
Sonor stampfen die Motoren der Laster. Unter diesen gewohnten Ton mischt sich ein dumpfes Brummen. Allmählich spüren die Umstehenden die Vibrationen in einem Kribbeln in den Füßen. 16 Sekunden lang bebt die Erde. Nur ganz leicht, für den Menschen nur in einem Umkreis von rund fünf Metern wahrzunehmen. Drei Vibrationstrucks schicken Schallwellen in das Erdinnere. Das Ziel der Forscher: mehr über den Untergrund in Franken erfahren – und womöglich eine unerschöpfliche Energiequelle für die Zukunft entdecken.
Seit Montag sind die bulligen Spezialfahrzeuge im Landkreis unterwegs – genauer gesagt: im Lautergrund. Am Dienstag waren die weißen Trucks mit ihren gelben Aufbauten auf der Staatsstraße 2204 zwischen Kümmersreuth und Schwabthal zugange. Dafür wurde die viel befahrene Strecke im Wechsel einseitig gesperrt. Und immer wieder knatterten andere Laster an der Forschungskolonne vorbei. Nicht ganz ungefährlich für alle Beteiligten. Doch stört das die Ergebnisse? „Klar hört man das in den Aufzeichnungen, doch das können wir herausfiltern“, sagt Projektleiter Dr. Wolfgang Bauer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
17 Kilometer Kabel verlegt
Entlang der Forschungsstrecke im Lautergrund wurden 17 Kilometer Kabel verlegt, die wiederum so genannte Geophone mit der mobilen Messzentrale zwischen Kümmersreuth und Wattendorf verbinden. Für den Laien mögen es Plastikeimer mit Sand sein, in die Stromleitungen gesteckt wurden, doch es handelt sich um hochsensible Technik. „Mithilfe dieser seismischen Sensoren werden die Echos der Vibrationen aufgefangen, registriert und abgespeichert“, erklärt Messtruppleiter Daniel Günther.
Pro Aufzeichnung kommen 20 Megabyte zusammen, pro Tag sind es hunderte. „Wir hoffen, dass die Daten uns aussagekräftige Rückschlüsse auf den Untergrund liefern“, ergänzt Bauer.
Es war Mitte der 1970-er-Jahre, als beim geplanten Bau eines Gasspeichers bei Mürsbach eine so genannte positive geothermische Anomalie entdeckt wurde, die die Forscher neugierig werden ließ. „Unter Nürnberg ist es in 1000 Kilometern Tiefe 40 bis 45 Grad Celsius warm. In Bamberg oder Coburg sind es aber 55 Grad und mehr“, erklärt Bauer. Das kann verschiedene Ursachen haben, die es wissenschaftlich zu beleuchten gilt. Die große Hoffnung: Die Erdwärme könnte so groß sein, dass sich damit in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft ganze Dörfer und Städte beheizen lassen. „Geothermie ist die einzige regenerative Energiequelle, die in großen Mengen jahreszeitenunabhängig vorrätig ist“, betont der Projektleiter. „Die Stadt München will bis 2040 ihr gesamtes Fernwärmenetz darauf umstellen.“ In Franken wird diese Art der Energie noch wenig genutzt. Vom Badevergnügen in den Thermen mal abgesehen.
Fast wie beim Arzt
„Es ist ein wenig wie eine Ultraschalluntersuchung beim Arzt“, beschreibt Bauer die Vorgehensweise der Forscher. Die Fahrer der Trucks senken an den Messpunkten, die übrigens nur entlang von Straßen und befestigten Wegen liegen, große Metallplatten auf den Asphalt, stemmen die Unimogs damit leicht in die Höhe. „Dann wird eine Masse in Schwingung gebracht“, so Bauer. 16 Sekunden dauert ein Vibrationsintervall, je drei gibt es an einem Messpunkt. „2D Vibrationsseismik“ heißt diese Forschungstechnik.
„Wir fangen mit acht Hertz an und gehen drei Oktaven höher, bis 64 Hertz.“ Hörbar ist das kaum, vor allem aber in unmittelbarer Nähe spürbar. Zwei bis drei Minuten sind pro Messpunkt eingeplant. Sind die Rüttelplatten wieder eingezogen, wird 100 Meter weiter gefahren und wieder vibriert. Über 2000 Messpunkte wurden festgelegt. Durch Dörfer oder Städte geht es jedoch nicht. „Das Interesse der Bevölkerung ist groß“, freut sich Dr. Bauer. „Und wir werden hier auch stets herzlich empfangen. Das ist längst nicht bei allen Forschungsprojekten überall so.“
Für geschätzte 2,2 Millionen Euro
2,2 Millionen Euro lässt sich der Freistaat Bayern das Forschungsprojekt kosten. Und die Spezialfirma, die die europaweite Ausschreibung gewonnen hat, ist eigens aus Campobasso südlich von Rom angereist. Sechs Tage die Woche wird gearbeitet, 50 Personen umfasst die deutsch-italienische Projektmannschaft. „Wir sind ein eingespieltes Team“, lobt Geophysiker Daniel Günther.
Läuft alles nach Plan, endet die Arbeit der Vibrationstrucks Anfang Dezember. Dann werden die aufwändigen Datensätze ausgewertet. „Wir hoffen, in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres erste Ergebnisse vorstellen zu können“, meint Bauer. Die letzte Messung dieser Art fand 1990 in der Region statt.






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