
Üblicherweise läuft es in den meisten Firmen so: Oben wird bestimmt, unten wird ausgeführt. Dass sich die eigenen Mitarbeiter aber auch als richtungsweisende Impuls- und Ideengeber gewinnen lassen, bewies dieser Tage die Baufirma Raab mit ihrer Zukunftskonferenz. Eine Traditionsgeschichte um Ideen, Loslassen, Aufwand und effektive Selbstoptimierung.
Viele Firmen suchen heute nach neuen Wegen zur Optimierung

Viele Firmen suchen heute nach neuen Wegen, um besser aus den eigenen Möglichkeiten zu schöpfen, um den Herausforderungen des Wettbewerbs zu begegnen. Raab geht diese Wege schon seit 20 Jahren. Der Clou dabei: Die Mitarbeiter werden zu Mitdenkern, zu Lösungssuchern und Beratern und das auf so vielen Gebieten des Betriebs. Es entstehen dabei Gruppen, in denen sich die Leute vom Hochbau mit denen vom Brückenbau austauschen oder in denen die Leute vom Einkauf in die Befindlichkeiten vom Lager eintauchen.
Einer von denen, die auch aufgefordert waren, eigene Vorstellungskraft zu entwickeln, ist Tesf Amariam. Er ist neu in Deutschland und neu am Bau. Als der junge Eriträer am Freitag kurz vor 8 Uhr die Dreifachturnhalle betritt, stehet er da und kann sich noch keinen rechten Reim auf das machen, was hier an zwei Tagen auch an Optimismus stattfinden sollte. Auch sein Blick fällt auf die nach Nordwesten gehende Wand, auf der in großen Lettern und auf Papier „Füreinander Zukunft bauen“ steht. Es ist das Motto der Veranstaltung, es ist sogar der neue Slogan der Firma.
In dem Gewusel ist das „Wir-Gefühl“ zu erahnen: 186 Mitarbeiter sind da
Jetzt aber herrscht Gewusel in der Halle. Mitarbeiter strömen ein, schauen sich um und entdecken die wohl rund 200 Stühle, die im Halbkreis vor einer Leinwand stehen und in gewisser Weise eingedeckt sind: mit Papierblöcken und Kugelschreibern. Davon werden die Raab-Mitarbeiter in den kommenden zwei Tagen viele benötigen, denn das gemeinsame Nachdenken bringt Firmenideen hervor und geschieht mit System. 217 Mitarbeiter zählt die Baufirma derzeit. Dass nicht alle würden kommen können, war Gisela Raab bewusst. Mit 180 hat sie gerechnet, doch es sollten 186 zuströmen. Spätestens jetzt steigt die Ahnung von Esprit auf, von Korpsgeist, von einem Wir-Gefühl.

Alles begann im Grunde 1996 oder 1997, so ganz genau weiß es Gisela Raab auch nicht mehr. „Ich lese im Jahr zehn bis 15 Bücher“, so die diplomierte (FH) Ingenieurin im Bauwesen mit Interesse an Menschenführung. An einem Titel und einem Begriff blieb sie damals hängen. Das Buch hieß „Die neue Führung“ und das Wort „Mozartfähigkeiten“. Der Mannheimer Autor und Gründer einer Beraterfirma, Rudolf Mann, besagt mit ihm, dass Menschen dann zu besonderen Leistungen fähig sind, wenn sie das lieben, was sie tun.
Gisela Raab sieht in Einbeziehung die Zukunft für Unternehmen
Gisela Raab wollte den Mann und seine Philosophie kennenlernen und machte sich damals mitsamt ihrem Mann glatt auf den Weg nach Mannheim. Sollte es wirklich möglich sein, die eigenen Mitarbeiter weit über ein übliches Maß hinaus für Verbesserungsvorschläge zur eigenen Firma zu begeistern und zu motivieren? Das wollte man erfahren. Zwei Jahre später war der Beweis dafür erbracht, Raab berief die erste Zukunftskonferenz ein. Es sollte eine zweite 2010 folgen und nun die dritte.
Geendet haben sie immer mit Verbesserungen auf vielen Gebieten zwischen innerbetrieblicher Logistik oder der Optimierung von Arbeitsabläufen. Der letzten Konferenz von 2010 darf man laut Gisela Raab zugute halten, dass die Arbeitssicherheit im Haus massiv verbessert wurde. Weniger Unfälle also.

