WUNKENDORF

Wunkendorf bangt um seine Kinder

Wunkendorf bangt um seine Kinder
Direkt an der Ortsdurchfahrt von Wunkendorf steht das Buswartehäuschen, wo die Schulkinder täglich warten. Eltern und Großeltern sorgen sich wegen des zunehmenden Verkehrs. Foto: Gerhard Herrmann

Wenn Katrin Freitag ihren sechsjährigen Sohn Nick morgens für den Weg zur Schule verabschiedet, hat sie kein gutes Gefühl.

Wunkendorf bangt um seine Kinder
Eng wird es, wenn sich zwei Lastwagen in der Ortsdurchfahrt von Wunkendorf begegnen. Daher ist die Durchfahrt nur bergau... Foto: Katrin Freitag

Um das Wartehäuschen am Ortseingang von Wunkendorf zu erreichen, wo ihn der Bus abholt, muss er einige 100 Meter an der Ortsdurchfahrt entlanggehen. Da es an der schmalen Fahrbahn keinen Gehweg gibt, fahren die Autos direkt an dem Jungen vorbei. Gestiegen sei die Gefahr, weil der Durchgangsverkehr stark zugenommen habe, seit das Kleinziegenfelder Tal für den Schwerlastverkehr gesperrt wurde. Zusammen mit weiteren Eltern und Großeltern schildert Katrin Freitag die für sie „unerträgliche Situation.“

Keine Chance, bei einem Unfall per Handy Hilfe zu rufen

„Muss denn erst ein Unfall passieren, bevor etwas unternommen wird?“, fragt ein Anwohner. Sollte etwas passieren, könnte man noch nicht einmal per Handy Hilfe herbeirufen, da das Mobilfunknetz nur in höher gelegenen Bereichen funktioniere.

Wunkendorf bangt um seine Kinder
Weil es in Wunkendorf keinen Gehweg an der Ortsdurchfahrt gibt, gehen Clara und Nick täglich auf dem Weg zum Schulbus di... Foto: Gerhard Herrmann

Das Buswartehäuschen am Ortseingang in Richtung Wohnsig steht rund einen Meter von der Straße entfernt, daher befürchten die Eltern, dass ein Kind aus Versehen zu nah an die Fahrbahn kommen und von einem Auto erfasst werden könnte. Noch gefährdeter seien die Kinder, die dort die Straße überqueren müssen, weil der Bus zu den weiterführenden Schulen auf der anderen Straßenseite abfährt.

Ein Aufruf, sich als Schulweghelfer zu melden, habe keinen Erfolg gehabt. „Ich kann leider nicht, weil ich noch ein einjähriges Kind zu Hause betreuen muss“, erklärt Katrin Freitag.

Seit der Schwerlastverkehr nicht mehr durch das Kleinziegenfelder Tal fahren dürfe, sei nicht nur die Zahl der Autos enorm gestiegen, sondern viele seien auch zu schnell unterwegs. Dass sich kaum jemand an das Tempolimit von 30 Kilometern halte, sei deutlich geworden, als im vergangenen Jahr eine Tempo-Anzeige-Tafel installiert worden war: Kaum einer sei langsamer als 50 Kilometer gefahren, viele sogar bis zu 70.

Immerhin habe die Stadt aufgrund der Beschwerden zwei Leuchtbaken vor dem Wartehäuschen aufgestellt. Doch wegen der engen Fahrbahn hielten sich die Fahrer so weit rechts, dass Fußgänger gefährdet werden, wie ausgefahrene Kuhlen zeigten. Bei Regen sammele sich dort das Wasser und die Kinder würden auch noch nassgespritzt.

Kaum einer hält sich an Tempo 30 oder weicht Fußgängern aus

Zu gefährlichen Situationen komme es auch, weil Lastwagenfahrer sich nicht an die Umleitung halten, die vorsieht, dass nur LKW, die aus Richtung Weismain kommen, durch Wunkendorf fahren dürfen, während der Gegenverkehr über Weiden rollen muss. Anhand von Fotos zeigt Katrin Freitag, wie sich zwei Lastwagen in der Ortsmitte aneinander vorbeischieben. Oft wichen sie auf Privatgrundstücke aus, und in der engen Kurve sei eine Frau, die vor ihrem Grundstück stand, um den Garten zu pflegen, von einem Auto gestreift worden. „Da weicht keiner einem Fußgänger aus und wenn man ihnen bedeutet, langsamer zu fahren, wird man noch beschimpft“, berichtet Katrin Freitag.

„Man hat uns versprochen, die Umgehungsstraße bringe mehr Sicherheit und Lebensqualität, aber jetzt ist es gefährlicher als vorher und die Lebensqualität leidet.“
Ein Anwohner

Besonders gefährlich sei die Situation während des Berufsverkehrs, sagt ein Anwohner. Morgens und abends schöben sich Autokolonnen durch Wunkendorf. „Man hat uns versprochen, die Umgehungsstraße bringe mehr Sicherheit und Lebensqualität, aber jetzt ist es gefährlicher als vorher und die Lebensqualität leidet“, kritisiert er. Der Verkehrslärm beginne morgens ab 3 Uhr, so dass nicht einmal ein Schlafzimmerfenster geöffnet werden könne. „Ich kann noch nicht mal mein Kind zur Nachbarin schicken, um ein paar Eier zu holen, ohne Angst zu haben, dass es überfahren wird“, ergänzt eine Mutter. Sechs Familien mit kleinen Kindern wohnten an der Ortsdurchfahrt.

