
Verbeamtet, ein sicheres Einkommen, Erbe in spe eines Hauses und einer Wiese: In vor-emanzipatorischen Zeiten hätte sich die Damenwelt um so ein Prachtexemplar der Männerwelt noch gerissen. Doch mittlerweile sind seine Chancen auf dem Heiratsmarkt deutlich gesunken. Was „Mann“ so alles anstellt um doch noch eine Ehefrau, oder zumindest eine Lebensabschnittspartnerin zu finden, war jüngst im Brückentheater in „Addrakdiver Middfünfziger suchd …“ zu sehen.
Rainer Dohlus, Schauspieler des Fränkischen Theatersommers, mimt einen Postbeamten, der seine besten Jahre bereits hinter sich hat, aber von Anspruchs-Gedanken nur so strotzt. Seine Mutter kommt mit ihren 84 Jahren mit den Putzen nicht mehr nach, und deshalb muss eine Frau her, die ihre Aufgaben übernehmen kann.
„Die Frauen wollen heute nicht mehr kochen und putzen“, klagt der Mitfünfziger, der seine Karriere in den 1980-er-Jahren als Beamter bei der Post begonnen hat. Das Mitleid der Zuschauer hält sich dennoch in Grenzen.
Wie die Damenwelt beeindrucken?
Doch wie eine Frau im post-emanzipatorischen Zeitalter finden: Ist ein Speed-Dating die Methode der Wahl, oder ein Dating-Portal im Netz, die Online-Partnervermittlung oder hilft gar die althergebrachte Heiratsanzeige? Im Formulieren sei er gut, sagt seine Mama, so viele Briefe, wie er schon aufgedampft hat. Doch ob Formulierungen wie „Beamter in gehobener Position“ und der Hinweis auf ein zu erwartendes Erbe oder gar die Aussicht auf ein gemachtes Nest in der Damenwelt gut ankommt, darf bezweifelt werden.
Ob da ein „Lady-Configurator“ weiterhilft? Zumindest was das Aussehen der Zukünftigen angeht könnte, dass das Mittel der Wahl sein. Irgendwie scheinen die aus vielen Einzelteilen (Mund, Nase, Haare) zusammengesetzten Gesichter lebenden Vorbildern zu gleichen. Schließlich findet sich doch noch ein geeignetes Exemplar, doch die ausgesprochen attraktive Dame wohnt in fernen Sibirien.
Die aus dem Katalog
Dort angekommen, erwartet den Postboten eine „russische Kugelstoßerin aus Sowjetzeiten“, die es nur auf sein Geld abgesehen hat. Auch die süße Maylin aus dem Thai-Katalog verfolgt ganz eigennützige Ziele. Vielleicht ist Speed-Dating, die Partnersuche im Akkord, geeignet doch noch eine Partnerin zu finden.
Als Alleinstellungsmerkmal muss sich „Mann“ schon etwas einfallen lassen. Als Jedi-Ritter, verkleidet testet der Postbeamte an einer Freiwilligen aus der ersten Reihe sein Glück. Doch schon bei der ersten Frage „Wie bereitest du Thüringer Klöße für mich zu?“ holt er sich mit „Gar nicht!“ eine nur allzu deutliche Absage.
In die Frauenrolle geschlüpft
Nach der Pause tritt Rainer Dohlus dann als attraktive, langbeinige Französin im Minirock auf, die die Frage stellt „was mit den Männern in Franken los ist“. Er gibt mit einem Haus und einer Wiese an, die ihn noch gar nicht gehören und bleibt nachts an einer roten Ampel stehen, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen ist, beschwert sie sich. Auch von der fränkischen Spezialität „Schäufele“ war die Französin angesichts des riesigen Fleischbergs, der ihr auf „dem Keller“ serviert wurde, enttäuscht. Auch sein Äußeres hält den kritischen Blick der Französin nicht Stand. „Er gibt an, 51 zu sein, aber er sieht aus wie 60“, ärgert sie sich.
Schließlich findet sich noch eine geeignete Partnerin. Nach dem ersten Date stellt sich die Frage wollen wir zu mir oder zu dir? Hier scheint die gute alte Briefmarkensammlung noch nicht ausgedient zu haben. Willigt sie allerdings ein, unterscheiden sie die Vorstellungen von Mann und Frau. Während er sie ins Bett kriegen will, will Frau sich nur einen Überblick über seine Wohnsituation verschaffen. Der Postbeamte gibt sich redlich Mühe, seine Angebetete nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Und der Zuschauer bekommt anhand einer Schaufensterpuppe einen (unbeholfenen) Einblick in eine Tantra-Massage
Pointenreich dargeboten
„Addrakdiver Middfünfziger suchd …“ ist ein tempo- und pointenreiches-Stück, das durch seine Situationskomik gefällt und den Zuschauern einen unbeschwerten Theaterabend beschert.
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