
Andreas Büttner bringt es auf den Punkt: „Es ist ein großes Dankeschön vom Bayerischen Landesamt für Denkmalschutz“, so der Referatsleiter für Bamberg zu all dem Geschehen, das von Samstag bis Sonntag in der Adam-Riese-Halle herrschte. Unter dem Begriff „Archäologie in Ober- und Unterfranken“ fand erstmalig seit den 1980er Jahren und in dieser Größenordnung eine derartige Tagung statt, die nicht weniger als 16 Fachvorträge nebst Exkursion, Museumsführung, Kaffeepausen, Abend- und Mittagessen bot. Ein Dankeschön, dass all jenen archäologisch interessierten Hobbyisten, Ausgrabungshelfern und Feldbegehern galt.
„Bodendenkmäler kennen wir nur, weil solche Leute über Äcker laufen und Indizien für mögliche Funde melden“, erklärt Büttner zu all den archäologischen Enthusiasten, von denen sich am Samstagabend rund 140 eingefunden haben, um einmal mehr einem besonderen Vortrag zu lauschen. Ging es an diesem Tag zuvor schon um vorgeschichtliche Befestigungssysteme oder um neue Ergebnisse der Archäologie an einem merowingerzeitlichen Gräberfeld im Kreis Kitzingen, so sollte nun der Auftritt von Markus Schußmann folgen. Er war es, der die Ausgrabungen eines spätlatenezeitlichen Zangentors auf dem Staffelberg 2018 bis 2019 leitete.
Bei diesem Tor handelt es sich um eine wehrtechnische Raffinesse mit tödlichen Folgen für Angreifer. Sie hätten sich bei einem Ansturm bald in einem sich verengenden Weg zwischen gut fünf Meter hohen Mauern befunden, wo sie von den Verteidigern mit Speeren und Pfeilen dezimiert worden wären. In die Zange genommen, quasi. Als Schußmann ans Mikrofon trat, galt ein Dank auch dem für seine Frankenkrimis bekannten Buchautor Helmut Vorndran, der für jene Grabungen anregend war und sich dafür einsetzte, „doch etwas aus dem keltischen Erbe zu machen“.
Vom Ziel der Aktion ist wenig geblieben

Doch so sehr Schußmann und sein Ausgrabungsteam wohl auch ganze Arbeit leisteten und Bemerkenswertes am Befestigungswall des einstigen keltischen Oppdiums zutage förderten, so ratlos-zerknirscht steht er zu dem, was im Lichtenfelser Landkreis die Lehre aus den umfangreichen und mit 3D-Technik vorbereiteten Grabungen ist: kein Zangentornachbau. Dass es so kam, bedauert er „sehr, denn das war ja das Ziel der ganzen (Grabungs-)Aktion“.
Doch der Archäologe, Privatdozent und Doktor der Bamberger Universität, der das Gewesene als sein persönliches „berufliches Highlight“ ansieht und nicht davon ausgeht, je wieder Gelegenheit zu etwas vergleichbarem zu bekommen, räumt auch ein, dass ein solcher Tornachbau wohl nicht touristische „Riesenmassen gerissen, aber für überregionale Bekanntheit“ gesorgt hätte. Gut eineinhalb Stunden lang führte er aus, welch kapitale Erkenntnisse die Grabungen zutage förderten.
Weil es der Politik nicht mehr ins Konzept passt
Eine davon ist seine Privatmeinung und die übersteigt die bislang angenommenen Dimensionen des Zangentors um gut 2,5 Meter. Ging man bisher von einer Gesamthöhe aus, die bei 12,5 Metern gelegen haben mochte, so sprach Schußmann von 15 Metern und einem zusätzlichen Stockwerk. Eine wohl auch durch ein staatliches Gutachten gespeiste Vorstellung von Dimensionen, die, das ließ er im Gespräch und unter Betonung, keine Namen nennen zu wollen, durchscheinen, „teilweise im Bezirk und im Landkreis nicht gerne gehört“ würde.
Zu den Dingen, die der Mann für besonders herausstellte, gehörte vor allem Architektonisches und Kunstfertiges. „Hier scheinen Maurer und Steinmetze am Werk gewesen zu sein, die etwas von ihrem Handwerk verstanden“, so Schußmann, der den Zuhörern die bauliche Vorgehensweise zur Befestigungsanlage vom Staffelberg vor Augen führte. So sprach er davon, dass „relativ gewaltige Pfosten“, welche die Dicke eines Kühlschranks hatten, als Stützelemente dienten.
Selbst den Schlussstrich gezogen
Er sprach auch davon, wie sehr bei all den Verstrebungen am Zangentor der Zimmermannsgrundsatz „Viereck vergeht – Dreieck besteht“ beherzigt wurde, davon, wo es Scheingräber gab, dass die Umwallung in Doppelfunktion wohl auch gleichzeitig Drainage gewesen ist und dass durch diese Grabungen eine vorherrschende Bauweise „zum ersten Mal östlich des Rheins nachgewiesen werden konnte“. Schußmann sprach auch von der Hinterstützung der Mauer, von ihren Rückankern, die sich kastenförmig gaben und mit Steinen beziehungsweise Erde befüllt wurden und immer wieder auch von Brandspuren, die nahelegen mögen, die keltische Siedlung am Staffelberg sei einige Jahrzehnte vor Christi Geburt wohl von den Bewohnern „geplant selbst aufgegeben“ worden.
Was durch die Grabungstätigkeiten noch gefunden wurde, waren 30 Schädel, die außen am Wall angebracht waren. Somit folgte man wohl auch am Obermain dem keltischen Schädelkult. Auch wurde der Nachweis erbracht, dass aufgrund von Wegbefestigungen im Bereich des Torwegs Rechtsverkehr galt.
Gewaltiger Erkenntnisgewinn
Für seine ihn selbst erstaunendste Erkenntnis während der Grabungen, wählte Schußmann unserer Zeitung gegenüber ein originelles Bild: „Als Archäologe hat man normalerweise nach Grabungen mehr Fragen als Antworten. Hier habe ich jetzt mehr Antworten als Fragen.“ Auch gibt sich der Archäologe sicher, dass sich die ergrabenen Erkenntnisse „in der Fachwelt und Literatur niederschlagen werden“. Mehr noch: Es könnte das „allgemeine Bild, das man von den Kelten hat“, anreichern. „Das ist eine Referenzgeschichte.“
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