OBERLEITERBACH

Mit dem Projekt boden:ständig Regenverdaulichkeit fördern

Zahlreiche Interessenten lauschten den Ausführungen des Experten. Foto: M. Drossel

Nach und nach fördert Dr. Michael Link einen Mitarbeiter von Landwirt Johannes Zenk nach dem anderen zutage. Der Agrarwissenschaftler aus Mittelhessen steht in einer 1,20 Meter tiefen Grube auf einem Acker im Bereich „Kirchweg“ unterhalb eines Waldstücks nahe Oberleiterbach. „Da, ein Regenwurm. Und noch einer, da weiter unten“, sagt er, zeigt er und ist zufrieden. Regenwürmer zeugen von einem gut durchlockerten Ackerboden. Im Rahmen des boden:ständig-Projeks zeigt er zahlreichen Landwirten, Landflächenverpächtern und anderen Interessenten, wie mittels moderner Bodenbewirtschaftung das Feld nicht nur ertragreich bleibt, sondern vor allem sein wichtigstes Gut nicht verliert: die oberen Bodenschichten.

Wo der Regenwurm lebt, passt der Kalkwert im Boden – und er ist gut durchlockert. Foto: M. Drossel

Das Jahr 2022 war ein Dürrejahr mit viel Sonne und kaum Regen. Für die Landwirtschaft bedeutete das schmerzhafte Ertragseinbußen. Nun hat es wieder Niederschläge gegeben, über viele Tage, beständig, fast sechsmal so viel wie in einem durchschnittlichen September. Starkregen aber blieb aus. Zum Glück für die abgeernteten Feldfluren: Allzu leicht könnte wertvoller Boden für immer verloren gehen.

Nach langer Corona-Zwangspause konnten sich Interessenten im Rahmen des boden:ständig-Projekts endlich mal wieder treffe... Foto: M. Drossel

„Regenverdaulichkeit“ heißt das entscheidende Wort, also die Fähigkeit, Niederschläge in der Flur aufzunehmen. Beispiel Oberleiterbach. Der Ort im Markt Zapfendorf liegt in einem Taltrichter, ist von Hängen ringsum umsäumt. Bei der Flurneuordnung in den 1960-er-Jahren wurden Wege und Gräben fast ausschließlich in Hangrichtung angelegt. Regnet es stark und sind die Felder durch die immer schwerer werdenden Landmaschinen zusätzlich stark verdichtet, kann das Wasser nicht in der Flur gehalten werden. Der Regen fließt ab in Gräben und Bäche, nimmt wertvollen Boden mit. Unwiederbringlich. „Wir müssen wirklich alles tun, um genau das zu vermeiden“, formulierte es Waltraud Dümmler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bamberg.

Manchmal reicht ein Messer, um Erkenntnisse aus den Bodenproben zu gewinnen. Foto: M. Drossel

Das weiß auch Landwirt Johannes Zenk aus Kirchschletten. Schon vor zwei Jahrzehnten habe damals noch sein Vater Robert auf pfluglose Bewirtschaftung umgestellt, „um der Erosion entgegenzuwirken“. Er setze auf Stoppelsturz und minimale Bearbeitung mit der Scheibenegge, um den Boden so wenig wie nötig zu bearbeiten. Im Winter helfe eine Zwischenfrucht, den Acker vor Abschwemmung zu schützen.

In 50 Zentimetern Tiefe entdeckt Dr. Michael Link in der Feldflur eine Porzellansicherung. Foto: M. Drossel

Bodenbearbeitung: so minimal wie möglich, so intensiv wie nötig

Dr. Michael Link vom Büro für multifunktionale Umweltplanung geht in die Analyse. 2,1 Prozent Humusanteil habe dieser schwere, von Lehm geprägte Acker in den ersten 20 Zentimetern Tiefe. In Bayern liege dieser durchschnittlich bei zwei bis 2,6 Prozent. „Wir sehen hier Prozesse, die über Jahrhunderte gelaufen sind“, zeigt Dr. Michael Link anhand der tiefen Grube im Feld. „Als im Mittelalter die ersten Neusiedler die Wälder rodeten, begann der Boden, sich zu bewegen und zu verändern.“ Fundstücke untermauern seine Aussagen: Auf 28 Zentimetern Tiefe eine alte Porzellansicherung, bei 50 Zentimetern ein gebrannter Ziegelstein. Zeugen der Zeit, Zeugen der Erdbewegung des Hangs hinunter, Zeugen einer intensiven Nutzung. „Wir haben hier bis zu einer Tiefe von 1,20 Metern tatsächlich umgelagerten Boden“, verdeutlicht der Bodenkundler. Will meinen: Was einst oberflächennah war, liegt heute deutlich tiefer – und umgekehrt.

