BAD STAFFELSTEIN

Zwei neue Skulpturen: Sternstunde fürs Stadtmuseum

Zwei neue Skulpturen: Sternstunde fürs Stadtmuseum
Historische Stunde im Stadtmuseum mit (v. li.): Jürgen Kohmann, KIS-Schatzmeister Jürgen Schedel, Hermann Hacker, Anton Köcheler, Clemens Muth und Adelheid Waschka. Foto: Andreas Welz

Eine Sternstunde in der Geschichte des Bad Staffelsteiner Museums leuchtete am vergangenen Freitag bei der Aufstellung der lebensgroßen Statuen der heiligen Kunigunde und der so genannten „Stengelmadonna“. Die beiden Skulpturen wurden wegen ihrer besonderen Beziehungen zu Bad Staffelstein 2017 und 2018 von der Kultur-Initiative Bad Staffelstein gekauft und finden als Dauerleihgabe ihrem endgültigen Platz im Obergeschoss des Stadtmuseums.

„Die beiden wertvollen Plastiken befinden sich gegenwärtig noch in ihrem ursprünglichen Zustand mit sehr deutlicher Patina vergangener Jahrzehnte und vielerlei Beschädigungen. Sie müssen sehr vorsichtig restauriert werden“, erläuterte Museumsleiterin Adelheid Waschka. „Wir hoffen auf weitere Spenden, damit das Sanierungsprogramm im Sommer dieses Jahres anlaufen kann.“ Restaurator Clemens M. Muth aus Unterneuses wird die Arbeiten vor Ort ausführen. „Museumsbesucher können dann dem Künstler über die Schulter schauen“, kündigte sie an.

Bürgermeister Jürgen Kohmann freute sich über die Bereicherung des Museums. „Die Kulturinitiative leistet einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben in unserer Stadt. Sie bietet nicht nur ein interessantes Bildungsangebot an, sondern leistete mit den Ankauf der Statuen auch einen ganz wesentlichen finanziellen Beitrag.“ Vorsitzender Hermann-Heinrich Hacker bezifferte den Wert von Kunigunde und Stengelmadonna auf etwa 15 000 Euro. Die notwendige, vorsichtige Restaurierung zur Erhaltung des Bestands würde noch einiges kosten, was sich aber wieder positiv auf den Wert der Plastiken auswirken würde.

Die Figur der Kunigunde wurde bereits 2017 auf dem Münchner Kunstmarkt erworben. Im Jahr 2018 konnte die KIS auch die Madonna erwerben, die auf dem Familiengrab der Künstlerfamilie Stengel im Bad Staffelsteiner Friedhof stand und wegen der Witterungsschäden dringend gesichert werden musste. Da keine Nachfahren der Familie Stengel mehr vor Ort sind, wird die KIS auch die Erhaltung der Grabstätte, auf der sich nun ein Hinweisschild auf den Verbleib der Madonna befindet, bis zu ihrer endgültigen Auflösung übernehmen.

Anton Köcheler, Leiter des KIS-Arbeitskreises „Kunst“, gab einige Auskünfte zur künstlerischen Einordnung der Skulptur: „Die sehr qualitätvoll gearbeitete Marienstatue ist ein typisches Beispiel der religiösen Plastik des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.“ In ihrer realistischen Form verbinde sie den um die Mitte des 19. Jahrhunderts an den Kunsthochschulen verbreiteten sogenannten „Akademiestil“, der weitgehend von der klassizistischen Formauffassung bestimmt wird. Dies zeigten Merkmale wie die ruhige, geschlossene Form, das Kontrapost-Standmotiv und die plastisch-realistische Wiedergabe des Körperbaus und der Haltung. „Das idealisiert-schöne Gesicht zeigt einen Ausdruck der Verinnerlichung“, so Köcheler. Kleidung und Krone der Figur sowie die stark plastische Faltengebung seien an gotische Vorbilder angelehnt. „Die Steinfigur verbindet also verschiedene Stilmerkmale zu einer einheitlichen Form“, fasste er zusammen.

