
In einer Zeit, in der dieses Land von Armut geprägt war, genauer gesagt am 3. Januar 1923, fanden sich aus den vier Ortschaften des „Grundes“ 36 Männer zusammen, um einen Gesangverein ins Leben zu rufen. In einem sehr würdigen Rahmen feierten die heutigen Mitglieder dieses Vereins mit der ganzen Bevölkerung in einem Gottesdienst mit anschließendem Beisammensein sein 100-jähriges Bestehen.
Vorsitzender Klaus Weiß gab einen umfangreichen Einblick in die Geschichte des Vereins. Als sein Ziel wurde folgender Wortlaut im ersten Vereinsbuch niedergeschrieben: „Die Pflege edler, deutscher Sangeskunst und in der Harmonie des Gesanges ein echt brüderliches, einträchtiges Zusammenleben“. Ein bis in die heutige Zeit gültiger und erstrebenswerter Wahlspruch, bemerkte Weiß.
Nicht nur Gesang
Der erste, mit viel Lob erwähnte, Auftritt des jungen Chores fand im November 1923 zur Einweihung der Kapelle in Thelitz statt. Im April 1926 begann mit dem ersten Theaterabend in der Gastwirtschaft „Dunkelhütte“ eine langjährige Tradition des Theaterspielens, das den Gesangverein Obersdorf weit über seine Gemeindegrenzen hinaus bekannt gemacht hat. Mit dem Jahresbericht 1932 enden die Aufzeichnungen des ersten Schriftführers. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland erlosch das Vereinsleben. Von den 36 Gründungsmitgliedern des Gesangvereins mussten 28 Männer für ihr Vaterland in den Krieg ziehen. Einige sahen ihre Heimat nicht mehr wieder.
Hohe Qualität
Die Neugründung des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte am 7. Januar 1950. Der Verein konnte in diesem Jahr 41 Beitritte verzeichnen. Einen ersten, ehrenvollen Auftritt hatte man am 25. November 1951 zur Einweihung des Obersdorfer Kriegerdenkmals.
Im Jahr 1953 zählte der Chor 23 aktive Sänger. Georg Schmuck aus Thelitz übernahm im Alter von 23 Jahren den Dirigentenstab. Von da an hatte man bei sämtlichen Sängerveranstaltungen wegen des sehr jungen Dirigenten und der gesanglichen hohen Qualität alle Aufmerksamkeit für sich. Kurz darauf wurde ein gemischter Chor gegründet. Ein Jahr später erweckte man die alte Tradition des Theaterspielens wieder zum Leben.
Bedingt durch viele Hochzeiten junger Aktiver und den damit verbunden Wegzug aus Obersdorf wurden vor allem die Frauenstimmen von Jahr zu Jahr weniger.
Es geht abwärts
Ende 1970 musste daher der Gemischte Chor aufgelöst werden. Ein Jahr später bestand der Gesangverein Obersdorf nur noch aus zehn aktiven Sängern. Daraufhin entschloss man sich, mit der Liedertafel Hochstadt zu fusionieren. Nach zwei Jahren ging wieder jeder seinen eigenen Weg.
Ende der 1980er Jahre war der Chor wieder an einem Tiefpunkt angelangt. Nachdem kein Nachwuchs an Männerstimmen in Aussicht war, entschloss man sich, Frauen für den Gesangverein zu werben. Bereits vier Wochen später hatte man einen respektablen Auftritt als gemischter Chor bei einem Ehrungsabend des Patenvereins aus Roth.
Großer Zusammenhalt
Nach den Feierlichkeiten zum 90-jährigen Bestehen legte Johann Dötzer sein Amt als Dirigent nieder. Ihm folgte mit Ingrid Müller eine Frau aus den eigenen Reihen als erste Chorleiterin. 2018 trat Rainer Tuschl als 1. Vorsitzender zurück und Klaus Weiß wurde zu seinem Nachfolger gewählt. Der Chor umfasst aktuell 22 aktive Sängerinnen und Sänger. In der 100-jährigen Vereinsgeschichte werden von den verschiedenen Schriftführern neben den gesanglichen Darbietungen immer wieder der Zusammenhalt und die gemeinsamen, gesellschaftlichen Zusammenkünfte beschrieben, und das ist bis heute erhalten geblieben.
„Wir Sängerinnen und Sänger vom Gesangverein Obersdorf treffen uns zum Singen, weil wir gerne singen und weil wir uns in unserer Gemeinschaft wohl fühlen und dabei gerne Geselligkeit und Gemütlichkeit pflegen, so wie es schon im 1. Vereinsbuch von 1923 niedergeschrieben steht“, schloss der Vorsitzende.
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