
Der Blick auf die stählernen Kolosse wirkt gigantisch. 20 Meter hoch türmen sich die Regale im 24 Meter hohen Shuttle-Lager von Baur Hermes Fulfilment (BHF). „Insgesamt 5000 Tonnen Stahl wurden in unserem neuen vollautomatisierten Shuttle-Lager verbaut, das 2024 in Betrieb gehen wird“, sagt Geschäftsführer Peter Volk aus Weidnitz, der in dem Unternehmen für das operative Geschäft zuständig ist. Noch werkeln die Monteure. Doch schon im nächsten Jahr soll es hier menschenleer sein. Dann gehören die beiden Lagerblöcke im Norden und Süden des Gebäudes allein den Shuttles, Geräten zur automatischen Bedienung von Kanallagern. Aufeinandergestapelt stehen sie vor ihrem zukünftigen Einsatzort.
„Shuttle“ das bedeutet im Englischen so viel wie pendeln. 1000 solcher von künstlicher Intelligenz gesteuerter Fahrzeuge werden laut Volk in dem Shuttle-Lager hin- und herpendeln. Die von Lastwagen gelieferte Ware wird nach Auskunft des Geschäftsführers auf Wannen verteilt, die jeweils acht bis zehn Teile fassen. „Insgesamt 840.000 solcher Wannen können in den beiden Blöcken gelagert werden.“
Zwölf Millionen Warenstücke

Sein Geschäftsführerkollege Kamil Kasprowicz aus Hamburg vergleicht das Shuttle-Lager mit einem Schmetterling. Die beiden Lagerblöcke seien wie Flügel, das Herz der Anlage schlage – wie bei dem Insekt – in der Mitte. Hier im Mittelbau, wo einmal die Waren von Menschenhand kommissioniert werden, befindet sich der Übergabepunkt, wo der Shuttle die Wanne an die Fördertechnik übergibt. Kasprowicz schätzt die Länge der Förderbänder auf über 100 Kilometer.
Peter Volk,
Geschäftsführer

Die Fördertechnik transportiert die Wannen zu insgesamt 48 Arbeitsplätzen. Ein Bildschirm zeigt dem Mitarbeiter an, welche Ware er herausnehmen und in eine andere Wanne ablegen muss. Diese fährt dann über die Brücke in Richtung Packerei, die sich im alten Bestandsgebäude befindet. „Die Wanne kommt zum Mitarbeiter und nicht umgekehrt der Mensch zur Wanne“, beschreibt Volk das Grundprinzip eines vollautomatisierten Shuttle-Lagers. Die erhöhte Automation sorge für eine schnellere Durchlaufzeit und eine gesteigerte Produktivität, sind sich die beiden Redner einig.
Laut Volk sollen in dem vollautomatisierten Shuttle-Lager rund zwölf Millionen Warenstücke für den Online-Modehändler About You gelagert werden. Die Zahl der im vergangenen Jahr im Altenkunstadter Logistikzentrum verschickten Waren beziffert Kasprowicz auf rund 80 Millionen. Für dieses Jahr rechnet er mit einem vergleichbaren Niveau. Auf diesem wolle man sich auch nach der Eröffnung des vollautomatisierten Shuttle-Lagers einpendeln, klinkt sich Volk ein. Er legt großen Wert darauf, dass mit dem Neubau keine Kapazitätserweiterung einhergehe. „Wir investieren nicht in eine Verdopplung der Menge, sondern in Service und Geschwindigkeit“, betont er. Ziel sei es, den Endkunden noch schneller zu beliefern.

Diverse Außenstandorte, wie die Möbelhalle in Burgkunstadt, in der schon lange keine Schränke und Sofas mehr gelagert werden, sondern Textilien, werden der Vergangenheit angehören. Zukünftig würden alle Waren für About You, so Kasprowicz, zentral in Altenkunstadt gelagert. Dadurch vermeide man Transporte von den Außenstandorten nach Altenkunstadt, was Emissionen einspare.
Wenn von Vollautomatisierung die Rede ist, dann denkt so mancher an Arbeitsplatzabbau. Kasprowicz gibt zu, dass man zukünftig für die manuelle Kommissionierung weniger Personal benötige, weil keine Wagen mehr durch die Gänge geschoben werden müssten. Die menschliche Arbeit, darin sind sich beide einig, werde aber auch zukünftig erforderlich sein. Man benötige zum Beispiel Mitarbeiter für das Wareneingangsbüro, aber auch Frauen und Männer für die Kommissionierung von Waren im Mittelbau. Zudem führe eine erhöhte Automation auch zu einem erhöhten Bedarf an technischen Mitarbeitern, so Kasprowicz.
Entlassungen nicht geplant

In einer Schicht werden im neuen Shuttle rund 100 Leute arbeiten. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter am Logistikstandort Altenkunstadt beziffert der Geschäftsführer auf 1500 Personen. Lastspitzen habe man mit Zeit- und Leiharbeitskräften bewältigt. Ihr Anteil habe bereits drastisch abgenommen. Dieser Trend werde sich weiter fortsetzen. Entlassungen, hebt Kasprovicz hervor, seien nicht geplant.
Die Digitalisierung macht Riesenfortschritte. Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass Künstliche Intelligenz einmal selbstständig Texte schreiben wird oder es in Amerika Robotertaxis gibt? Lager, in denen nur Roboter arbeiten, hält Kasprovicz derzeit noch für Science Fiction. „Weil die Hand-Augen-Koordination eines Menschen der Robotik überlegen ist“, begründet er seine Ansicht.
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