
Wie Geschosse fliegen die Eternitplatten vom Giebel über das Gelände. Eine große Scheune brennt, die Flammen drohen, auf die beiden angrenzenden Häuser überzugreifen. Das eine ist gerade einmal zwei Jahre alt, das andere das Fachwerkhaus der Eltern. Es ist das Anwesen des Kommandanten. Hunderte Einsatzkräfte aus 13 Feuerwehren eilen herbei und kämpfen 24 Stunden gegen die Katastrophe an. Die Scheune brennt in dieser Mainacht bis auf die Grundmauern nieder.
„Ich arbeitete wie in Trance, rannte von Haus zu Haus, versuchte zu retten, was zu retten war“, erinnert sich der heute 55-jährige Stefan Batz. Hitze, überall war Hitze. „Selbst die wärmste Sauna der Obermain Therme dürfte kalt dagegen sein. In den Häusern hat es geknistert, es roch brenzlich und es war stickig. Man hätte Brot darin backen können.“ Lebensgefahr für alle, die sich die Gebäude wagten.
Dank zweiter Wasserwände konnten die Wohngebäude gehalten werden, wenn auch mit schweren Schäden and den Fassaden. Es war ein Abend im Mai 1992. Diesen wird Batz wohl nie wieder vergessen.

Dittersbrunn, das ist ein kleiner Ort auf halber Höhe zum Ansberg. Ein Dorf mit intakter Vereinswelt, mit großem Zusammenhalt – und doch im Wandel. „Früher war es eine Selbstverständlichkeit, dass man zur Feuerwehr gegangen ist“, erinnert sich der Kommandant. „Schon als Schüler sind wir zu jeder Übung gegangen und konnten es gar nicht erwarten, dass wir endlich mitmachen durften.“ Im Januar 1982 war es für den Dittersbrunner dann endlich soweit. Noch im selben Jahr beteiligte er sich an der Leistungsprüfung, stellte erstmals sein können unter Beweis.
„Damals hat keiner gefragt, ob du die Truppmannausbildung hast oder nicht“, sagt er mit Blick auf die heutigen Gegebenheiten. Kreisbrandmeister Horn übernahm damals die Ausbildung, Kreisbrandrat Neumann kam höchstpersönlich zur Abnahme. „Der Ausbilder kam gerne mal zu spät, wenn in Romansthal mal wieder eine Kuh gekälbert hat“, sagt Batz und grinst. „Und der Kreisbrandrat ist immer auf den Veitsberg gelaufen, wenn er bei uns war. Um die Aussicht zu genießen.“
Schon unter drei Kreisbrandräten gearbeitet
Drei Kreisbrandräte hat Batz in seinen 40 Jahren aktive Dienstzeit schon miterlebt, 35 Jahre davon als Kommandant. „Es dürfte wohl wenige im Landkreis geben, die das Amt so lange innehaben“, mutmaßt er. Im Februar 1987 ging er auf Gruppenführerausbildung nach Würzburg, im Dezember dann trat der Dittersbrunner Wehrführer Johann Dörfler überraschend zurück. Stefan Batz wurde in die Verantwortung gewählt – und blieb es bis heute.
„Ich wurde mit 21 Jahren ins kalte Wasser geworfen“, sagt er. „Wie gut, dass ich Winfried Lieb als meinen 2. Kommandanten hatte und damit perfekte Unterstützung.“ Lieb und Batz waren Schulfreunde, sind noch heute eng verbunden, privat wie in Sachen Feuerwehr, deren Vorsitzender Winfried Lieb heute ist.

