
Wir in Deutschland dürfen in Frieden leben. Doch dieses hohe Gut ist keine Selbstverständlichkeit, wie die Ausstellung „erschüttert – Einschläge, die alles ändern“ des OT-Redaktuers Till Mayer, die in Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation „Handicap International“ (HI) entstanden ist, eindrucksvoll zeigt.
Die Wanderausstellung unterstützt die Kampagne „Stop Bombing Civilians“ im Kampf gegen den Einsatz von Explosivwaffen in bevölkerten Gebieten. Mayer arbeitet eng mit „HI“ zusammen und wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
Noch bis zum 31. Juli ist jeweils montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr im Haus 1 (ehemals Diözesanhaus) der Bildungs- und Tagungshäuser Vierzehnheiligen diese Ausstellung geöffnet. Vor Ort können zusätzlich Informationen über einen QR-Codes bezogen und dabei auch ausführliche Online-Reportagen des Autors mit weiteren Bildergalerien genutzt werden.
Über starke Menschen in Kriegsgebieten
Mit ruhiger Stimme und deutlichen Worten sprach der Fotojournalist zunächst im „Viktor von Scheffel-Saal“ über seine Arbeit in den Kriegsgebieten und die Menschen, die er interviewt hatte. Ihre persönlichen Geschichten veranschaulichen die Folgen der Einsätze von Explosivwaffen auf bewohnte Gebiete. Till Mayer hielt in ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Fotos die Protagonisten, Kriegsschauplätze und Situationen fest.

Gebannt und tief bewegt lauschten die Besucher bei der Ausstellungseröffnung den Ausführungen des „Kriegsreporters“, der in eindrucksvollen Worten die Hintergründe zu seinen Fotos aufzeigte. Exemplarisch seien hier ein Vater aus dem Irak und seine vier Kinder genannt. Die Familie wollte fliehen, doch neben ihr explodierten Sprengsätze des IS in zwei Autos, wodurch die Mutter und ein Sohn getötet wurden. Shahed, die älteste Tochter, ist bei dem Anschlag zwölf Jahre alt.
Zum Zeitpunkt des Interviews mit dem Journalisten weiß sie noch nicht, dass ihre Mutter und ihr Bruder nicht mehr leben. Dem Vater hat bislang der Mut gefehlt, den Kindern die grausame Wahrheit zu sagen. Shahed hat bei dem Anschlag ein Bein verloren, dennoch nimmt sie für ihre jüngeren Geschwister die Mutterrolle ein und lernt mithilfe eines Physiotherapeuten von Handicap International, mit dieser Beeinträchtigung im Alltag zu bestehen. Sie soll eine Prothese erhalten.
Natürlich spielte auch die Ukraine eine wichtige Rolle im Vortrag und der Ausstellung Till Mayers, der regelmäßig aus dem Kriegsland berichtet – unter anderem auch für unsere Redaktion. Seit 2007 berichtet Till Mayer über die Ukraine. Alle fünf bis sechs Wochen reist er seit der Invasion im Februar 2022 in das Kriegsgebiet.
Im Anschluss ging man zur eigentlichen Ausstellung in das Erdgeschoss. Hier zeigten 16 Roll-Ups Menschen, deren Leben durch den Einsatz von Explosivwaffen erschüttert wurde. Historische, politische und völkerrechtliche Aspekte der Bombardierungen werden hier in einfacher Sprache auf Informationsbannern ergänzt.
Die Protagonisten der Ausstellung haben gemeinsam, dass ihr Leben durch den Krieg erschüttert wurde. Der Bauer aus dem Kongo hat bei einer Explosion ein Bein verloren, ein Mädchen im Irak verliert ein Bein, den Bruder und die Mutter, weil Kämpfer ihre Heimat mit Sprengsätzen verseucht haben. In der Ukraine leiden die Menschen unter den Einschlägen von Raketen und Granaten. Der russische Angriffskrieg überzieht das ganze Land mit seinem Terror.
Die Explosionen von Bomben und Granaten erschüttern ein Leben lang. Weil Beine und Arme nicht nachwachsen können, geliebte Menschen nicht wiederkehren. Weil die Zeit eben nicht alle Wunden heilt, wenn die Seele tief verletzt ist. Also wieder nur traurige Geschichten aus einer chaotischen und grausamen Welt? Nein. Denn trotz ihrer Schicksalsschläge sind die in der Ausstellung vorgestellten Menschen nicht selten Mutmacher. Und Mahner gegen die Bombardierung der Zivilbevölkerung.
Seit vielen Jahren hält Till Mayer die Langzeitfolgen von Konflikten und Kriegen in seinen Fotos und Reportagen fest. Dafür wurde der Bamberger Journalist und Fotograf mehrfach ausgezeichnet. Neben der Berichterstattung für seine Heimatredaktion abreitet er als freier Fotograf und Journalist für zahlreiche Zeitungen, Nachrichten-Portale und Magazine. Seine Fotos werden weltweit in Ausstellungen gezeigt. Seit 2022 steht der Krieg in der Ukraine im Fokus seiner Arbeit.
Die Folgen des russischen Angriffskriegs
Bei seinen Ausführungen von Till Mayer über den Angriffskrieg wurde den Zuhören schnell klar, dass alle überlebenden Kriegsteilnehmer verletzt sind – an der Seele, am Körper oder Beides. Ein Krieg verändert alles. Es verlangt viel ab, im Krieg zu bestehen: Valentina nutzt ihren Gemüsekeller als Behelfsbunker, wo sie immer wieder Nächte verbringen muss. „Das Leben war schon vor dem Krieg nicht einfach. Aber jetzt ist es schwer, dass die Hoffnung bleibt“, wird die 79-Jährige Valentina zitiert. Das Zitat entstand noch vor der russischen Großinvasion im Februar 2022. Zu diesem Zeitpunkt war der Krieg im Donbas in Vergessenheit geraten. Jetzt ist die Situation noch unerträglicher. Entvölkerte Städte und Dörfer im Kampfgebiet sind Orte der Zerstörung geworden. Oft sind nur wenige alte Menschen in Ruinen und beschädigten Häusern geblieben. Folgen eines Angriffskriegs, der ganz Europa erschüttert.
Das neue Buch Till Mayers „Ukraine - Europas Krieg“ im Erich Weiß-Verlag erschienen. und im Handel erhältlich. Oder direkt beim Verlag unter: www.erich-weiss-verlag.de.
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