
Es ist ein Wahlkrimi, der sich bis spät in den Abend hinzieht und bis kurz vor Ende auf Messersschneide steht. Erst kurz nach 22 Uhr (und damit so spät wie wohl noch nie bei einer Bürgermeisterwahl in Bad Staffelstein) war dann ein vorläufiges Endergebnis da: Die Adam-Riese-Stadt hat einen neuen Bürgermeister. Oder doch nicht? 50,0 Prozent der Stimmen von Bad Staffelstein und Ortsteilen entfallen auf Hans-Josef Stich (CSU), er hat eine Stimme Vorsprung. Der neue Chef im Rathaus? Eine Überprüfung beginnt.
Zehn Urnenwahllokale und acht Briefwahllokale gilt es auszuzählen. Allerdings erst, nachdem die Stimmen der Bundestagswahl ausgewertet waren. Zunächst sieht es nach einer Stichwahl aus, dann nach Sieg Hans-Josef Stich, dann – nach 17 von 18 Stimmbezirken (ab 21.33 Uhr) – abermals nach Stichwahl. Der CSU-Bewerber hat zu diesem Zeitpunkt 50,0 Prozent der Stimmen für sich verbucht. In Uetzing hat Mario Schönwald, der Bewerber der Freien Wähler, 70,6 Prozent für sich vereinnahmt. Auch in Frauendorf hat Schönwald mit 48,7 Prozent der Stimmen (Stich: 37,4) die meisten Wähler hinter sich. Der Lautergrund ist also fest in der Hand der Freien Wähler, zumindest bei den Urnenwählern. In Altenbanz im Banzgau allerdings ist es Stich, der mit 69,5 Prozent die Nase vorne hat. Und in den meisten Briefwahlbezirken.
Alles hängt am Briefwahlbezirk 5 Adam-Riese-Schule. Dort lässt das Ergebnis lange auf sich warten. Um 22.08 Uhr dann aber ist das Ergebnis da. Hans-Josef Stich ist nach 18 von 18 Wahllokalen mit 50,0 Prozent und einer Stimme Vorsprung vorn gegen die addierten Stimmen der Mitbewerber. Als Wahlsieger fühlt er sich zu diesem Zeitpunkt nicht: „Es läuft eine Überprüfung im Rathaus. So lange werde ich mich nicht äußern“, betont Stich im Gespräch mit dieser Redaktion.
22.45 Uhr. Wahlleiter Wolfgang Hörath tritt im historischen Sitzungssaal vor die Wartenden im Rathaus, darunter die beiden Bewerber Mario Schönwald (Freie Wähler) und Sandra Nossek (Grüne/Sbun) und etliche Stadträte. Man habe die Überprüfung beendet. Hans-Josef Stich sei Bürgermeister, nun mit drei Stimmen Vorsprung (3371 Stimmen). „Das bedeutet, dass der Herr Stich die Wahl gewonnen hat.“ Allein: Er ist zu diesem Zeitpunkt nicht im Rathaus. Hörath: „Das ist das vorläufige Endergebnis. Das endgültige Wahlergebnis wird morgen um 17 Uhr der Wahlausschuss in seiner Sitzung überprüfen und bekanntgeben.“
„Das war für mich heute eine Achterbahnfahrt“, verrät Hans-Josef Srich um 23.10 Uhr im Gespräch mit dieser Redaktion. „Aber ich bin superfroh, dass ich mich trotz dreier Kandidaten im ersten Wahlgang durchgesetzt habe. Das war nicht zu erwarten. Es ist ein Wahnnsinn!“ Eigentlich wollte er keine Zwischenergebnisse erfahren, hatte dann aber selbst immer wieder in den Live-Ticker geschaut. „Immer wieder haben mir Leute gratuliert, obwohl noch zwei Wahllokale ausstanden. Da war ich sehr angespannt. Letztlich aber ist die Freude riesig.“ Bei ihm in der Wohnung standen ihm CSU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Hagel, Parteikollege Walter Mackert, natürlich seine Frau Moni bei – und sein Schwager Landrat Christian Meißner. „Als das Endergebnis stand, war ich gerade auf dem Balkon. Es war mein Schwager, der mit zuerst gratulierte, dann kam meine Frau.“ Stich eilte anschließend ins Rathaus, nahm dort Glückwünsche entgegen, auch von seinen Mitbewerbern. „Es war ein fairer Wahlkampf, dafür möchte ich mich in aller Form bedanken. Nun geht es weiter, zum Wohle der Stadt. Ich freue mich auf die neuen Aufgaben.“ Danach machte er sich auf nach Loffeld zu Freunden, die schon Stunden auf ihn warteten.
