
Eigentlich sollten die selbstfahrenden Busse bereits seit Mai zwischen Bahnhof/Kurbereich und Innenstadt verkehren, doch das Bundesforschungsprojekt „Modulare intelligente induktive Ladesysteme für autonome Shuttles“ (MILAS) verzögerte sich. Nun aber stehen die Signale auf Grün: Ab Ende November soll es losgehen.
Quartiersmanger Michael Böhm ist der Beauftragte der Stadt Bad Staffelstein für MILAS und damit das Bindeglied zur den Forschern der Bergischen Universität Wuppertal und der Technischen Universität München sowie den Entwicklern der Valeo Schalter und Sensoren GmbH und der IBC Solar AG, die alle Teil des Konsortiums sind. Die Shuttles, die dann verkehren sollen, sollen induktiv geladen werden, mit Energiefeldern im Straßen- beziehungsweise Start- und Zielbereich. Der Strom soll regenerativ gewonnen werden, aus Sonnenenergie beziehungsweise in Photovoltaikmodulen. Gefördert – zu 100 Prozent – wird es vom Bundesministerium für Wirtschaft.
„Als Testfeld im Projekt MILAS müssen uns viele Forschungsergebnisse durch die Projektpartner zugespielt werden, um diese im gesamten Projekt beziehungsweise in unserem Testfeld platzieren zu können“, antwortet er auf die Frage, woran die monatelange Verzögerung gelegen hat. Will meinen: Die Stadt Bad Staffelstein stellt nur das Umfeld zur Verfügung und freut sich, ein vielbeachtetes Projekt in der Adam-Riese-Stadt zu haben. Zeitlich beeinflussen aber können es die Stadtverantwortlichen nicht. „Uns wird vorgegeben, wann welcher Schritt umzusetzen ist.“
Nun aber steht der neue Zeitplan: In der Woche ab dem 27. November, kurz vor dem ersten Advent, soll es nach Informationen dieser Redaktion losgehen. Die Stadt Bad Staffelstein bestätigt das konkrete Datum nicht, wohl aber den Start Ende November. „Wir sind noch in enger Absprache mit unseren Projektpartnern und die wiederum mit ihren technischen Ausstattern“, erklärt Böhm. „Wir sind jedoch auf einem sehr guten Weg.“ Konkreter möchte er auf die Frage, wann der erste Fahrgast befördert werde, nicht antworten.
Durchaus ein Hingucker
Selbstfahrende Shuttles sind durchaus ein Hingucker, weil für viele ein Novum. MILAS könnte deswegen ein touristischer Mehrwert sein, jedoch wurde durch die Verzögerungen quasi eine komplette touristische Saison verschenkt. Michael Böhm wiegelt ab: „Mein Fokus als Projektleiter für den Teilbereich Teststrecke liegt nicht im touristischen Ansatz. Meine Aufgabe besteht darin, das Projekt im Testfeld und für den Konsortialpartner Bad Staffelstein umzusetzen.“
Trotz der monatelangen Stille um das Projekt sei hinter den Kulissen kräftig daran gearbeitet worden. „Wir haben in unserem Projekt einen sehr hohen Informationsaustausch mit allen Beteiligten“, bekräftigt Böhm. „Das zeigt sich in wöchentlichen Videokonferenzen und vierteljährlichen Konsortialtreffen.“ Es gibt vier Teilbereiche, für die der Quartiersmanager verantwortlich ist: die Zulassung der Busse und die Strecke, Infrastruktur und Einbauten im öffentlichen Raum, die Installation und der Netzanschluss der Photovoltaikanlage sowie Speicher und den Fahrbetrieb der Busse. „In diesen Bereichen wurden viele Detailfragen in den vergangenen Monaten geklärt und können nun, wenn jeder Konsortialpartner zuliefert, zu einem gesamten System verbunden werden.“ Und: „Das Konsortium arbeitet auch weiterhin eng, in seiner ursprünglichen Zusammensetzung, als Team.“ Es sind noch alle Partner an Bord.