Die Betroffenen verstehen nicht, warum die Umgehungsstraße für Wunkendorf nicht gleichzeitig mit der für Modschiedel gebaut wurde, wie geplant. Jetzt befürchten sie, dass der Bau sich wegen der steigenden Baukosten weiter verzögern könnte. „Wir haben schon 100 mal bei Landratsamt nachgefragt, aber keine Antwort bekommen“, kritisiert Katrin Freitag. „Ist denn ein Vogel im Kleinziegenfelder Tal schutzwürdiger als unsere Kinder?“, fragt sie. Statt zu helfen, hätten die Behörden angeordnet, ein Warnschild mit der Aufschrift „Achtung Kinder“, das Eltern am Ortseingang aufhängten, zu entfernen.

Wunkendorf bangt um seine Kinder
An das Tempolimit von 30 Kilometern in der Ortsdurchfahrt halte sich kaum ein Autofahrer, beklagen die Wunkendorfer. Foto: Gerhard Herrmann

Bürgermeister Michael Zapf kennt das „leidige Thema“, doch für die Kreisstraße sei nicht die Stadt, sondern der Landkreis zuständig. „Das einzige, was ich machen kann, ist ein Treffen mit dem Landkreis, der Polizei und der Stadt in Wunkendorf anzuregen, um die Probleme mit den Betroffenen zu besprechen“, sagt er. Darum wolle er sich kümmern.

Bau der Umgehung verzögert sich wegen Grundstücksverhandlungen

Die Voraussetzung für den Bau der Ortsumgehung von Weismain sei die Entlastung des Kleinziegenfelder Tals gewesen, erklärt Andreas Grosch vom Landratsamt. Deshalb werde der Schwerlastverkehr über Wunkendorf und Modschiedel umgeleitet. Bisher sei eine Richtung – von Weismain nach Stadelhofen – für den Verkehr geöffnet. Wann die geplante Umgehungsstraße für Wunkendorf gebaut werden könne, sei noch nicht absehbar, weil es noch nicht gelungen sei, alle benötigten Grundstücke zu kaufen. In Modschiedel sei dies dank des parallel laufenden Flurbereinigungsverfahrens schneller gelungen. In Wunkendorf müsse der Landkreis wegen jedes einzelnen Grundstücks verhandeln, was sich sehr schwierig gestalte.

Wunkendorf bangt um seine Kinder
Gefährliche Kurve: Eine Anwohnerin wurde bei der Gartenarbeit von einem vorbeifahrenden Auto gestreift. Foto: Gerhard Herrmann

Geld für die Finanzierung sei im aktuellen Kreishaushalt vorgesehen. Auch im Förderprogramm sei das Vorhaben vorgemerkt. Sollten aufgrund der Baupreissteigerungen die Kostenschätzungen überschritten werden, werde der Landkreis das stemmen, so Grosch.

77 Lastwagen am Tag im Jahr 2021, neue Verkehrszählung geplant

Der Schwerverkehr sei sowohl auf der Lif 12 (Wunkendorf) als auch auf der Lif 19 (Weiden) nur in Fahrrichtung der St 2190 (bergauf) zuggelassen. In Richtung Weismain (bergab) seien die Lif 12 für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen und die Lif 19 für Fahrzeuge über zwölf Tonnen gesperrt. Ausgenommen seien Anlieger auf der Lif 19 bis Weiden und auf der Lif 12 bis Wohnsig. Der Wunsch der Bürger, diese Fahrtrouten der Lastwagen und das Tempolimit durch Kontrollen durchzusetzen, werde an die Polizei weitergegeben.

Bei einer Verkehrszählung 2019 vor der Freigabe der Weismainer Umgehung seien insgesamt 566 Fahrzeuge in 24 Stunden, davon 40 Lastwagen, gezählt worden, so Grosch. Eine weitere Zählung 2021 südlich von Wunkendorf ergab insgesamt 644 Fahrzeuge, davon 77 Lastwagen. Um den aktuellen Stand zu dokumentieren, werde der Landkreis eine weitere Zählung veranlassen.

Asphaltierung der Pfützen noch im März geplant

Die Bushaltestelle am Ortseingang habe die Stadt errichtet. Nach Beschwerden seien Setzungen, Risse und Pfützen im Bereich des Wartehäuschens begutachtet worden. Vorgesehen sei, sie noch im März mit Asphalt auszubessern, wenn die Mischwerke produzieren.

Das von Eltern aufgehängte Plakat eines Getränkeherstellers („Achtung Kinder“) sei vom Streckendienst entfernt worden, weil es unzulässig am Mast eines Verkehrszeichens befestigt wurde, erklärte Grosch. Die Stadt könne einen Standort in der Ortsdurchfahrt genehmigen. Allerdings stehe am Ortseingang bereits ein Schild „Achtung Kinder.“

 

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