Auf eine weitere Besonderheit wies Clemens Muth hin: „Die Figur besteht aus Schilfsandstein, der aus Zeil oder Sand am Main stammt.“ Zum Transport seien Teile notdürftig gesichert worden. Mit einem Spezialmörtel könne nach der Reinigung die Restauration beginnen. Allerdings blieben Verwitterungsspuren und Patina; die Madonna werde also nicht wie neu aussehen, sondern es sei vielmehr beabsichtigt, die Zeichen von Witterung und Zeit zu erhalten, versicherte der Restaurator.

Johann Stengel (1838-1910), dem die Schaffung der Madonna zugeordnet wird, war der Gründer der Künstlerfamilie Stengel in Staffelstein, die insbesondere durch seinen Sohn Johann-Theodor Stengel bekannt wurde. Er absolvierte eine Bildhauerlehre in der Bischofsstadt Bamberg. Als „Akademischer Bildhauer“ führte er die Werkstatt und das Atelier seines damals 70-jährigen Lehrmeisters Schäfer fort. Johann Stengel erledigte in seiner Bamberger Werkstatt unter anderem Restaurierungen von Chorgestühl und Epitaphien im Bamberger Dom. Johann Stengel und seine Frau Katharine hatten sechs Kinder, von denen Pankraz, Georg, Kaspar und Johann eine Ausbildung als Bildhauer, Vergolder und Stuckateur erhielten. Ihr talentiertester Sohn war Johann Theodor, der mit seinen Werken Ansehen und Bedeutung der Familie prägte.

Wechselvolle Geschichte

Die Figur der Kunigunde wurde ursprünglich für die Sankt-Kilians-Kirche in Pretzfeld erworben. Johann Jakob Küchel (1703–1769), Bamberger Baumeister unter Balthasar Neumann und am Bau der Kirche maßgeblich beteiligt, stiftete im Jahr 1739 nach dem Einsturz des Chorturms der Gemeinde einen provisorischen Altar mit den beiden Stifterfiguren Heinrich und Kunigunde. Beide Altarfiguren wurden später für die Ausstattung der Stublanger Barockkirche erworben. Die Stublanger Kirche wurde 1867 im Stil der Neogotik ausgestattet. Dabei wurde der Hochaltar und somit auch das Kaiserpaar „im abgeschmackten Zopfstil“ nach dem Entwurf des Architekten Jacob Schmitt-Friedrich (1827–1905) durch zeitgenössische Schreinerarbeit und ein Gemälde mit den Bistumsheiligen ausgetauscht. Die Figuren kamen wohl auf einen Dachboden oder wurden zum Erwerb der neuen Innenausstattung verkauft. Jahrzehntelang gerieten sie in Vergessenheit und kamen über Wanderhändler schließlich nach Oberbayern.

Die Leiterin des Stadtmuseums Bad Staffelstein und Kunsthistorikerin Adelheid Waschka erkannte im Jahr 2016 in einer im Münchner Kunsthandel angebotenen Kunigundenfigur einen Bamberger Bildhauer als Meister der Holzskulptur und recherchierte ihre wechselvolle Geschichte. Schnell reifte die Idee, sie in ihre ursprüngliche fränkische Heimat zurückzuholen, was schließlich mit Beistand und Unterstützung der KIS auch gelang. In ihrer Funktion als Darstellung der Kaiserin und Bistumsgründerin soll sie nun helfen, die Stadtgeschichte, insbesondere die mehrere Jahrhunderte dauernde Ablösung der Lehensherrschaft vom Kloster Fulda und dem Bistum Würzburg seit Gründung des Hochstifts Bamberg 1007, zu erklären. Die Figur hat daher einen angemessenen Platz im Stadtmuseum gefunden.

Zwei neue Skulpturen: Sternstunde fürs Stadtmuseum
Restaurator Clemens Muth weist auf Schäden an der Madonna hin.

Schlagworte