2011 von Motherson übernommen. Sie entwickelt und fertigt Kunststoffteile sowie hochintegrierte Module für den Innenbereich und Außenbereich von Fahrzeugen. Als Spezialist für Cockpits, Türinnenverkleidungen, Stoßfängermodule und innovative Karosserie-Kunststoffteile beliefert SMP namhafte Automobilhersteller in Europa, China, Mexiko, Brasilien und den USA.

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