MICHELAU

Geschichte von Michelau: nicht immer friedlich zugegangen

Heimatforscher Ernst Schmidt bekam als Dank für seinen Vortrag vom 2. Vorsitzenden Otto Graf einen von Doris Graf gefertigten „Himmelsstürmer“ überreicht. Foto: Bernd Stammberger

Bei der jüngsten Monatsversammlung des Vereins für Gartenbau und Landespflege war der Michelauer Heimatforscher Ernst Schmidt zu Gast, der sich durch zahlreiche Arbeiten zur Historie seiner Heimatgemeinde einen weit über die Gemeinde hinausgehenden Ruf erworben hat. Diesmal war das Thema seines Diavortrags eine „Zeitreise durch die Michelauer Ortsgeschichte“, die er mit Schriftstücken und Beschreibungen aus verschiedenen Archiven ausschmückte.

Hinlänglich bekannt ist mittlerweile die Ersterwähnung von Michelau (seinerzeit „Michilowe“) in einer Urkunde aus dem Jahr 1195, denn 800 Jahre später, im Jahr 1995, feierte man das runde Jubiläum mit einem heute noch unvergessenen Fest. Aus dem achten/neunten Jahrhundert stammende Skelettfunde in der Gegend der südlichen Bismarckstraße deuten auf eine noch frühere Besiedlung hin.

1435 etwa wird von zehn Häusern berichtet

Familiennamen tauchen erstmals zu Beginn des 15. Jahrhunderts auf, wie zum Beispiel „Glock“, der allerdings irgendwann wieder verschwand. Die ersten Einzelgehöfte, also sozusagen das Ur-Michelau, entstanden im Bereich Coburger Hof/Fassoldshof/Dörnberg; 1435 etwa wird von zehn Häusern (Bauernhöfen) berichtet. Gelebt haben die Menschen damals von der Flussfischerei und der Herstellung von Pfählen für den Weinbau, die dann in die entsprechenden Anbaugebiete geflößt wurden.

In einer Schrift von 1507 liest man von der Musterung von 20 Männern und 1512 von der Aufstellung einer Landwehr. 1517 erfolgte der Bau der Sankt-Anna-Kapelle. Evangelisch wurde Michelau 1544. Von 1535 stammt die 14-seitige Dorfordnung. Damals gehörte das Gemeindegebiet zu 50 Prozent dem Bischof von Bamberg und der Rest verschiedenen Rittern. Bezüglich des Schultheißes (Bürgermeisters) einigte man sich auf einen Wechsel zwischen jeweils einer vom Bischof und von den Rittern vorgeschlagenen Person. 1536 wurde erstmals auf dem eigenen Friedhof beerdigt, bis dahin waren die Toten in (Markt)Graitz bestattet worden. 1570 wird die Schule zum ersten Mal erwähnt; der Unterricht wurde im Armenhaus oder im Lehrerhaus abgehalten.

1571 wurden 30 Gebäude bei einem Großbrand zerstört

1571 wurden bei einem Großbrand 1571 wurden 30 Gebäude – „das halbe Dorf“, so berichten es die Aufzeichnungen –, zerstört. Bei der ersten Volkszählung im Jahr 1558 wurden 300 Einwohner registriert; zu Beginn des 30-jährigen Krieges 1618 waren es schon 438 Seelen, deren Zahl aber bis zu dessen Ende dramatisch auf 78 zurückging. Ende des Jahres 1690 war man dann wieder bei rund 400 Personen angekommen.

Von 1513 bis 1567 wurde der erste Mainsteg errichtet, von 1741 bis 1749 der Durchstich vom Main zum Mühlbach geschaffen. 1697 wurde der Dorfbrunnen gebaut, 1795 die Korbmacherzunft gegründet. 1802 wurde das Hochstift Bamberg bayerisch; zwei Jahre später kamen der erste evangelische Pfarrer und der erste evangelische Schullehrer ins Dorf, nachdem die Räte den katholischen Pfarrer fortgeschickt hatten.

Konfessionsmäßig waren es mitunter turbulente Zeiten

1805 kam es zu einem „großen Tumult“, als die Katholiken außerplanmäßig einen Gottesdienst in der Sankt-Anna-Kapelle abhielten. Zwei Jahre später wurde Michelau Sitz des Dekanats und blieb es bis heute. 1816 wurde die Sankt-Anna-Kapelle abgebrochen und 1819 durch einen Neubau ersetzt. 1878 wurde der Bahnhof gebaut, 1897 kam der erste Arzt nach Michelau und um das Jahr 1900 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet.

Mit der Elektrifizierung im Dorf wurde 1903 begonnen, 1908 folgte die erste Telefonstelle. In einer Schrift von 1913 liest man von der „Kleinkinder-Bewahranstalt Sophienheim“, dem heutigen Kindergarten in der Neuenseer Straße.

Politisch umstrittene Eingemeindungen von Neuensee und Schwürbitz

Der Erste Weltkrieg forderte im Ort rund 100 Todesopfer. 1925 zählte man 2.900 Einwohner, 1950 waren es schon 4.210. Die Korb- und Polstermöbelindustrie waren die wirtschaftlichen Standbeine. Die Gebietsreform ab 1971 brachte die politisch umstrittenen Eingemeindungen von Neuensee und Schwürbitz mit sich. Michelau wurde zum Kleinzentrum. Dass es die Jahrhunderte zuvor auch nicht immer friedlich zugegangen war, schilderte der Chronist an den Beispielen Braustreit, Hutstreit und dem innerdörflichen Glockenkrieg, was die Zuhörer schmunzeln ließ.

Für die Aufarbeitung der neueren Ortsgeschichte hofft Ernst Schmidt auf einen Nachfolger, der allerdings in große Fußstapfen treten wird. 2. Vorsitzender Otto Graf dankte dem Referenten und überreichte ihm ein von Doris Graf gefertigtes Weidenstück, einen sogenannten Himmelsstürmer.

Die nächste Veranstaltung des Vereins ist die Pflanzenbörse am Samstag, 29. April, um 14 Uhr bei Familie Graf in der Dr.-Werner-Fleischmann-Straße 6.

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