
Vor 15 Jahren führte der 50. Todestag von Kuni Tremel-Eggert zu einem Eklat. Die Stadt Burgkunstadt ehrte mit einer Kranzniederlegung und einer Feierstunde die in Burgkunstadt geborene Schriftstellerin. Josef Motschmann, Vorsitzender der „Interessengemeinschaft Synagoge Altenkunstadt“, protestierte gegen die Ehrung, da Kuni Tremel-Eggert sich in der Nazi-Zeit zu übler antisemitischer Hetze hatte hinreißen lassen. Motschmann forderte zudem eine Umbenennung der „Kuni-Tremel-Eggert-Straße“. Zahlreiche Leserbriefe, Berichterstattung in Funk und Fernsehen sowie im Obermain-Tagblatt sorgten für eine lebhafte Diskussion. Wer war diese umstrittene Heimatdichterin, die vor genau 65 Jahren in München starb?
Mit der NS-Machtergreifung 1933 gewannen ihre Werke an Popularität
Die Schuhmacher-Tochter wurde am 24. Januar 1889 als 5. Kind in Burgkunstadt, damals eine Schuhmetropole, geboren. Nachdem 1900 ihre Mutter gestorben war und drei Jahre später ihre ältere Schwester geheiratet hatte, musste Kunigunde mit 14 Jahren den väterlichen Haushalt alleine führen. Somit konnte sie nur die Sonn- und Feiertagsschule besuchen.
Im Januar 1914 starb Vater Tremel an einem Herzschlag. Nachdem sie als Schauspielerin nicht erfolgreich gewesen war, zog sie 1917 mit ihrem späteren Mann, Josef A. Eggert, den sie im Feldlazarett kennengelernt hatte, nach München. Von 1920 bis 1928 arbeitete die Burgkunstadterin für den Münchner Verlag Albert Langen. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane und Erzählungen. Der erhoffte Erfolg blieb aus. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung gewannen ihre Werke an Popularität; ihre Bücher erreichten Millionenauflage.
Größter literarischer Erfolg: „Barb – Der Roman einer deutschen Frau“
Ab 1933 veröffentlichte sie im nationalsozialistischen Eher-Verlag. Das Buch „Barb – Der Roman einer deutschen Frau“ erschien im Sommer 1933. Dieses Buch mit 415 Seiten war ihr größter literarischer Erfolg. Es wurde über eine Million Mal verkauft; die letzte und 54. Auflage wurde 1942 veröffentlicht.
An ihre Jugendzeit in Burgkunstadt erinnerte sich die Schriftstellerin in den 1930-er Jahren wie folgt: „Auch als im Städtlein die erste Schuhfabrik gegründet wurde, blieb mein Vater selbstständiger Meister. Entrüstet lehnte er den ihm angebotenen Werkmeister-Posten ab. Zu uns sagte er: „Wenn der Jud pfeift, springe ich net.“
Zwischen 1921 und 1938 schrieb sie acht Bücher und über 60 Erzählungen
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ihr Haus in München beschlagnahmt und Tremel-Eggert wegen antisemitischer Hetze angeklagt; sie bekam Schreibverbot. Im ersten Polizeiverhör bestritt die Dichterin jegliche politische Aktivität.
Im Protokoll der mündlichen Vernehmung Kuni Tremel-Eggerts am 15. Juni 1946 auf dem Polizeipräsidium München ist zu lesen: „Ich trat stets als deutsche Heimatdichterin auf und las meine fränkischen Geschichten. Mit irgendwelchen politischen Angelegenheiten hatte dieses nichts zu tun.“
Ihre letzten Lebensjahre waren von schwerer Krankheit geprägt. Tremel-Eggert starb am 14. April 1957 in München. Auf eigenen Wunsch wurde sie in ihrem Geburtsort beigesetzt. Ein Jahr später widmete ihr der Stadtrat eine Straße.
Kuni Tremel-Eggert veröffentlichte zwischen 1921 und 1938 acht Bücher und schrieb über 60 Erzählungen. Ihre Werke werden heute im Internet zwischen 20 und 70 Euro angeboten.
Judentum mit „Eiterbeule im Volkskörper“ verglichen
Der vor einigen Jahren verstorbene Josef Motschmann kritisiert zum 50. Todestag die von der Stadt Burgkunstadt ausgerichtete Feierstunde: „Kuni Tremel-Eggert hat sich gerade in ihrem Spätwerk ,Freund Sansibar‘ als eine üble Hetzerin entpuppt und wie viele andere eine Saat ausgestreut, die schließlich die Verbrechen der Nazis ermöglicht hat. 1938 – im Erscheinungsjahr von ,Freund Sansibar“ – wurde die Burgkunstadter Synagoge zerstört und kurz darauf abgerissen.“
Bei der Lektüre dieses Romans packte Motschmann das blanke Entsetzen: „Alle nur denkbaren antisemitischen Klischees werden über die Romanfigur ,Schächters-Ignaz‘ ausgeschüttet. Juden sind für Kuni Tremel-Eggert ,schlimmer als Raubtiere‘. Das Judentum vergleicht sie mit ,einer Eiterbeule im Volkskörper, aus der quillt alles Unglück, alles Elend, aller Jammer, Not, Tod und Krieg“.
Motschmann bezeichnete es als Schande, dass seit vielen Jahren in Burgkunstadt, dem ehemaligen jüdischen Zentrum am Obermain, eine Straße nach dieser Antisemitin benannt ist. Der damalige Burgkunstadter Bürgermeister verteidigte die Ehrung damit, dass man Tremel-Eggert nur für ihre nicht antisemitischen Werke ehre.
Heidelberger Literaturprofessor versuchte eine Einordnung der Dichterin
Vor fünf Jahren versuchte der Heidelberger Literaturprofessor Ralf Georg Czapla auf Einladung des Colloquium Historicum Wirsbergense eine neue Einordnung der Dichterin. Dass sich Kuni Tremel-Eggert in ihren Texten und der Öffentlichkeit den Nazi-Diktatoren in einer nicht zu entschuldigenden Weise angenähert hatte, bestätigte Czapla als Bilanz seiner Forschungen zu Biographie und Werk der Autorin.
Er betonte jedoch den schriftstellerischen Wert ihrer Werke als Beitrag zur Heimatliteratur und zur Geschichte ihrer Heimatstadt Burgkunstadt. Dazu sei es wichtig, zwischen der öffentlichen Person, die sich schuldig gemacht habe, indem sie sich den Nazis andiente, und der privaten Person, die in ihren Tagebüchern (nicht veröffentlicht) keinerlei Nähe zur Nazi-Ideologie zeige, zu unterscheiden.
„Die Stadt würde sich eines wesentlichen Kapitels ihrer Geschichte berauben, wenn das Andenken von Kuni Tremel-Eggert aus dem öffentlichen Bewusstsein getilgt würde“, warnte der Professor.
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