Mario Schönwald: fast wie ein Sieg
„Dafür, dass ich als Außenseiter gestartet bin, ist das fast wie ein Sieg“, sagt Mario Schönwald über seine 37,3 Prozent (2502 Stimmen) im Gespräch mit dieser Redaktion. „Natürlich wäre eine Stichwahl wünschenswert gewesen, doch ich bin mit dem Ergebnis zufrieden.“
Für Bad Staffelstein sei das Resultat ein klares Zeichen, dass sich etwas ändern müsse: „Bei den Wahlveranstaltungen haben wir ein hohes Maß an Unzufriedenheit gemerkt, das sich nun auch im Wahlergebnis abzeichnet.“ Schönwald verfolgte den Live-Ticker mit seinem Wahlkampf-Team und den Vorstandsmitgliedern der Freien Wählern sowie seiner Freundin im „Formula Inn“.
75,1 Prozent der Wahlberechtigten stimmten ab
Nach Bekanntgabe des Ergebnisses wollte sich der Freie-Wähler-Tross um den Uetzinger auf ins wenige hundert Meter entfernte Rathaus machen, um dem Wahlsieger Hans-Josef Stich aufrichtig zu gratulieren. Doch für welches Ergebnis? Es stand ja um 22.34 Uhr immer noch nicht endgültig fest. „Wir werden das Ergebnis auf jeden Fall genau analysieren“, so Schönwald. Vorher aber machte man sich dennoch auf ins Rathaus.
Die Wahlbeteiligung unter den 9015 Wahlberechtigten lag bei 75,1 Prozent. Insgesamt standen drei Kandidaten zur Auswahl: Neben Hans-Josef Stich (CSU) aus Bad Staffelstein, dem Zweiten Bürgermeister, eigentlich Werkleiter der Obermain Therme und zuletzt über sieben Monate amtierender Bürgermeister, waren es Mario Schönwald (Freie Wähler) aus Uetzing und Sandra Nossek (Grüne/Staffelsteiner Bürger für Umwelt und Naturschutz) aus Stublang. Letztere kam mit Stand vom 22.48 Uhr auf 12,9 Prozent (866).
Sandra Nossek: Hatte mir mehr erhofft
„Ich hatte mir mehr erhofft“, sagt Sandra Nossek (Grüne/Staffelsteiner Bürger für Umwelt und Naturschutz) etwas enttäuscht. „Ich hatte mir schon 15 Prozent erhofft, aber es hat nicht sollen sein. Es wird einige Tage dauern, das Ergebnis zu verarbeiten, aber ich werde meinen Schwung nicht verlieren, mit dem ich Themen angehe. Ich werde sie auch weiter engagiert angehen.“ Mit den Ergebnissen in den Wahlbezirken Kur- und Tourismus-Service sowie Schönbrunn und auch im Bereich Grundfeld und Wolfsdorf ist Nossek durchaus zufrieden, erreichte sie dort doch zwischen 15 und 17 Prozent. Im Lautergrund aber war der Freie-Wähler-Bewerber derart dominant, dass Nossek, die dort ebenfalls beheimatet ist, das Nachsehen hatte. „Alles in allem war es gut, dabei zu sein. Dadurch wurde der Wahlkampf auch so spannend. Wir haben im Wahlkampf, den auch ich als sehr fair empfand, unsere Themen trotz allem gut herübergebracht.“ Und: „Das enge Ergebnis zeigt, dass fast die Hälfte der Bürger mal etwas anderes wollte. Ich gratuliere Mario Schönwald zu dem tollen Ergebnis, aber auch Hans-Josef Stich.“
Weil der bisherige Bürgermeister dienstunfähig geworden war
Nötig geworden war die Wahl, weil Bürgermeister Jürgen Kohmann (CSU) Im Juni einen Antrag auf Dienstunfähigkeit gestellt hatte, nachdem er schon seit Mitte Februar im Krankenstand gewesen war (diese Redaktion berichtete). Der Stadtrat entsprach in nichtöffentlicher Sitzung diesem Ansinnen und schickte den bisherigen Rathauschef zum 30. September in den vorzeitigen Ruhestand. Kohmann war seit dem 15. März 2006 Bürgermeister von Bad Staffelstein, als er gegen Amtsinhaber Georg Müller (SPD) mit 56,99 Prozent der Stimmen gewann. Seither wurde Kohmann dreimal wiedergewählt, zuletzt im Februar 2018, damals ohne Gegenkandidat. Die Wahlbeteiligung lag damals bei mageren 35,09 Prozent, die Zustimmung aber lag bei knapp 95 Prozent.







Schlagworte