
Wenn auch die Regenfälle der vergangenen Wochen ein wenig an die Hochwasser von 2002 oder 2011 erinnern, so fühlen sich viele Anwohner der Michelauer Straße in Schwürbitz heute doch geschützt. Grund hierfür ist der neue Hochwasserschutz am Main samt einer optisch ansprechenden „Uferpromenade“ – ein langwieriges und nicht immer einfaches Projekt. Dennoch „hat es sich gelohnt, und unser Bürgerengagement hat Früchte getragen“, resümiert Anwohner Manfred König.
Es stand von Anfang an fest, dass eine Hochwasserschutzmauer nur entlang der Michelauer Straße gebaut werden sollte, erklärt Günther Prem, der zuständige Projektleiter im Wasserwirtschaftsamt Kronach. Zwar war sich dieses mit der Gemeinde Michelau und vielen Schwürbitzern darin einig, dass nach den genannten Überflutungen der Michelauer Straße durch den Main und der Bedrohung für die anliegenden Wohnhäuser Maßnahmen ergriffen werden müssen. Doch die Pläne des Wasserwirtschaftsamts schieden zunächst die Geister.
„Diese hätten einen derart gravierenden Einschnitt dargestellt, dass Rektionen zu erwarten waren“, erinnert sich Manfred König. Bei einem Ortstermin im September 2014 mit Vertretern des Wasserwirtschaftsamts brachten viele Bürger, unter anderem König, Reinhard Höppel und Carlo Scheidt, ihre Einwände vor.
Die geplante Spundwand wurde schnell zur „Berliner Mauer“
Beispielsweise wünschten sie sich eine breitere Einfahrt von der Michelauer Straße zum ehemaligen Festplatz sowie eine Erhöhung der Ausfahrt. Im Mittelpunkt stand jedoch vor allem die Höhe der neuen Spundwand, umgangssprachlich schon „Berliner Mauer“ genannt, die vielen Schwürbitzern zu hoch angelegt war.

Zusätzliche Sicherheit sollten Dammbalkenverschlüsse bilden, die bei Bedarf schnell bis zu einer Höhe von 1,40 Metern aufgesetzt werden könnten. Doch woher sollte die Kompetenz kommen? „Wir sind keine Fachleute, wir betrachten das Ganze als Anwohner und mit gesundem Menschenverstand. Wir haben Besichtigungstermine in kleineren Ortschaften wie Ebing vereinbart, die für das Problem praktikable und optisch vertretbare Lösungen gefunden hatten, und haben Gespräche mit Fachfirmen geführt“, erzählt König. Gleichzeitig standen viele der Anwohner im Dialog mit den Fraktionen, Gemeinderäten sowie den Bürgermeistern Dirk Rosenbauer und Jochen Weber.
Modernes und zweitgrößtes Pumpwerk in Bayern
Über viele Jahre der Planung und Umsetzung hinweg wurde der „ursprünglich eher einfach gehaltene Hochwasserschutz“, so Günther Prem, baulich erheblich ausgeweitet: Die Zufahrt zum Festplatz wurde von sechs auf zwölf Meter verbreitet. Die Mauerhöhe wurde um 50 Zentimeter abgesenkt, damit der Blick von der Straße auf den Main erhalten bleibt. Die verbleibenden 50 Zentimeter werden mittels einer mobilen Alu-Tafel-Wand ersetzt. Die Betonwand erhielt die Struktur einer Sandsteinmauer.

Um binnenseitig nach Regenfällen angesammeltes Wasser rasch in den Main zu befördern, wurde ein Pumpwerk errichtet, das jetzt das modernste und zweitgrößte in Bayern ist. Prem resümiert: „Es wurden alle technischen Register gezogen, um die rund zehn Häuser an der Michelauer Straße auch vor einem extrem selten auftretenden Hochwasser zu schützen.“ Bürgermeister Jochen Weber spricht von rund 16 Häusern.
Während einige Bürger dem Wasserwirtschaftsamt Versäumnisse vorwerfen, betont der Projektleiter: „Die Meinung der Anwohner in Schwürbitz war gespalten. Die eine Hälfte war froh, einen Hochwasserschutz zu bekommen, der andere Teil war der Meinung, dass dies Geldverschwendung wäre.“ Er weiß um den verursachten Lärm, Staub und die Erschütterungen. „Eine angenehme Baustelle in Verbindung mit manchen Anwohnern war es jedenfalls nicht.“
Es fehlen noch Ruhebänke, Beleuchtung, Handläufe und Schilder
Bürgermeister Weber begrüßt das Engagement der Anwohner: „Das ist gelebte Demokratie.“ Er zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden. Die Gestaltung der Uferpromenade oblag dem gemeindlichen Bauhof und dem Gärtnertrupp. Die Mitarbeitenden haben unter anderem 200 Tonnen Baumsubstrat geliefert und eingearbeitet, 173 Tonnen Frostschutzmaterial angefahren und eingebaut, 225 Meter Granitleistensteine und acht Entwässerungsrinnen eingebaut. Der Gärtnertrupp hat elf Bäume gepflanzt.

Dadurch, dass Bauhof und Gärtnertrupp statt einer Firma die Arbeiten übernahmen, wurden rund 52 000 Euro gespart. Ruhebänke, eine Beleuchtung, Handläufe und Schilder werden die Promenade vervollständigen, verspricht der Bürgermeister. Der ehemalige Festplatz soll, sobald die Pandemie überstanden ist, wieder mit Leben erfüllt werden.
In den sozialen Medien wurden nun Stimmen laut, dass zwei Anwesen „vergessen worden seien“. Zunächst jedoch war der Hochwasserschutz nur im Bereich der Michelauer Straße vorgesehen. „Das Wasserwirtschaftsamt hat im Zuge der recht verzwickten Lage im Bereich des Pumpwerkes eine aktuelle, sehr detaillierte Hydraulik gerechnet. Es hat sich dabei herausgestellt, dass etwa 150 Meter flussaufwärts noch zwei Wohngebäude bei einem einhundertjährlichen Hochwasser leicht betroffen sein werden. Die maximale Einstauhöhe wurde mit 30 Zentimetern berechnet“, erklärt Prem.
Eine einfache Lösung für die beiden Häuser gibt es nicht
Die Eigentümer seien dazu beraten worden, wie die beiden Häuser mittels Objektschutz geschützt werden könnten. „Es stellte sich aber vor Ort heraus, dass eine augenscheinlich einfache Lösung nicht umsetzbar ist, ohne massiv in die Substanz der Gebäude einzugreifen. Die trifft insbesondere auf das etwa 150 Jahre alte Wohnhaus zu“, so Prem.

„Es hat uns aber dann doch etwas verwundert, dass die beiden Hauseigentümer sowie die örtliche Politik fest davon ausgingen, dass das Wasserwirtschaftsamt sich schon um den Hochwasserschutz der Häuser kümmern und diesen natürlich auch bezahlen werde. Doch so einfach ist es halt nicht.“ Objektschutz sei Privatangelegenheit. Der Staat könne und dürfe hier nur beraten, aber nicht aktiv tätig werden. Dies zu vermitteln sei schwierig, da natürlich Parallelen zur Michelauer Straße gezogen werden.
„Wir haben unsere Haltung aber bei der Regierung von Oberfranken und dem Umweltministerium abgesichert, beziehungsweise deren Vorgaben weitergegeben. Rein praktisch kann aber insbesondere der jeweilige Hauszugang – wie seit vielen Jahrzehnten üblich – mittels Sandsäcken abgesichert werden. Hier leistet die Feuerwehr in der Regel Hilfestellung.“
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