In solchen Konferenzen und der Einbindung der eigenen Mitarbeiter in den Findungsprozess einer Firma, sieht Gisela Raab die Zukunft für Unternehmen. Sie legt sie sogar dringend ans Herz und wacht nicht eifersüchtig über das, womit man im eigenen Haus eine Vorreiterrolle einnimmt.
Wolfgang Weis (60) vom Büro
über seine anfänglichen Vorbehalte
Einer, der nun schon die dritte Zukunftskonferenz mitgemacht hat, ist Wolfgang Weis vom Büro. So ein bisschen glänzen die Augen des 60-Jährigen selbst dann, wenn er erst noch von seinen anfänglichen Vorbehalten gegen die diesjährige Konferenz spricht. „Dachte, was wollen sie denn Neues, wir stehen doch gut da. Aber ich hätte nicht gedacht, dass das wieder neue Sichtweisen bringt. Ich habe den Eindruck gehabt, am Tisch sind Ideen entstanden, die zündend sind.“

Das mit den Tischen ist so eine spannende Sache, das ist dem zweiten Tag vorbehalten. Es ist Samstag, es ist die Freizeit der Belegschaft. Werden diejenigen kommen, die sich am Vortag zu den 14 Arbeitsgruppen an den Tischen mit Themen wie „Die Zukunft des Brückenbaus“ oder „Fachkräfte halten, gewinnen und ausbilden“ eingetragen haben? Es kommen mehr, es kommen 140. Sie kommen zum Mittun und aus Interesse, sie kommen in dieser Anzahl aber vor allem unerwartet.
Gut befundene Ideen werden von den „Kümmerern“ weiterverfolgt!
Dann beginnt das Brainstorming. Und wenn jemand eine Idee in den Raum wirft, fällt jemand anderem dazu ein, dass er sich mit diesem oder jenem auskennt. Auf diese Weise steuern Begriffe aufeinander zu, docken aneinander an und werden zu einer bislang noch ungedachten Idee geformt. Und archiviert. Auf diese Weise entstehen Gedanken dazu, wie das Unternehmen Zugang zu neuen wichtigen Märkten finden kann. Auf diese Weise hat man bei Raab auch den Umweltschutz drastisch verbessert. Aber wichtig dabei ist, dass jede für gut befundene Idee auch von „Kümmerern“ in der Firma in Eigenverantwortung weiterverfolgt wird.
„Es ist ganz, ganz wichtig,
dass die erarbeiteten Themen von der Firma auch gepflegt und in Angriff genommen werden, sonst geht
der Schuss nach hinten los.“
„Vor der ersten Zukunftskonferenz hatte ich richtig, richtig Schiss“, gibt Wolfgang Schubert-Raab am Freitag in seiner Begrüßungsrede an die Mitarbeiter unumwunden zu. Respekt vor so einem Projekt ist auch angebracht. Dazu befragt, was eine solche Großgruppenkonferenz mit Mitarbeitern anstellt, hebt Moderator und Coach Peter Breidenbach das Gefühl von Wertschätzung hervor, von Stolz auf Zugehörigkeit.

Aber der Mann warnt auch: „Es ist ganz, ganz wichtig, dass die erarbeiteten Themen von der Firma auch gepflegt und in Angriff genommen werden, sonst geht der Schuss nach hinten los.“ Will sagen: Wenn Mitarbeiter merken, dass ihre berechtigten Ideen bei der Geschäftsleitung keine Beachtung finden, hat man sie zum letzten Mal auf so einer Konferenz gesehen.
Und immerhin können auf einer solchen Zukunftskonferenz Themen aufgebracht werden, welche die Geschäftsleitung souverän zulassen muss. Gibt es einen Wasserkopf in der Verwaltung? Kann es sein, dass es unter gewissen Voraussetzungen am Lohn hapert? Wolfgang Schubert-Raab und seine Frau Gisela ließen am Freitag und Samstag auch das konsequent behandeln.
Eine Firma soll ein Ort der Verlässlichkeit sein

Ihren Anfang nahm diese Konferenz jedoch schon im März 2019. Damals traf sich erstmalig und hernach noch zweimal, eine Vorbereitungsgruppe, bestehend aus über 20 Mitarbeitern aus allen Bereichen. Es galt, die Halle zu reservieren, es galt mit Peter Bauer und Peter Breidenbach Moderatoren zu finden, die disziplinübergreifend gemischte Denkgruppen anleiten können, es galt die Themen festzulegen. Und ja, auch die Sache mit dem Catering und der Verpflegung der 186.

All das ist es Raab wert und in einer Rede erklärt Schubert-Raab auch, wieso. Der Mann wird zum gesellschaftlichen Wandel reflektieren und dazu, dass heute nichts mehr so sicher ist wie einstmals. Ergo: Eine Firma soll „ein Ort der Verlässlichkeit sein“, hier habe füreinander Zukunft bauen stattzufinden. Doch es kann sein, dass Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft solche Mitarbeiterkonferenzen künftig nicht erst nach zehn, sondern schon nach fünf Jahren sinnvoll machen. Auch das wolle man im Auge behalten.
Fünfte Generation Raab signalisiert großes Interesse an Fortführung
Auf alle Fälle signalisierten auch die fünfte Generation Raab, die kommenden Geschäftsführer Benedikt und Julia, großes Interesse an der Beibehaltung der Konferenzen.

Und der 60-jährige Wolfgang Weis? Eine Zukunftskonferenz in zehn Jahren würde er als Mitarbeiter nicht mehr mitmachen können. Auf eine in fünf Jahren aber würde er sich freuen. Doch auch bei einer Zukunftskonferenz weiß man, dass Zukunft aus Vergangenheit gemacht wird. Darum erhob man sich auch zu einer Schweigeminute für vier einstige Mitarbeiter.
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