Positive Erwartungshaltung
Es gab und gibt durchaus auch Skeptiker, die an der technischen Umsetzbarkeit des Projekts MILAS zweifelten. Die Verzögerung war Wasser auf ihre Mühlen. Dennoch glaubt Michael Böhm, dass die Vorfreude bei der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger überwiegt. „Es gibt eine Erwartungshaltung im positiven Sinn“, sagt er. Man freue sich auf den Beginn.
Auch der Projektverantwortliche kann den Start kaum noch erwarten. „Wir als Teststrecke haben keinen Einfluss auf die technische Umsetzung der Hochschulen und Forschungspartner“, sagt er. „Jedoch kann hier immer wieder auf andere Projekte verwiesen werden, die mit ähnlichen Hürden umgehen müssen und im Ergebnis Erfolge im Forschungsauftrag aufweisen.“
Reicht die Zeit noch aus?
MILAS ist ein zeitlich begrenztes Forschungsprojekt, das ursprünglich bis Juli 2024 ausgelegt worden war. Auf die Frage, ob der Forschungszeitraum aufgrund der monatelangen Verzögerung nun ausgeweitet wird, gibt sich Böhm vage: „Das Konsortium befindet sich aktuell in der Abstimmung, ob wir mit dem Projektträger eine diesbezügliche Vereinbarung verhandeln wollen.“ Für die kleine Kurstadt sei ein Projekt ein Glücksgriff: „Es ist für eine Stadt unserer Größe schon außergewöhnlich, sich in einem solchen Projekt zu finden und die Möglichkeiten dadurch zu bekommen als Projektpartner beteiligt zu werden“, betont er. Und das alles gratis, denn: „Der Stadt Bad Staffelstein sind im Rahmen des Förderprojektes noch keine Kosten entstanden.“ Und so werde es wohl auch bis zum Ende des Projektzeitraums bleiben.
Photovoltaikanlage ist bereit
Dennoch fragen sich Interessenten, warum in den vergangenen Monaten nicht wenigstens schon die induktiven Ladesysteme installiert worden sind. „Gerade dieses Modul beinhaltet den größten Forschungsaufwand“, argumentiert Böhm. „Es ist eines der wichtigsten Module mit dem größten baulichen Einfluss. Aus diesem Grund werden die auszuführenden Maßnahmen erst aktiviert, wenn sich alle Beteiligten sicher sind.“
Und es sei ja auch nicht so, als ob in den zurückliegenden Wochen gar nichts getan wurde. „Die PV-Anlage zur klimaneutralen Energieversorgung unserer Busse ist bereits installiert worden und wird nun zeitnah ans Netz angeschlossen.“
Nun gilt es, die Infrastruktur zu installieren und die baulichen Voraussetzungen zu schaffen. Die Auftragsbücher so mancher Firma aber dürften voll sein. „Wir hatten bisher große Probleme entsprechende Fachfirmen, zu bekommen, aufgrund der aktuellen Marktlage“, bestätigt Böhm. „Seit etwa drei Monaten entspannt sich jedoch die Marktsituation.“
In Norddeutschland umgerüstet
Die beiden Shuttles, die in Bad Staffelstein verkehren sollen, wurden zwischengeparkt. „Ein Shuttle steht bei unserem Projektpartner in Norddeutschland zur Umrüstung für die Ladetechnik“, sagt Böhm, „und das zweite Shuttle ist noch bei einem Projektpartner hier in Oberfranken.“
Michael Böhm sieht im Projekt MILAS viele Vorzüge. „Mit den bundesweiten Kooperationspartnern aus den Bereichen Universitäten und Wirtschaft zeigt Bad Staffelstein, dass auch kleinere Städte die Möglichkeit bekommen, an Bundesprojekten ihre Innovationskraft zu zeigen“, meint er. „Zudem erfüllt sich ein langjähriger Wunsch der Bürger und Politik zur Anbindung des Kurzentrums an die Innenstadt.“ Denn am Ende des Forschungszeitraums dürfen die Shuttles und die geschaffene Infrastruktur behalten und weitergetrieben werden.
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