Stefan Batz trägt sein Herz auf der Zunge, ist ein Mann des offenen Wortes. Konfrontationen scheut er nicht, Missstände prangert er kompromisslos an. Das neue Feuerwehrhaus in Dittersbrunn ist letztlich unter anderem seiner Beharrlichkeit zu verdanken. 1989 wurde es erstmals beanstandet, ab 1996 dann durch einen Neubau ersetzt. Über 2000 Stunden Eigenleistung flossen mit ein. „Wir Dittersbrunner und Sträublingshofer haben nahezu alles selbst gemacht.“ Auf seine Mannschaft hält er sowieso große Stücke. Sie wird einbezogen, wo immer es möglich ist. „Der Kommandant ist immer nur so gut wie seine Truppe“, findet Batz. „Und meine Leute passen definitiv.“ Die Hierarchien sind flach in Dittersbrunn.
Beim THW eine exzellente Ausbildung genossen
Batz engagiert(e) sich übrigens nicht nur in der Feuerwehr, sondern war auch lange beim Technischen Hilfswerk gewesen. „Damals war das Verhältnis von Feuerwehr und THW noch angespannt“, blickt er zurück. Heute arbeitet man längst auf Augenhöhe Hand in Hand. „Beim THW habe ich eine Top-Ausbildung genossen.“ Brücken bauen oder tonnenschwere Brummis anheben, um Personen darunter zu retten: All das lernte er beim THW. „Das hat mich auch in der Feuerwehr weitergebracht.“
Gerne erinnert sich Batz an die tollen kameradschaftlichen Stunden im Kreise der Feuerwehrfamilie. Ob das Fest zur Feuerwehrhaussegnung 1998, der Florianstag mit 13 Feuerwehren oder die 100-Jahr-Feier mit 63 Vereinen im Jahr 2010. Aber Feuerwehr ist weit mehr als Geselligkeit. Auch im kleinen Dittersbrunn. Der Dachstuhlbrand 1988, der erste große Einsatz für Stefan Batz als Kommandant, war kräfteraubend.
Ein Einsatz, der sich über Tage hinzog
Zwei Jahre später stand ein Fachwerkhaus in Flammen. Das Feuer breitete sich in den Fehlböden aus, musste letztlich weitgehend entkernt werden. Es dauerte Tage, bis die letzten Glutnester gefunden waren. Oder als ein Sturm bei einer Sonnwendfeier auf dem Ansberg selbst Bierzeltgarnituren hunderte Meter durch die Luft wirbelte. Dicke Äste wurden aus dem Lindenkranz gerissen. „Die Leute suchten Schutz in der Veitskapelle, mit den Bierkrügen in der Hand“, sagt Batz und lacht. „Der Kommentar des Pfarrers lautete: Nun, ihr hättet ruhig ein Fässchen mit hineinnehmen können.“ Ernsthaft verletzt wurde niemand.
Sturmschäden wie umgestürzte Bäume muss die FFW Dittersbrunn-Sträublingshof jährlich mehrmals beseitigen. Wird am Bezirksklinikum Obermain Alarm ausgelöst, sind die Feuerwehrleute vom Ansberg auch mit dabei. Hinzu kommen etliche Alarme mit unbekannter Rauchentwicklung im Wald. Und, und, und.
Trotz offenem Fenster die Sirene überhört
Batz wohnt gegenüber des Feuerwehrhauses, hat es also nicht weit. „Und dennoch habe ich einmal einen Sirenenalarm verschlafen. Bei offenem Fenster, im Sommer“, sagt er und lacht. Den Baum beseitigten die Aktiven auch ohne ihn.

„Wir kleinen Ortswehren sind zweifelsohne wichtig, denn niemand hat eine so gute Ortskenntnis wie wir“, bekräftigt Batz. „Wir kennen jeden Hydranten, jeden Schieber, jede Gefahrenstelle und jeden Waldweg.“ Mit kurzweiligen Übungen sorgen die Kommandanten dafür, dass das Wissen immer auf dem neuesten Stand bleibt. Mal geht es um Großtierrettung aus Ställen, mal um Herausforderungen bei Biogasanlagen, mal um Gefahrstoffe.
Mit der Alarmierungseinheit mit den Wehren aus Prächting und Kümmel ist man seit sechs Jahren ein schlagkräftiges Team. 24 Aktive zählt die Truppe, davon acht Damen. Und dennoch: Es fehlt der Nachwuchs. Die Corona-Zwangspause hat das Problem verschärft. „Die Orte überaltern, das bringt in Zukunft ein Riesenproblem mit sich“, so Batz. „Und deswegen mache ich als Aktiver weiter, so lange man mich lässt.“
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