In einem Erdloch stehend, erläuterte Dr. Michael Link die Beschaffheit des Ackers. Foto: M. Drossel

„Kalken, kalken, kalken – und nicht auf den pH-Wert verlassen“, rät Dr. Link den Landwirten. Sei der Boden zu sauer, blieben die so wichtigen Mitarbeiter weg: die Regenwürmer, die den Boden auflockern, durch deren Gänge die Wurzeln der Feldfrüchte auch in tiefere Regionen gelangen und dort Wasser ziehen. „Bis zu einem Meter kann der Weizen gut und gerne wurzeln“, sagt Johannes Zenk auf Nachfrage des Experten. Dr. Link nickt. Problemlos schaffe er das. Wenn der Boden nicht zu arg verdichtet ist.

Belebter Boden bietet beste Voraussetzungen

Der Agrarwissenschaftler hat für das boden:ständig-Projekt nachgerechnet: 225 Liter Wasser könne jeder Quadratmeter dieses Ackers in diesem Bereich speichern. Er blickt in staunende Gesichter. „Das ist ein Hochleistungsstandort“, sagt er. Mit guten Voraussetzungen auf gute Erträge. Doch dieser Hochleistungsstandort ist, wie so viele, gefährdet. „Wir müssen wirklich alles tun, um weitere Bodenverlagerungen zu minimieren“, warnt Dr. Link. Und Abschwemmungen zu verhindern. „Über eine Bodenbewirtschaftung, die so gering wie nötig ist, mit einem belebten Boden – denken wir an die Regenwürmer – und mithilfe geeigneter Zwischenfrüchte.“ Je mehr Arbeitsgänge der Landwirt auf seinem Feld vollziehe, desto höher werde letztlich die Verdichtung. Vermieden werden müsse unter allen Umständen „eine Panzerplatte, über die das Wasser nur so rennt“.

Mit speziellen Flüssigkeiten lassen sich dem Ackerboden seine Geheimnisse entlocken. Foto: M. Drossel

Um das Abschwemmen wertvoller Bodenschichten zu minimieren

Was also tun? Die in Hangrichtung verlaufenden Flurwege allesamt quer zum Hang anlegen? Utopie. Stattdessen gilt es, das Beste aus den Gegebenheiten zu machen. Beispielsweise Schwellen (in den Fließwegen) anzulegen, um das Wasser und damit das Abschwemmen von Boden zu reduzieren. Oder einige Wege nach und nach etwas höher zu legen, um natürliche Barrieren zu schaffen. „Das Einzige, was wir tun können, ist verzögern“, so Dr. Link. Er betonte noch einmal die wichtige Rolle, die letztlich jeder Landwirt dabei spiele, im eigenen Interesse. „So reduzieren wir in der Summe das Risiko, dass ein Ort wie Oberleiterbach überschwemmt wird.“

Mit dem Projekt boden:ständig Regenverdaulichkeit fördern
Zahlreiche Landwirte lauschen interessiert den Erkenntnissen und Vorschlägen der Experten. Foto: M. Drossel

Daniel Spaderna vom Amt für Ländliche Entwicklung, der boden:ständig-Projekte wie das in Oberleiterbach betreute, freute sich über die große Resonanz beim Feldtag. „Wir müssen es schaffen, das Wasser in der Fläche zu halten. Da, wo es letztlich hingehört“, appellierte er. Das aber gelinge nur gemeinsam. „Unser Amt kann nur einen Anstoß geben. Lassen Sie uns das Ziel gemeinsam erarbeiten!“ Es seien schließlich die Landwirte, so Dr. Link, die die beste Kenntnis ihrer Felder hätten. „Und wir versuchen, Impulse zu geben.“

 

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